Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein silbernes Hufeisen

Ein silbernes Hufeisen

Titel: Ein silbernes Hufeisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Barbera
Vom Netzwerk:
diese Dinge sind nicht schön, aber sie sind auch eine Chance.“
    Enttäuscht blickte Tony daraufhin auf seine alten, bedenklich schmutzigen Schuhe. „Ich kenne dich nicht so bitter,“ bemerkte er dabei niedergeschlagen.
    „Du kennst mich überhaupt nicht,“ antwortete sie finster. Inzwischen mochte sie nicht mehr mit ihm sprechen, denn nun hatte er sie aufgeregt mit dieser winzigen Bemerkung, wie nur er es vermochte, aber Vicky hatte auch eine Aufgabe, erinnerte sie sich. Sie hatte einen Auftrag, den sie ausführen musste, obwohl sie ihn verabscheute, zum größeren Wohle aller und deshalb musste sie dafür sorgen, dass Tony nicht weiter nach Guinievaire suchte, ganz egal wie sehr er sie dabei quälte und was sie dafür tun musste, dies war ihr unmissverständlich klar gemacht worden. Wie dumm von ihr, dass sie sich für eine kurze Weile auf ihre Flucht nach Shropshire gefreut hatte!
    „Wenn du nicht mehr kannst und wenn du müde bist, dann kannst du uns jederzeit besuchen,“ versprach sie ihm nun, dabei zwang sie sich dazu, sanft und freundlich zu klingen. „Mach dir keine Sorgen um sie.“
    Es mochte kühl erscheinen, aber Vicky machte sich ganz bestimmt keine Sorgen um ihre beste Freundin, selbst wenn sie nicht wusste, wo sie sich derzeit befand und wie lange sie fortbleiben würde. Ihre Zukunft war dennoch beschlossen und sicher, und die Pläne, die für sie gemacht worden waren, waren allein zu ihrem Besten. Könnte sie Tony doch all dies erklären! Leider musste sie ihm jedoch Zeit lassen, um es selbst herauszufinden.
     
     
    Miss Abigails Garten war außergewöhnlich. Und nicht nur das, er war sogar mehrfach preisgekrönt: vor ungefähr einem Jahr zuletzt war er zum Beispiel zum geschmackvollsten englischen Garten in ganz Shropshire erklärt worden und dafür hatte er einen kleinen, silbernen Pokal erhalten, der inzwischen kaum beachtet auf dem Kaminsims im Wohnzimmer des großen Hauses stand. Wenn man genau war, dann hatte sie ihn gar nicht verdient, denn immerhin war es nicht Miss Abigail, die Tag für Tag die Hecken stutzte, die Rosen schnitt, den Teich säuberte, den Rasen mähte und die Tulpen pflanzte. Marion tat dies alles. Marion war der einzige Sohn der Haushälterin und er war im Umgang mit Pflanzen mehr als nur ein Naturtalent. Was er berührte, das spross, und all die schönen Blumen, die er setzte, entfalteten ihre strahlenden Blätter allein unter seiner Fürsorge voll und ganz. Marion liebte dabei seine Arbeit, vielleicht war er deshalb auch so gut darin, aber manchmal wünschte er sich doch, er bekäme ein wenig mehr Bewunderung für seine grünen Wunderwerke. Die einzige, die scheinbar zu schätzen wusste, was er vollbrachte, war seine alte Mutter und die war gewissermaßen dazu verpflichtet, ihn zu loben. Marion wollte jedoch Anerkennung, er wollte angesehen und beneidet werden und er wollte, dass man erkannte, dass er etwas Besonderes war. Dabei musste es nicht allein um das Gärtnern gehen. Es wäre nur einfach schön, dachte er sich oft, wenn er sich mit erdigen Händen mutterseelenallein den Schweiß von der Stirne wischte, würde jemand von seiner nicht allzu enttäuschenden Existenz Kenntnis nehmen, denn oft fühlte er sich einsam unter den zahllosen alten Damen, die sich für die alte Herrin um den Haushalt kümmerten, während er alleine und unentdeckt blieb und außerdem schrecklich gelangweilt.
    Genau deshalb war er vermutlich auch ausgesprochen aufgeregt, als man ihn eines Tages mit einer neuen Aufgabe betraute, die ganz und gar nichts mit dem Garten zu tun hatte: mitten in einer dunklen Nacht hatte man ein Mädchen aus der Stadt, scheinbar die Nichte der alten Abigail, in das Zimmer im Turm im dritten Stock gesperrt, wobei Marion unglücklicherweise ihre Ankunft verpasst und sie nicht gesehen hatte. Seine Mutter hatte ihm jedoch die wichtigsten Fakten erläutert, bevor sie an ihn weitergegeben hatte, was er in Zukunft als Wärter der Gefangenen zu tun hatte: der neue Hausgast kam direkt aus London, sie war die Tochter von Abigails jüngerem Bruder und scheinbar war sie hierher in die Einöde von Shropshire gebracht worden, weil sie sehr dringend vor allem eines brauchte: strenge Disziplin. Marion konnte sein Glück kaum fassen, als er den abfälligen Worten seiner Mutter lauschte und dabei bereits Pläne machte. Obwohl man ihm den kleinen, rostigen Schlüssel zur Türe für Notfälle ausgehändigt hatte, war es ihm streng verboten worden, der Wildkatze im Käfig Besuche

Weitere Kostenlose Bücher