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Ein silbernes Hufeisen

Ein silbernes Hufeisen

Titel: Ein silbernes Hufeisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Barbera
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Vorhänge und der Tatsache, dass man die Fenster in diesem Raum sogar öffnen konnte, lebte es sich hier wesentlich wohl temperierter und angenehmer als in ihrer ehemaligen Zelle. Abigails gesamtes Haus hatte sich dabei im Gegensatz zu seiner Besitzerin als überraschend freundlich und einladend herausgestellt: das Interieur war hell und fröhlich, weswegen Guinievaire vermutete, dass ihre Tante nicht immer diese stumme, müde, weibliche Version ihres Vaters gewesen war, die sie inzwischen abgab, mit dem bösen Blick und den schwachen Gelenken. Vielleicht war sie einmal glücklich gewesen, als ihr Mann noch gelebt hatte, überlegte sie manchmal, was zugleich aber auch eine geradezu unheimlich abwegige Vorstellung war. Nun, wenn Guinievaire es recht bedachte, und dies tat sie, als sie sich schminkte und weiterhin hervorragende Laune hatte, immerhin war sie in diesem Moment ausgesprochen glücklich, oder etwa nicht? Es gab einen Plan, sie hatte ihre Freiheit zurück, es gab Hoffnung und Alex war endlich wieder bei ihr, und zu ihrer großen Freude funktionierte ihr Umgang mit ihm dabei besser, als sie es jemals für möglich gehalten hatte, bedachte man, welch komplizierte Vorfälle sie im letzten Jahr noch belastet hatten. Nichts schien mehr übrig von jenem verbissenen, unglücklichen Alex, den sie in ihren letzten Wochen in London hatte erleben müssen und der ihr das Leben schwer gemacht hatte mit seinen Leiden und Forderungen. Ihr Reisebegleiter Alex war ein anderer und er erinnerte Guinievaire an eine Version ihres besten Freundes, die sie längst verloren geglaubt hatte. Er war wieder der junge Mann – unverbindlich, klug, humorvoll und charmant – der er gewesen war, kurz nachdem sie ihn kennengelernt hatte und in der Zeit, in der ihr am liebsten gewesen war. Und dies war auch, wenn sie es noch einmal recht bedachte, was sie tat, während sie in ihre Handschuhe schlüpfte, der Grund dafür, dass sie so unerhört glücklich gewesen war in der letzten Woche. Sie freute sich auf die Ferien, die sie zusammen mit ihm verbringen sollte und die ihnen die einmalige Chance geben sollten, wieder auf eine gesunde und vernünftige Art und Weise miteinander umzugehen. Wie lange hatte Guinievaire sich schon gewünscht, sie und ihr bester Freund könnten sich endlich darauf konzentrieren, alles, was sie in der Vergangenheit durch ihre manische Unvorsichtigkeit zerstört hatten, wieder zu reparieren? Alles erschien ihr wesentlich viel unkomplizierter mit einem Male, was eine ausgesprochen angenehme, neue Erfahrung war.
    Es wäre ihr wohl wesentlich schwerer gefallen, dieses Haus zu verlassen, hätte sie nicht derart hervorragende Aussichten gehabt, denn seltsamerweise fühlte sie sich trotz ihrer neunmonatigen Haft hier verbunden mit diesem Ort. In Shropshire hatte sie Marion kennen gelernt und dort hatte sie auf verschiedene Arten wieder zu Tony und Alex gefunden, und tatsächlich hatte sie auch viel nachgedacht in diesem Turmzimmer, obwohl sie dies ihrem Vater gegenüber niemals einräumen wollte. Shropshire war deshalb auch der Ort, an dem sie einen Entschluss gefasst hatte, der ihr ganzes, zukünftiges Leben verändern sollte – Guinievaire wollte diese Gelegenheit nutzen und wollte sich ändern. Sie wollte ein gutes Mädchen werden. Denn ihre lange Isolation hatte ihr in gewisser Hinsicht die Augen geöffnet und sie hatte einsehen müssen, dass manche Charakterzüge an ihr, die sie zuvor für chic oder liebenswert gehalten hatte, ganz einfach nur grauenhaft waren: sie war bei Weitem zu hedonistisch, dies war das erste Problem. Manchmal wurde ihr ganz schlecht vor Verzweiflung, wenn sie nur an eine Party dachte, weil sie diese so sehr vermisste. Ihre Vergnügungssucht war außer Kontrolle und zudem dank des stets mit ihr einhergehenden Alkohol- und Tabakkonsums auch ausgesprochen ungesund. Zudem hatte die Art, wie sie mit Marion umgesprungen war, ihr endlich auch gezeigt, dass sie weitaus zu rücksichtslos mit ihren Mitmenschen umging. Das Leben durfte nicht nur eine einzige große Intrige sein, bei der es nur darum ging, dass sie bekam, was sie wollte, wobei sie andere verletzte und ausnutzte. Wenn sie wollte, dass andere Menschen – Menschen, die ihr etwas bedeuteten – eine gute Meinung von ihr hatten, dann musste sie sich auch angemessen betragen. Und abschließend gab es noch das wohl drängendste Problem, das Guinievaire bereinigen wollte: sie war bisher eine grausige Verlobte gewesen für einen unglaublich

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