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Ein silbernes Hufeisen

Ein silbernes Hufeisen

Titel: Ein silbernes Hufeisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Barbera
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was mit ihr geschah und mittlerweile stand sie ihm näher, als sie es verstand. Sobald sie ihn morgen verlassen hatte, würde sie diese Feststellung machen müssen, was er ihr aber kaum erklären konnte.
    „Guinievaire, bitte sei nicht albern,“ sagte er also unbekümmert und zuckte die Schultern. „Es war ein guter Plan und er hätte immerhin auch beinahe funktioniert, nicht wahr? Ich bin dir nicht böse.“
    Ihre schönen, grünen Augen funkelten, während sie seine schmutzige Hand drückte und überzeugt nickte. „Ich werde dich besuchen, sobald ich kann,“ versprach sie liebevoll.
    Dies wäre natürlich nicht mehr nötig, denn Marion würde schon in London leben, wenn sie zurück kam, dachte er auf diese Ankündigung hin sehr zufrieden mit sich selbst und dem Bild, das er dann bereits von sich und ihr hatte. Alles würde anders sein! Was für ein Glück er doch gehabt hatte, seitdem er zum ersten Mal ihr Zimmer betreten hatte: sie hatte Kenntnis von ihm genommen und all seine geheimsten und unwahrscheinlichsten Träume schienen sich deshalb endlich zu erfüllen. „Das wäre schön,“ erwiderte er also etwas selig, weil er sie auch in dieser Hinsicht anlügen musste.
    Dies war der Augenblick, in dem er sie gerne geküsst hätte und sie dachte scheinbar dasselbe, aber keiner der beiden wagte es, denn sie fühlten sich beobachtet. Stattdessen seufzten sie lediglich wehmütig und begaben sich langsamen Schrittes zurück zur Veranda.
    „Ich hoffe, ich kann dann auch Tony mitbringen,“ sagte sie in einem Anflug von realitätsferner Grausamkeit. „Ich denke, du würdest ihn mögen.“
    Marion lachte ein bisschen und warf ihr einen skeptischen Blick zu. Ihr Mundwinkel zuckte. „Das denke ich nicht,“ meinte Marion nüchtern. Er hätte ihre Hand gerne wieder genommen, aber er wollte sein Glück nicht strapazieren. Sie hatten niemals darüber gesprochen, er war sich jedoch sicher, dass Lord Lovett nicht davon begeistert wäre, würde er herausfinden, dass der Gärtner und sein Protegée so etwas wie eine durchaus ernstzunehmende Affäre gehabt hatten.
    Schließlich hielten sie beide am Fuße des flachen Abhangs unter der Terrasse an und sahen sich sentimental in die Augen. Sicherlich hatte sie auch Gefühle für ihn, oder nicht? Marion überzeugte sich selbst davon und mit diesem Gedanken würde es ihm morgen sicherlich deutlich leichter fallen, sie ziehen zu lassen. Wenn er sie wiedersah, würde alles anders sein. Er lächelte und Guinievaire umarmte ihn herzlich, dabei gab sie ihm einen kleinen Kuss auf seine Wange, und bevor sie ihn losließ, legte sie die Lippen an sein Ohr. „Um deine Frage zu beantworten,“ wisperte sie mit ihrer tiefen Stimme. „Du warst fantastisch.“ Mit einem schiefen Grinsen ließ sie ihn daraufhin los und erklomm die flachen Stufen hinauf auf die Veranda, wo sie seiner Lordschaft im Vorbeigehen über die Schulter strich und dann im Haus verschwand. Marions Herz klopfte und gleichzeitig musste er bewundern, was sie mit ihm gemacht hatte. Ob sie sich dessen überhaupt bewusst war in all seiner Schrecklichkeit? Nun, vermutlich war sie dies nicht, vermutlich war sie tatsächlich einfach gewesen, wie sie nun einmal war, sie selbst, und es war genug für ihn gewesen. Marion mochte ihr nicht zu viel Berechnung in diesem Falle unterstellen, selbst wenn die Beweise eindeutig gegen sie sprachen. Er wollte doch glauben, dass sie jene Gefühle in ihm mit Gegenseitigkeit und nicht mit böser Absicht geweckt hatte.
    Oben auf der Terrasse erhob sich nun auch Lord Lovett von seinem Sitz, um ihrem Beispiel zu folgen und schlafen zu gehen. Bevor er verschwand, sah er zu Marion herab mit einem wissenden, aber durchaus missmutigen Ausdruck in seinen dunklen Augen.
    „Falls du dich das gerade fragen solltest,“ sagte er. „Natürlich macht sie es mit Absicht.“
     
     
    Der Tag von Guinievaires und Alex‘ Abreise versprach bereits am frühen Morgen perfekt zu werden, als sich Erstere erhob, die Arme streckte, aus dem Fenster blickte, und eine enthusiastische Herbstsonne ihr dort entgegenstrahlte. Seitdem ihr geliebter bester Freund sie aus ihrem Turmverlies befreit hatte, hatte man all ihre Sachen in ein neues, wesentlich geräumigeres und hübscheres Zimmer gebracht, dessen Wände in einem zarten Rosa gestrichen waren. Es gab einen Schrank für ihre wertvollen Kleider – die nun aber schon gepackt waren und hoffentlich in diesem Augenblick verladen wurden – und dank der hübsch karierten

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