Ein silbernes Hufeisen
Denken würde sie also erst fortfahren, wenn es vorüber war. Dringlich seufzte Guinievaire und schob ihren Körper noch näher an Marions.
Dieser, der eben noch herrlich unvorsichtig ihren Rock aus dem Weg geschoben hatte, ließ jedoch schrecklich plötzlich von ihr ab, um sich aus ihrer Umarmung zu befreien, sich dann ebenso eilig zu erheben und einige, lange Schritte durch den Raum zu machen. Dabei fuhr er sich aufgeregt über sein kurzes Haar und starrte ratlos gegen die Wand bis er schließlich den durchdringenden Blick wieder auf Guinievaire richtete, die empört und verwirrt auf ihren Laken zurückgeblieben war und deren pochender Mund etwas offen hing. „Marion,“ klagte sie voller Ungeduld. „Was ist mit dir?“
„Bist du verliebt in mich, Guinievaire?“ fragte dieser sofort und ohne Umschweife. Dabei hob er zweifelnd die Hände, während sie schrecklich hingerissen war von ihm in diesen Sekunden. Machte er sich etwa Sorgen darum, ihre kindlichen Gefühle zu verletzen, wenn er mit ihr schlief, nur weil er sie wollte und nicht weil er sie liebte? Am Ende war er doch beinahe ritterlich, aber er musste sich nicht mit Rücksicht quälen in ihrem Falle. Sie war eine erwachsene Frau.
Zugleich war sie jedoch auch wild entschlossen, weswegen sie die Hände verschränkte und auf ihre Fingernägel blickte, während sie zögerte und heftig blinzelte. „Ein wenig,“ log sie, weil er eben dies glauben sollte, damit auch er zuließ, was zweifellos in ihm schlummerte.
„Ich will nicht, dass du dir Hoffnungen machst,“ sagte Marion ihr daraufhin, nachdem er enttäuscht die Arme verschränkt hatte.
Guinievaire zuckte jedoch lediglich etwas unbeeindruckt mit ihren Schultern. „Marion, du wirst mir das kleine Herz nicht brechen,“ versicherte sie ihm nach wie vor erzwungen geduldig. Ließe er doch endlich all diese albernen Bedanken fahren! Niemals zuvor hatte sie sich besonders um Ritterlichkeit geschert – tatsächlich ermüdete sie diese altmodische Eigenschaft wie kaum eine andere und dies schon seit Monaten und nicht nur bei Marion. „Ich werde den Verstand nicht verlieren, ich werde dieselbe bleiben.“
Während sie ihm diese Versprechen machte, erhob sie sich zugleich, um wieder zu ihm aufzuschließen und die Arme um seine schlanke Mitte zu legen. Dabei war er heiß, ebenso wie sie, deren Blut sonst nur mehr als schwerlich kochte. Einen halben Kopf größer als sie war Marion, weswegen sie den ihren ein wenig in den Nacken legte und dabei lächelte sie sanft und voller Zuversicht. Weiterhin rührte er sich nicht und starrte voller Misstrauen zurück, also bemühte Guinievaire sich, indem sie damit begann, seinen nassen Hals zu küssen, der ihr salzig schmeckte und der etwas rau war, auf eine angenehme Art jedoch, durch die blonden Stoppeln, die dort ausgesprochen gepflegt wuchsen. Wieder aufs Neue begann sie dabei, mit einer freien Hand die vielen, kleinen Knöpfe seines schmutzig weißen, dünnen Hemdes zu öffnen, und endlich leistete er keinen Widerstand mehr. Er seufzte lediglich zum wiederholten Male, dann nahm er Guinievaires Gesicht in seine großen Hände und küsste sie so stürmisch, wie er es schon zuvor getan hatte. Nach einiger Zeit versuchte er sich an dem komplizierten Verschluss ihres Kleides. Er schien jedoch mit den Mechanismen nicht vertraut zu sein, also zog Guinievaire ihn bestimmt an seinem Gürtel wieder in Richtung ihres Bettes, wobei sie nach seinen unbeholfenen Fingern griff und die Häkchen und Knöpfe auf ihrem Rücken schließlich selbst löste. Dankbar öffnete Marion daraufhin die Schleife auf ihrer Hüfte und half ihr aus den dünnen Ärmeln, bis das seidene Etwas lautlos auf den Boden glitt, in genau jenem Moment, in dem Guinievaire ihn auch von seinem überflüssigen Hemd befreite. Daraufhin ließen sie beide sich auf die sonnige Matratze fallen, wo Marion jedoch kurz pausierte, um einen langen, zufriedenen Blick auf sie zu werfen. Guinievaire lächelte hochmütig, während sie etwas Farbe von seinen begnadeten Lippen wischte und zugleich ebenfalls nicht sonderlich enttäuscht war von ihrem Gegenüber. Stets war sie der Meinung gewesen, sie lege keinen großen Wert auf Muskeln bei einem Mann, aber Marions fester, langer Oberkörper war nicht nur ein ausgesprochen angenehmer Anblick, er fühlte sich auch mehr als faszinierend an, auf die beste erdenkliche Art. Wie die Linien zuckten unter ihren Fingerspitzen und seiner feuchten Haut, wie empfindlich sie auf ihre
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