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Ein silbernes Hufeisen

Ein silbernes Hufeisen

Titel: Ein silbernes Hufeisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Barbera
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an dem Ort, auf der Ebene, auf der er immer nur glücklich sein konnte. Die meiste Zeit über gelang es ihm, zu vergessen, was geschehen war. Aber manchmal stiegen sie doch mit unüberwindbarer Kraft in ihm auf, diese Gedanken, diese schrecklichen Irrtümer, die niemals hätten passieren dürfen. In diesen Sekunden wurde es ihm klamm und dies war wohl eine dieser Sekunden, denn Alex sah sie an, dieses perfekte Geschöpf, perfekt vom Scheitel bis zur Sohle, und er konnte nur an eine einzige Sache denken, die er heute morgen erfahren hatte und die ihm seitdem keine Ruhe gelassen hatte, trotz all der hübschen Überlegungen, die er eigentlich hätte machen können: heute morgen hatte Guinievaire einen Brief nach England versandt. An wen war er gewesen, hatte Alex sich natürlich sofort gefragt. An den Pferdejungen, hatte er sich sofort geantwortet. Sie dachte noch an ihn, oder etwa nicht? Wann immer er kein Auge auf sie hatte, wenn er schlief oder wenn er nur wenige Minuten nicht bei ihr war, dann widmete sie ihrem Stallburschen wehmütige Gedanken und dies war eines der Dinge, welches niemals hätte sein dürfen, dass Guinievaire jemals an andere Männer als an ihn dachte. War es nicht ein perfektes Konzept gewesen? Sechzehn Jahre lang hatte man sie niemals aus dem Haus gelassen und seine Hand war die erste gewesen, die sie jemals genommen hatte. Er war der erste Mann, den sie jemals geküsst und mit dem sie jemals geschlafen hatte und er hätte auch der einzige bleiben müssen, in jeglicher Hinsicht. Das Etwas zu teilen, das ihn vollständig gerettet und verbessert hatte, dies war ein unmöglicher und ein unerträglicher Gedanken, selbst wenn es damit von nun an vorbei sein sollte. Alex würde sie ins Haus sperren, sollte das nötig sein, denn er war unter keinen Umständen bereit, Guinievaire jemals wieder aufzugeben, immerhin hatte er sie sich unter den größtmöglichen Anstrengungen zurückgeholt. Niemand hatte sie mehr verdient als er, sie hatte ihm von Anfang an gehört, sie war eine Art Entschädigung, die nur ihm zustand, und dies vollkommen zurecht.
    Mit einer winzigen Bewegung ihres Kopfes warf sie das unendlich lange Haar in einem schimmernden Bogen über die Schulter. Sie seufzte tief aus ihrer rauen Kehle heraus und flatterte die schwarzen, schönen Wimpern – irgendetwas machte sie wohl unzufrieden. Könnte sie sich doch nur selbst sehen, so wie er sie sah, sie würde niemals wieder die weiße Stirn in Falten legen. Alex war froh darüber, hier alleine zu sein mit ihr, denn schon immer hatte sie verheerende Auswirkungen auf seine Psyche, Konzentration und auf sein Verhalten gehabt. So kurz nachdem er sie endlich zurückerobert hatte, wäre es ihm unmöglich gewesen, sich unter anderen aufzuhalten. Seine Freunde hätten über ihn gelacht. Das winzige Zucken von Guinievaires bleicher Augenbraue war interessanter als eine ganze Tageszeitung, anregender als jede Art von Alkohol in jeglicher Menge und aufregender, als jede andere Frau auf der Welt. Ihm wäre wohl schlecht geworden, hätte er sich derzeit andere Exemplare ihres Geschlechts ansehen müssen. Außer Guinievaire gab es keine schönen Frauen. Für einen Moment vergaß Alexander seine Angst und den Brief.
    Zuvor hatte er lediglich auf dem breiten Bett im hellen Sonnenlicht gelegen und sich einzig an ihrem Anblick erfreut, aber nun war es ihm nicht mehr genug, nur den einen Sinn allein mit ihr zu beschäftigen. Eilig schwang er also die Beine von der Matratze und kam zu ihr herüber, die nur wenige Schritte entfernt war, die größte Distanz, die sie derzeit ertragen konnten, um die Arme um ihre handliche Person zu legen, wie immer fest und entschlossen. Er beugte den Kopf und sie streckte den Hals, während sich jede Kurve ihres Körpers gegen seinen drückte, dann küsste Alex sie so lange und eben so, wie es ihm gefiel und damit auch so, wie es ihr gefiel. Es war ein Gedanke, den man besser nicht laut aussprach, aber Alex war dennoch davon überzeugt, dass es die Wahrheit war: Guinievaire ging darin auf, ihn glücklich zu machen. Denn nur für ihn war sie ein anderer Mensch und vergaß die üblen Launen, die sonst so sehr ihren Charakter bestimmten, ganz einfach. Sie war nicht aufbrausend und sich war nicht egoistisch, war sie bei ihm. Er durfte alles von ihr verlangen und meist schien es ihr ein Vergnügen, ihm seine Wünsche zu erfüllen. Für Alex, für den es am Wichtigsten war, dass Guinievaire nur ihm all ihre Aufmerksamkeit schenkte, war

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