Ein skandaloeser Kuss
in den Hosenbund. „Ich fürchte, das ist ein Ammenmärchen.“
„Aber manchmal trifft es zu, nicht wahr?“
„Vielleicht. Hoffen wir es. Doch jetzt muss ich mich beeilen. Sonst kommt der Stallknecht mich suchen.“
„Justinian, ich meinte, was ich sagte.“ Sie wollte, dass er wusste, was sie für ihn empfand. „Ich warte auf dich. Egal, wo du hingehst und wie lange es dauert.“
19. KAPITEL
Es handelt sich um einen Verlust von bedauerlichen Ausmaßen, der die Forschung der Arachnologie um Jahre zurückwirft.
– aus einem Artikel im Bath Crier
A h, da bist du ja endlich, Bromwell! Wir warten schon auf dich“, begrüßte der Earl seinen Sohn mit Stentorstimme. „Dies ist Mr Denby, mein Bankier.“ Er wies auf den gut gekleideten älteren Gentleman, der an einem Tisch vor dem Kamin saß und sich bei Bromwells Eintreten erhob.
„Es ist mir eine Ehre, Sie kennenzulernen, Mylord.“ Mr Denby verneigte sich. „Ich habe Ihr Buch mit großem Interesse gelesen und finde es hervorragend.“
„Danke.“
„Nehmen Sie Platz, Mr Denby, und setz dich auch, Justinian“, kommandierte der Earl.
Bromwell gehorchte. Als er saß, fiel ihm ein Blatt des Bath Crier ins Auge, das, anscheinend zum Feueranzünden gedacht, neben der Kohlenschütte auf dem Boden lag. Es war die Seite mit den Gesellschaftsnachrichten.
Er überflog eine der Klatschspalten, und im nächsten Moment schien sein Herz einen Schlag auszusetzen. Soeben nach London zurückgekehrt und demnächst in unserer schönen Stadt erwartet werden der Duke of Wymerton und seine Familie, las er entgeistert. Wir freuen uns besonders auf die musikalischen Töchter Seiner Gnaden, die eine Bereicherung sämtlicher Gesellschaften der kommenden Wochen sein werden.
Hatte sein Vater den Artikel gelesen?
Nein, sonst hätte er längst etwas gesagt, erkannte Bromwell erleichtert. Mit der Fußspitze schob er die Zeitungsseite unauffällig unter die Kohlenschütte. Der Earl würde sich nie dazu herablassen, Feuer anzuzünden; solange also das Blatt unter der Schütte lag und er es nicht sehen konnte … Aber bald musste er die Wahrheit über Nell ohnehin erfahren, schließlich würde sie seine Schwiegertochter werden.
Denn natürlich musste und wollte Bromwell sie nun heiraten. Er hatte sie gebeten zu warten, und sie hatte eingewilligt. Er konnte ihr nicht zumuten, dass sie das tat, ohne seine Ehefrau zu sein. Und wenn sie guter Hoffnung war, musste er ihr erst recht den Schutz seines Namens gewähren. Er konnte nicht zulassen, dass sein Kind unehelich geboren wurde.
Doch in England zurücklassen musste er sie. Es war ausgeschlossen, dass er sie mitnahm, gleichgültig, wie sehr er sie liebte. Eine Expedition, wie er sie plante, konnte ihr Tod sein, und er würde lieber selber sterben, als sie dieser Gefahr auszusetzen.
„Also dann, Denby, geben Sie meinem Sohn die Dokumente“, befahl sein Vater ungeduldig.
Lord Granshire wies auf den Tisch, auf dem ein Tintenfass samt Federkiel und eine Streusandbüchse standen. Davor lagen mehrere Urkundenmappen. Offenbar hatte der Earl irgendwelche Dokumente unterschrieben oder stand im Begriff, es in Kürze zu tun.
„Wenn Sie so gut wären, hier zu unterzeichnen, Mylord.“ Denby schob ihm einen Stoß Papiere zu und deutete auf die gestrichelte Linie am Fuß der ersten Seite. „Mit dem Datum von heute.“
„Was für Unterlagen sind das?“ Bromwell nahm den Stapel und blätterte die Seite um.
„Ihr Vater übereignet Ihnen zehntausend Pfund für Ihre Expedition, unter der Voraussetzung, dass Sie sich meines beruflichen Sachverstandes bedienen. Ich arbeite mit Kaufleuten zusammen, die Waren in die ganze Welt verschiffen.“
Bromwell konnte nicht glauben, was er hörte, und sah seinen Vater fragend an. „Du willst mir zehntausend Pfund geben für meine Expedition? Und alles, was ich tun muss, ist, mir die Erfahrung deines Bankiers zunutze zu machen?“
„Ich würde das Geld lieber darauf verwenden, dir und deiner Ehefrau ein Haus in London zu kaufen“, brummte sein Vater. „Aber da du entschlossen scheinst, wieder auf Reisen zu gehen, ist es besser, du tust es bald, damit du so schnell wie möglich wieder zurück bist.“
Bromwell ließ die Papiere sinken und sah seinen Vater an. „Ich danke dir“, sagte er leise. Er war überwältigt und dankbar – aber nicht so glücklich, wie er gedacht hätte.
Wie er es gewesen wäre, ehe er Nell gekannt hatte.
„Und wie auch immer du deine Großzügigkeit begründest,
Weitere Kostenlose Bücher