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Ein skandaloeser Kuss

Ein skandaloeser Kuss

Titel: Ein skandaloeser Kuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Moore
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aber daran war keiner interessiert.
    Außer Lady Eleanor.
    Er stellte fest, dass sie konzentriert zuhörte, als er die Spinnenarten Tahitis beschrieb, doch sobald sie bemerkte, dass sein Blick auf ihr ruhte, errötete sie und sah hastig beiseite.
    Außerdem stellte er fest, dass Lady Eleanor tadellose Manieren besaß und das einfache, gesunde, reichhaltige, schmackhafte Essen so sittsam und zurückhaltend zu sich nahm wie eine Nonne, in kleinen Bissen, und sich hin und wieder in einer Weise dezent über die Lippen leckte, die er verführerischer fand als den Hüftschwung einer nackten Tahitianerin beim hura .
    Was, wenn sie sich in London begegnet wären, bei Almack’s oder auf einem Ball oder einem von Brix’ und Fannys Empfängen? Hätte er dann auch diese starke Anziehung verspürt und alle Hebel in Bewegung gesetzt, dass man sie einander vorstellte? Oder wäre er ihr aus dem Weg gegangen, weil er bloß eine der vielen reichen Erbinnen in ihr gesehen hätte, die Sorte, die zu heiraten sein Vater ihm ständig in den Ohren lag?
    Derartige Spekulationen führten zu nichts. Sie hatten sich unter ungewöhnlichen Umständen kennengelernt, und er hatte sich unbegreiflich anmaßend und unschicklich verhalten und sie geküsst. Wahrscheinlich hielt sie ihn für einen Wüstling, einen wollüstigen Schwerenöter.
    Wenn er ihr helfen konnte, würde ihn das sicher in ein besseres Licht rücken und den ersten – ungünstigen – Eindruck, den sie von ihm gewonnen hatte, wettmachen.
    Er war bereit zu tun, was er konnte, um herauszufinden, ob sie tatsächlich in Schwierigkeiten steckte, und ihr jede ihm mögliche Unterstützung zu gewähren, ehe er auf den Familiensitz zurückkehrte.
    Und sie niemals wiedersah.
    Sie würde die Zeche prellen müssen.
    Sorgenvoll blickte Nell aus dem Sprossenfenster auf den Vollmond, der hoch am Himmel stand. Sie hatte kaum noch Geld und wann sie wieder ein Einkommen haben würde, stand in den Sternen.
    Die Helligkeit machte es schwieriger, unbemerkt zu verschwinden, aber andererseits würde sie besser sehen können, wo sie hintrat. Was ihr angesichts der Tatsache, dass ihre Füße das einzige Transportmittel waren, das sie sich noch leisten konnte, gelegen kam. Sie legte keinen Wert darauf, zu stürzen und sich die Knochen zu brechen.
    Was würden ihre Eltern sagen, wenn sie wüssten, was sie heute getan hatte? Und gestern – und vorgestern? Sie hatten sie zu einem anständigen Menschen erzogen und manches Opfer gebracht, um sie auf eine erstklassige Schule zu schicken, wo man sie in Umgangsformen, gutem Benehmen und den Regeln der Schicklichkeit unterwies, sodass sie sich jeder jungen Dame von Stand ebenbürtig fühlen konnte.
    Alles umsonst. Zum Glück waren sie tot und würden nie erfahren, was ihr widerfahren war und was sie sich hatte zuschulden kommen lassen.
    In der Hoffnung, dass niemand mehr wach war, nahm sie ihren Handkoffer, machte leise die Tür auf und horchte. Alles war still, bis auf das gelegentliche Knarren der Bettbespannung, das aus Lord Bromwells Zimmer drang.
    Vielleicht war er nicht allein. Zwar hatte es sich so angehört, als käme er allein die Stufen hinauf, nachdem sie kurz zuvor auf ihr Zimmer gegangen war, aber es hätte sie nicht überrascht, wenn eine Frau ihm Gesellschaft leistete – eine dralle Schankmagd oder eine von den Damen, die ihn beim Abendessen mit Blicken verschlungen hatten. Wahrscheinlich waren die Frauen schon immer hinter ihm her gewesen, und erst recht jetzt, da er sein Buch veröffentlicht hatte.
    Wenn er daran gewöhnt war, brauchte sie sich über den Kuss nicht zu wundern, auch nicht darüber, dass er sie vor dem Dinner angesprochen hatte, obwohl er gemerkt haben musste, dass sie nichts mit ihm zu tun haben wollte. Oder besser, konnte.
    Sie seufzte unhörbar, schlich aus dem Zimmer und schloss geräuschlos die Tür hinter sich. Im Hausflur war es stockdunkel. Mit der Hand an der Wand entlangtastend, ging sie auf Zehenspitzen zur Treppe.
    „Die Kutsche fährt erst in ein paar Stunden.“
    Das war unverkennbar Lord Bromwells Stimme.
    Nell drehte sich um. In der Dunkelheit konnte sie sein Gesicht nicht erkennen, doch er war ihr so nahe wie in der Kutsche, und obwohl sie ihn nur als Umriss sah, nahm sie die Wärme wahr, die von ihm ausging. Es fühlte sich beinahe so an, als würde er sie umarmen.
    Ihr Herz schlug rasend schnell, doch sie brachte die Ausrede hervor, die sie sich zurechtgelegt hatte. „Ich konnte nicht schlafen und wollte

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