Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein sinnlicher Schuft

Ein sinnlicher Schuft

Titel: Ein sinnlicher Schuft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celeste Bradley
Vom Netzwerk:
die laut kreischte, er solle auf sie warten. Wenn sie ihn so wie einen munteren Welpen über die sonnenbeschienene Wiese rennen sah mit dünnen Beinen und zu großen Füßen, kam ihr erst richtig zu Bewusstsein, dass er eigentlich keine Kindheit gehabt hatte, und es versetzte ihr einen Stich im Herzen.
    Ich hätte dafür sorgen müssen, dass er mehr spielen konnte und mehr lernte.
    Doch es war so oft in den letzten Jahren ums nackte Überleben gegangen, dass alles andere auf der Strecke blieb. Trotz dieser trüben Gedanken konnte sie nicht anders als zu lachen, als er in den kleinen Bach fiel und tropfnass wieder auftauchte. Melody war von seinem Abenteuer dermaßen beeindruckt, dass sie ihm sogleich bäuchlings ins Wasser folgte.
    Pru stand auf und klopfte sich die Röcke ab, um sich der nassen Kinder anzunehmen, wie es ihren Pflichten entsprach. Zu ihrer Überraschung marschierte Mr Lambert jedoch an ihr vorbei und nahm das tropfende, kichernde Bündel auf den Arm.
    »Du bist mir ja ein schöner Anblick, Mellie. Weißt du nicht, dass es Meerjungfrauen nur im Meer gibt?«
    Pru trat neben ihn. »Ich übernehm sie, Sir.«
    Colin grinste und hielt Melody weiterhin auf Armeslänge von sich. »Nicht nötig, Miss Filby. Ich bin absolut in der Lage, ihr trockene Sachen anzuziehen.«
    Er drehte sich um die eigene Achse und schwang Melody herum, deren Füße wild in der Luft strampelten, während sie vor Begeisterung kreischte. Er blieb stehen und tat so, als würde er das Kind inspizieren. »So was«, murmelte er. »Du bist immer noch nass. Ich dachte, du wärst schon trocken geschleudert«, sagte er und ließ sie nochmals schwungvoll durch die Luft fliegen, sodass ihr übermütiges Gelächter über die Wiese schallte.
    Als er schließlich taumelnd anhielt, bemerkte er Evans eifersüchtigen Blick und schaute den Jungen, nachdem er Melody abgesetzt hatte, nachdenklich an.
    Das ist nicht dein Problem, denn schließlich ist er nicht dein Sohn.
    Er war niemandes Sohn, der arme Kerl. Traurig, ein Junge ohne Erziehung und ohne Verbindungen zu sein. Dazu noch so jung und hilflos. Wie sollte aus ihm unter diesen Bedingungen je etwas Gescheites werden?
    »Evan, ich könnte bei Hector die Hilfe eines Mannes gebrauchen. Er müsste ein bisschen gestriegelt werden, damit er wieder richtig glänzt.«
    Evans Augen, diese sturmgrauen Fenster zu seiner Seele, hoben sich ihm entgegen. »Weiß nich, wie das geht«, meinte er unsicher, doch in sein Gesicht trat ein Leuchten.
    Colin nickte ihm zu. »Das weiß am Anfang keiner.« Dann warf er sich das feuchte Mädchen über die Schulter und machte sich auf den Rückweg zur Kutsche, verhielt kurz den Schritt und sagte über die Schulter: »Wirklich schade. Jemand muss ihn runter zum Bach reiten.«
    Evan schluckte den Köder auf der Stelle, denn als Colin sich das nächste Mal umdrehte, sah er, dass der Junge ihm bereits folgte. Sein Blick fiel auf Prudence, die den leeren Korb zurück zur Kutsche trug. Was für ein merkwürdiges Mädchen.
    Früher haben wir auch solche Picknicks gemacht.
    Wen meinte sie mit »wir«? Sie und Evan? Hatte es einmal ein Leben für sie gegeben, in dem solche Dinge üblich waren? Evan schien sich nicht daran zu erinnern, falls es sich so verhielt. Vielleicht waren sie ja nicht immer arm gewesen. Es beunruhigte ihn, wenn er darüber nachdachte. Sie schien eine sehr schwere Zeit hinter sich zu haben, und er fragte sich, ob er ihr irgendwie helfen konnte.
    Der Himmel mochte wissen, warum er auf dem besten Weg war, Miss Filby und ihren aufsässigen Bruder zu seinem Problem zu machen.

Fünfzehntes Kapitel
    N ein! Ich will nicht zurück in die Kutsche!«
    Ehe sie sich versahen, war Melody, die das Picknick noch ausdehnen wollte, in den nächsten Baum geklettert. Nur hatte sie nicht bedacht, dass ihrem Onkel jetzt Hilfe zur Seite stand.
    Pru, bereits vorgewarnt durch Colins Berichte über die erste Kletterpartie, reagierte sofort. »Evan, steig ihr schnell hinterher, bevor sie zu hoch is. Hol sie runter!«
    »Warum soll ich das machen?« Evan murrte wie immer aus Prinzip, aber seine Schwester nahm ihm sogleich den Wind aus den Segeln.
    »Tu nicht so! Du bist doch dankbar für jeden Grund, selbst klettern zu dürfen.«
    Obwohl sich seine Miene weiter verfinsterte, sprang er mit einem Eifer auf, der seine Worte und seinen Gesichtsausdruck Lügen strafte, und stieg behände wie ein Affe den Baum hinauf.
    Hinter ihr hörte Pru Mr Lambert verstohlen lachen, und als sie sich

Weitere Kostenlose Bücher