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Ein skandaloeser Kuss

Ein skandaloeser Kuss

Titel: Ein skandaloeser Kuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Moore
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antwortete er fest. „Ich habe ihren Sitten und Gebräuchen niemals zuwidergehandelt.“
    „So wie ich nichts Unrechtes getan habe.“
    „Vielleicht nicht“, räumte er zögernd ein. „Aber entweder sind Sie eine Betrügerin und kriminell, oder Sie sind auf der Flucht vor irgendjemandem oder irgendetwas. Im ersten Fall ist es meine Pflicht, Sie festzuhalten. Wenn Letzteres zutrifft, möchte ich Ihnen gern helfen. Aber gleichgültig, wie Ihre Antwort ausfällt, ich werde nicht zulassen, dass Sie nachts allein durch die Gegend laufen. Es ist viel zu gefährlich, und ich könnte mir nie verzeihen, wenn Ihnen etwas passiert.“
    Er wirkte sehr entschlossen, ob nun wirklich um ihre Sicherheit besorgt oder nicht, und Nell erkannte, dass er sie nicht gehen lassen würde. Außer sie tischte ihm eine plausible, glaubwürdige Geschichte auf.
    Die sie sich umgehend ausdenken musste.
    Ihr fiel ein, was der Kutscher über Lord Bromwells Vater und dessen Unverständnis für seinen Sohn gesagt hatte. Sie stellte den Koffer ab, der nichts weiter enthielt als ihren Waschbeutel, ihre eigenen Kleider und die drei Roben von Lady Sturmpole. Dann hob sie die Hände in einer Geste der Resignation und begann zu sprechen wie jemand, der zögernd die Wahrheit erzählt.
    „Gut denn, Mylord, Sie haben recht. Ich bin Lady Eleanor Springford, und ich bin auf der Flucht – vor meinen Eltern und dem italienischen Adeligen, den sie mich zwingen wollen zu heiraten. Der Conte ist reich und besitzt drei Schlösser, aber er ist alt genug, um mein Großvater zu sein, und ein lüsterner Greis obendrein. Er hat doppelt so viele Geliebte wie Landgüter und nicht den Hauch einer Absicht, seiner Ehefrau treu zu bleiben. Deshalb bin ich fortgelaufen und reise ohne die Begleitung einer Zofe oder eines Dieners.“
    „Wir leben im neunzehnten Jahrhundert, nicht im finstersten Mittelalter.“ Bromwell runzelte skeptisch die Stirn. „Sie hätten Einspruch gegen das Verlöbnis erheben können, statt fortzulaufen und sich in Gefahr zu bringen.“
    Sie trat an die Waschkommode und spielte geistesabwesend mit einem Handtuchzipfel. „Wahrscheinlich kann ein Mann, dem es freisteht, in der ganzen Welt umherzureisen, sich nicht vorstellen, welcher Druck mitunter auf eine Frau ausgeübt wird, wenn es um eine Eheschließung geht. Insbesondere wenn der Bräutigam ein reicher Aristokrat ist und die Familie der Braut nicht annähernd so vermögend, wie jedermann glaubt.“
    „Ganz im Gegenteil“, erklärte Lord Bromwell, ohne sich von der Tür fortzubewegen. „Meine Eltern hatten nie etwas übrig für meine Berufswahl, und als ich meine letzte Expedition vorbereitete, bekniete mich meine Mutter förmlich, sie nicht anzutreten. Ich habe also Erfahrung mit den Erwartungen, die Eltern haben, und dem Druck, den sie ausüben können. Aber sicher hätten Ihre Eltern irgendwann nachgegeben. Wahrscheinlich sind sie inzwischen krank vor Sorge um Sie.“
    „Mag sein. Allerdings glaube ich eher, dass sie nach mir fahnden. Ich hoffe, die Suche beschränkt sich noch auf Italien.“
    „Sie sind den ganzen Weg von Italien hierher allein gereist?“
    In Wirklichkeit kam sie aus Yorkshire, doch das konnte sie ihm auch nicht sagen. „Meine Eltern waren zu einem längeren Aufenthalt dort, weil das Klima der Gesundheit meines Vaters zuträglich ist.“
    Jedenfalls hatte Letitia Applesmith das behauptet, und die Neuigkeit war von Lady Sturmpole beim nächsten Klatsch mit ihrer Freundin, den Nell pflichtschuldig einen Nachmittag lang erduldet hatte, weiterverbreitet worden.
    Lord Bromwell furchte abermals skeptisch die Stirn, und Nell fragte sich bereits, ob er etwas über den Duke of Wymerton und seine Familie wusste, das ihr nicht bekannt war, doch dann sagte er: „Ja, ich glaube, meine Mutter erwähnte etwas dergleichen.“
    „Allein reisen erwies sich als nicht so schwierig, wie ich befürchtet hatte“, fuhr Nell erleichtert fort. „Meist war man mir gegenüber sehr freundlich, besonders die Frauen, die vielleicht ahnten, dass ich wegen familiärer Schwierigkeiten flüchtete. Ein paar Mal machten Männer anzügliche Bemerkungen, aber keiner trat mir zu nahe, bis auf … nun, bis auf Sie, Mylord.“
    Er senkte verlegen den Blick, und da sie nicht den Wunsch hatte, näher auf das Vorkommnis in der umgestürzten Kutsche einzugehen, fuhr sie hastig fort: „Es muss der Schrecken über den Unfall gewesen sein, der mich dazu brachte, Ihnen meinen richtigen Namen zu enthüllen, und

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