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Ein skandalöses Geheimnis: Roman (German Edition)

Ein skandalöses Geheimnis: Roman (German Edition)

Titel: Ein skandalöses Geheimnis: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gayle Callen
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Madingley Court, aber dennoch recht ansehnlich. Auch das Innere enttäuschte nicht. Die Haushälterin führte Susanna herum, zeigte ihr den gemütlichen Salon und das Esszimmer, dessen Glastüren auf eine Terrasse gingen, sowie die kleine Bibliothek. Leo folgte ihr langsam auf ihrem Rundgang und täuschte eine Gelassenheit vor, die er keineswegs empfand.
    Dann standen sie im Schlafzimmer des verstorbenen Onkels, und sie ließ sich bewundernd über das Haus aus. Ihren Ärger, dass er ihr dessen Existenz verheimlicht hatte, schien sie vergessen zu haben. Sie warf sich aufs Bett und redete und redete und hätte wohl endlos so weitergemacht, wenn er sie nicht mit einem Kuss zum Schweigen gebracht hätte.
    Erneut hatte er Schwierigkeiten einzuschlafen, und auch wenn die Albträume ausblieben, schien ihm, als wären sie gegenwärtig und würden nur in einem verborgenen Winkel lauern, um plötzlich wie ein wildes Tier hervorzuspringen und ihn anzufallen.
    Am nächsten Tag war Susanna voll und ganz in ihrem Element. Das Haus sah bei Tageslicht noch gemütlicher aus als am Abend, war geschmackvoll eingerichtet und sehr gepflegt. Mehrere Pächter kamen mit Broten, Konfitüren und Kuchen vorbei, um sie auf Woodhill Manor willkommen zu heißen.
    Deutlich erkannte sie, wie neugierig die Leute auf Leo waren. Eine Bauersfrau verriet ihr im Flüsterton, dass sie ihn noch nie zu Gesicht bekommen habe, obwohl sie schon seit Jahren in der Nähe lebte. An sich nichts Ungewöhnliches, denn viele Familien von Stand besaßen mehrere Güter, von denen manche nur bewirtschaftet wurden, aber nicht als Wohnsitz dienten. Leo allerdings hatte nur Woodhill Manor.
    Sie traf ihn in seinem Arbeitszimmer vor einem Tisch voller Rechnungsbücher an, wo er sich von seinem Verwalter, einem schlanken, schlicht gekleideten blonden Mann, Bericht erstatten ließ. Als sie eintrat, zog dieser sich mit einer Verbeugung zurück, und Susanna setzte sich an den Arbeitstisch.
    »Ich bin sehr gut in Mathematik, Leo.«
    »Warum eigentlich wundert mich das nicht?«, fragte er mit einem schiefen Grinsen.
    »Ich könnte dir helfen.«
    »Mit Vergnügen.«
    Wenn sie damit gerechnet hatte, dass er den Vorschlag empört zurückweisen würde, wie manch ein anderer Mann das wohl getan hätte, so sah sie sich getäuscht. Leo überraschte sie wirklich jeden Tag aufs Neue, und sie durfte gespannt sein, was er noch so auf Lager hatte.
    Sie sah ein Buch über römische Altertümer aufgeschlagen auf dem Tisch liegen. War das etwa von ihm? Immerhin schien er sich für die Ausgrabungen zu interessieren, und vielleicht kam sie ja über dieses Thema seinem Geheimnis auf die Spur.
    »Es freut mich, wenn du meine Hilfe annimmst«, erklärte sie mit sanfter Stimme. Sie zog das Buch zu sich heran, holte tief Luft und sagte: »Vielleicht könnte ich dir dann ja auch helfen, damit du dich mit dem Lesen leichter tust.«
    Sie hielt den Atem an, als sie seinen starren Blick bemerkte, der irgendwie ungläubig auf ihr ruhte. Gleich, dachte sie, gleich bekommt er einen schrecklichen Wutanfall, den ersten in ihrer noch jungen Ehe. Oder er ließ sie einfach hier sitzen und stürmte aus dem Zimmer, was ebenfalls nicht besser wäre.
    Nichts dergleichen geschah. Leo bedachte sie bloß mit einem zärtlichen Blick, dann nahm er den Text und las ihn ihr vor, wobei er ihn erst ins Lateinische und dann ins Französische übersetzte. Susanna hätte im Erdboden versinken können, und jetzt wäre sie selbst am liebsten aus dem Zimmer gerannt.
    Er legte eine Hand an ihre Wange. »Wie bist du denn um Himmels willen auf die Idee gekommen, ich könnte nicht lesen?«
    Sie schob seine Hand weg und stand auf. »Du hast mir den Eindruck vermittelt«, sagte sie kläglich. »Weil du weder Zeitungen noch Bücher anrührst und dir in Museen nie die Beschriftungen anschaust. Deshalb dachte ich … Ach Leo, entschuldige bitte.« Sie hielt einen Moment lang inne. »Aber warum gehst du dann Büchern aus dem Weg«, fügte sie hilflos hinzu.
    »Mich haben andere Sachen einfach immer mehr interessiert«, erwiderte er achselzuckend. »Fechten, Boxen, Reiten. Und ich bin gerne mit anderen Menschen zusammen.«
    »Cambridge«, sagte sie leise und schüttelte den Kopf. Sie begriff immer noch nicht, wie er die Universität bei einem solch eklatanten Mangel an intellektuellen Interessen schaffen konnte.
    Er lächelte sie weiter an und stürzte sie in tiefe Verwirrung. Sie deutete auf das Buch. »Dann erzähl mir von deinem Interesse

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