Ein skandalöses Geheimnis: Roman (German Edition)
Mann in Erinnerung, der hier starb. Und die Ratten.«
»Leo, komm da raus!«
Er blies die Kerze aus, um gewandt am Seil hochzuklettern. Mit erhobener Hand bedeutete er Susanna, nicht näher zu kommen, als er aus dem tückischen Loch kletterte.
»Dann ist also ein Mann hier gestorben?«, fragte sie sanft, während ihr Blick besorgt über sein Gesicht glitt. Sie fragte sich, was diese Erkenntnis wohl in ihm auslösen mochte.
Sie wischte ihm den Schmutz von der Wange, und er nahm ihre Hand. »Ich glaube, ja. Doch was sonst geschah und wie wir gefunden wurden, das ist einfach weg. Vielleicht kommen ja auch diese Erinnerungen irgendwann zurück. Jedenfalls hoffe ich, dass ein erster Schritt getan ist und diese Träume mich nicht länger heimsuchen. Sonst wird meine Frau kaum noch bei mir schlafen wollen.«
Sie warf ihm einen vielsagenden Blick zu. »Ich brauche dich nur für eine Sache, ansonsten kannst du in deinem eigenen Bett schlafen.«
»Du meinst als dein Modell?«
»Oh, das hatte ich völlig vergessen«, erwiderte sie zuckersüß.
Er fing an zu lachen, und es fühlte sich gut und befreiend an. Hatte nichts zu tun mit der Dunkelheit der Höhle und mit dem mysteriösen Toten. Beides gehörte der Vergangenheit an – Leos Gegenwart war Susanna.
Kapitel 21
Leo verhielt sich nach ihrer Rückkehr von der Höhle anders, irgendwie abwesend. Daran konnte selbst Susannas Bemühen um ein unverfängliches Gespräch nichts ändern. Ebenso wenig interessierte ihn der Artikel über die Britische Archäologische Gesellschaft in der Times , den sie ihm zeigte und in dem es um das nächste geplante Treffen ging. Er bedankte sich nur kurz und legte die Zeitung beiseite.
Abends im Schlafzimmer beobachtete sie ihn beim Ausziehen. Sie genoss die Bewegungen seines Körpers und bewunderte die Schönheit seiner Gestalt. Doch inzwischen beschäftigte sie sich zunehmend mit der Frage, was so alles in ihrem Ehemann steckte.
»Leo.«
Er war gerade dabei, seine Jacke aufzuhängen.
»Ich war heute oben im Kinderzimmer«, sagte sie.
»Für eine frohe Botschaft ist es wohl noch zu früh.«
»Das ist es in der Tat.« Sie erwiderte seinen liebevollen Blick mit einem schüchternen Lächeln. »Ich habe Sachen gefunden, auf denen dein Name stand, Bücher und ein paar Bastelarbeiten. Ich dachte, du hättest deine Kindheit nicht hier verbracht.«
Er runzelte die Stirn, und seine Finger verharrten am Kragenknopf seines Hemdes. »Habe ich auch nicht. Ich war nur gelegentlich zu Besuch hier, und bei einer dieser Gelegenheiten muss ich in das Loch gefallen sein.«
»Vielleicht war mehr an der Sache dran. Bist du vielleicht aus dem Haus geflüchtet? Du hast erzählt, dass du immer deine Eltern unterhalten musstest, um sie von ihren Streitigkeiten abzulenken. Wolltest du möglicherweise einmal im Mittelpunkt stehen?«
Er lächelte und schüttelte den Kopf. »Du liest zu viel in die Beweggründe eines kleinen Jungen hinein, Susanna. Ich war ziemlich häufig unfolgsam und zog damit oft genug Aufmerksamkeit auf mich.«
Er kniete jetzt neben ihr auf dem Bett, und sein Lächeln verblasste. »Susanna, dieses Herumwühlen in meiner Kindheit ändert nichts. Es kommt mir so vor, als würdest du bei mir nach einem anderen Ich suchen. Als sei ich in Wirklichkeit ein missverstandener edler Ritter und nicht der selbstsüchtige Mistkerl, der ich nun mal den größten Teil meines Lebens gewesen bin. Eine Heirat vermag mich nicht völlig umzukrempeln – in mir steckt nach wie vor der Mann, der eine unschuldige Frau kompromittiert und zu einer eigentlich ungewollten Ehe gezwungen hat. Und außerdem, und das nehme ich mir heute noch sehr übel, hätte ich um ein Haar den Ruf meiner jetzigen Schwägerin zerstört.«
»Ich verstehe nicht ganz …« Sie stützte sich auf einem Ellbogen auf, sodass die Decke bis zur Taille herunterrutschte. Die Warnung von Lord Greenwich fiel ihr ein, die dieser in Bramfield Hall ausgesprochen hatte, ohne Einzelheiten zu nennen.
»Damals war Louisa eine lebhafte junge Frau, die genauso gerne auf Feste und andere Vergnügungen ging wie ich. Alle mochten sie, vor allem die Männer. Auch mich faszinierte sie, und eines Abends, bei einem Ball, folgte ich ihr in betrunkenem Zustand nach draußen. Sie wollte sich nicht von mir küssen lassen, aber meine Freunde glaubten, ich hätte es geschafft – und ich, ich dementierte nicht.«
Seine Stimme klang schroff, und Susanna spürte seine Betroffenheit und seinen Selbstekel.
»Sie
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