Ein skandalöses Rendezvous (German Edition)
und Vater. Die darauffolgenden Monate waren für die Kelmsleigh-Frauen sowohl in gesellschaftlicher wie finanzieller Hinsicht wahrscheinlich schwierig gewesen. Um ehrlich zu sein, hatte er kaum einen Gedanken an die Folgen verschwendet, die seine Untersuchung und Kelmsleighs Tod für diese Unschuldigen haben konnten.
Nun lag eine von ihnen neben ihm im Bett, in einem Zimmer, in dem sie nicht zusammen allein sein sollten.
Er schlug die Beine übereinander und fragte sich, ob der Friedensrichter mit sich reden lassen oder wohl engstirnig sein würde.
Das vor ihnen liegende Verhör konnte nur zwei mögliche Ausgänge nehmen, und beide würden für Miss Kelmsleigh äußerst unerfreulich sein.
Jemand klopfte laut an die Tür. Sebastian fuhr aus dem unruhigen Schlaf, in den er verfallen war. Als er sich erhob, verursachte seine Wunde einen rotglühenden Blitz von Schmerz in seinem Kopf. Er sah zum Fenster. Durch die geschlossenen Läden fiel ein schwaches Licht hinein. Schon bald würde der Morgen anbrechen.
Miss Kelmsleigh war ebenfalls bereits auf den Beinen. Sie glättete ihren Rock, ordnete den Bettvorhang und nahm dann ihre Pelisse von der Garderobe. Er wartete, während sie sie übergestreift hatte. Dann bemühte sie sich, ihre Frisur im Spiegel ein bisschen weniger zerwühlt aussehen zu lassen.
Wieder erklang das Klopfen. Ihre Blicke trafen sich. Sie erschien traurig und schicksalsergeben und nicht wenig beschämt durch ihre gemeinsame Nacht. Zweifellos hatten ihr die ruhigen Stunden des Nachdenkens ebenfalls die Unmöglichkeit ihrer Situation enthüllt.
Er öffnete die Tür. Doch dort stand Hawkeswell, nicht der Wirt.
»Ich habe darauf bestanden, derjenige zu sein, der hochkommt und dir Bescheid gibt«, sagte er.
»Guter Mann. Danke.«
»Der Friedensrichter ist hier. Geht ihr runter oder soll er zu euch kommen?«
»Das ist wohl kaum der beste Ort dafür, aber es ist besser als die Alternative. Wir wollen kein Publikum dabei haben.«
Hawkeswell nickte. »Was macht dein Arm?«
»Nur ein Kratzer. Wenn es dir nichts ausmacht, mir noch einmal zu helfen, bring doch bitte in Erfahrung, wann die erste Kutsche nach London abfährt, und lass es mich wissen.«
Hawkeswell nickte und ging wieder hinunter. Sebastian schloss die Tür hinter sich.
»Neun Uhr«, sagte Miss Kelmsleigh. »Das ist die Abfahrtszeit der ersten Kutsche. Ich hatte vorgehabt, sie zu nehmen.«
Sie verbarg ihre Nervosität gut. Abgesehen von der Art, wie sie ihre Händen knetete, und der Melancholie in ihrem Blick, würde man niemals vermuten, dass sie sich schon bald einem Urteil stellen musste.
Sebastian entschied, ihr ruhiges Auftreten würde eher helfen als schaden, und er öffnete die Fensterläden, um die nächtlichen Schatten zu vertreiben. Er drehte sich wieder zu ihr um und bekam sie im Licht des anbrechenden Tages zum ersten Mal richtig zu sehen.
Ihr Haar war von einem tiefen Kastanienbraun. Selbst jetzt zeigten sich diese rötlichen Strähnen. Ihre Augen hatten einen faszinierenden Grünton. Ihre Gesichtszüge waren sehr gleichmäßig und zarter, als der flackernde Feuerschein ihn hatte glauben lassen. Ihr Gesicht besaß eine erwachsene und einzigartige Qualität, die man eher schön als hübsch nennen würde.
Schön genug, um ihn einen Moment innehalten zu lassen und sich lebhaft an jenen Kuss zu erinnern. Dann stellte er den Stuhl näher an den Kamin.
»Setzen Sie sich bitte hierher. Dann sieht er gleich beim Hereinkommen, dass Sie eine Dame sind, und das wird die ganze Unterhaltung beeinflussen.«
Sie tat, wie ihr geheißen. Sebastian nahm die Pistole vom Tisch, wo sie die ganze Nacht gelegen hatte, und legte sie stattdessen auf den Kaminsims, wo man sie nicht direkt sehen würde.
Ein weiteres Klopfen an der Tür, nicht annähernd so laut wie das von Hawkeswell eben. Seine leicht zögerliche Natur war ein gutes Zeichen.
Sir Edwin Tomlison war ein großer, sehr dürrer Mensch, dessen dichtes, schwarzes Haar von stahlgrauen Strähnen durchsetzt war. Als er das Zimmer betrat, verriet der entschlossene Zug um seinen Mund Sebastian eine Menge. Dies war ein Mann, der seinen Posten als Friedensrichter wegen der Stellung liebte, die er ihm auf dem Land verschaffte, aber die gerichtlichen Pflichten nicht genoss, die damit einhergingen.
»Lord Sebastian Summerhays.« Sir Edwin verneigte sich. »Ich hatte die Ehre, einst Ihren Bruder zu treffen, bevor er in den Krieg zog und … « Er sprach nicht weiter. Seine Stirn legte sich in
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