Ein skandalöses Rendezvous (German Edition)
hatte er in letzter Zeit selten. Er war dankbar, es mal wieder erfahren zu dürfen, wie eine lebhafte Erinnerung an einen Kindheitsfreund.
Doch die Welt drängte sich wie immer dazwischen. Eine Brise. Das Metall an seinem Gesicht. Ein Seufzer oder ein Atemzug. Es brauchte nicht viel, um den Bann zu brechen.
Dieses Mal war es jedoch kein Geräusch, keine Berührung. Nur die Erkenntnis, dass er nicht länger alleine war. Er wendete seinen Kopf von den Sternen ab.
Audrianna stand in der offenen Tür. Sie trug einen Morgenmantel mit einem Spitzensaum, der sich von dem Wollschal absetzte, den sie um ihre Schultern gewickelt hatte. Das Mondlicht löschte das in ihrem Haar versteckte Feuer und hüllte ihr Gesicht in Schatten.
»Komm rein, Audrianna.«
Sie trat vom Gras auf den Holzboden. Es brannte keine Lampe, sodass nur die offene Tür und das Loch im Dach den schwachen Schein des Mondes hineinließen.
Sie sah sich in der einfachen Hütte um, die den Gärtnern während ihrer langen Arbeitsstunden einen Platz zum Ausruhen ermöglichte. Sebastian hatte das Teleskop hier vor zehn Jahren installiert, als ihm klar geworden war, dass die Lage der Hütte dafür ideal war.
Sie ließ ihre Finger über das glänzende Metall des Teleskops gleiten. »Bleibt es einfach so und ragt nach draußen? Was, wenn es regnet?«
Ihre praktischen Bedenken verzauberten ihn. »Ich nehme es herunter, wenn ich gehe, und decke das Loch ab.« Er griff sich ein dünnes Seil, das vom Dach baumelte. »Wenn ich hieran ziehe, gleitet es hinauf oder hinab.«
Sie bewunderte das Teleskop und verbog sich, um zu sehen, wie es in den Himmel ragte. »Das ist sehr beeindruckend.«
»Würdest du gerne mal hindurchschauen?«
»Sehr gerne, wenn ich darf.«
»Dann komm.«
Er richtete es auf den Mars aus, dann hob er sie auf seinen Schoß. »Leg dein Auge dort drauf.«
»Das ist unglaublich«, flüsterte sie. »Herrlich.«
Er spürte, wie es sie genauso fesselte wie ihn. Er legte seinen Arm um sie, damit sie nicht davon abgelenkt wurde, sich auf seinen Knien halten zu müssen. Seidene Haarsträhnen kitzelten ihn im Gesicht und die Wolle des Schals schmiegte sich an seine Hand.
»Warte mal.« Er schob ihren Kopf beiseite, während er das Teleskop auf ein anderes Ziel richtete und den Ausblick überprüfte. Dann warf sie einen erneuten Blick hinein und schnappte nach Luft.
Die Sterne hatten viel dazu beigetragen, um seine düstere Stimmung aufzulösen. Sie auf seinem Schoß zu halten, besserte es ebenfalls. Nicht vollkommen zwar, denn tief in seinem Inneren knurrte immer noch eine Verbitterung, die er nicht benennen wollte und die ihn bereits seit zwei Jahren begleitete. Aber zumindest konnte er sie wieder ignorieren.
»Wird dir das jemals langweilig?«, fragte sie. »Gewöhnt man sich irgendwann an diesen Anblick?«
»Niemals.« Die Antwort kam leise, tief und männlich. Ruhig.
Sie verstand jetzt, warum sie nichts von dem Tumult des Tages gespürt hatte, als sie durch die Tür gekommen war. Diese Hütte bot ihm eine Art Zuflucht, die den meisten Menschen unbekannt war. Er konnte die Sterne betrachten, und jede Emotion würde im Vergleich dazu klein wirken.
Sie hatte ihn dabei gestört. Sie war hier einfach eingedrungen. Es war freundlich von ihm, es zuzulassen und ihr zu zeigen, was sich im funkelnden Nachthimmel wirklich versteckte.
Sie wollte ihm diese Herrlichkeit wieder ganz überlassen und rutschte von seinem Schoß. »Vielen Dank. Das war erstaunlich.«
»Eines Tages werde ich dich nach Greenwich bringen und in das Observatorium dort schmuggeln, damit du mal durch das große Teleskop dort blicken kannst.«
»Das würde ich gerne. Hindurchblicken, meine ich. Das mit dem Schmuggeln klingt aber auch lustig.«
Sie lief über den Holzboden und hüpft auf das Gras. Dann sah sie in den Himmel hinauf, der so anders wirkte als gerade eben.
»Audrianna, warum bist du hergekommen?«
Sie drehte sich um. Er war nicht zu seiner Fluchtmöglichkeit zurückgekehrt, sondern stand in der Tür der Hütte.
»Du gehst doch sonst nicht nachts spazieren«, sagte er. »Warum heute?«
»Ich habe nach dir gesucht. Um mich zu entschuldigen. Nicht dafür, wie ich mich gefühlt habe, oder dafür, dass ich den Namen meines Vaters beschützen will. Nicht einmal für die Befürchtung, dass du es nicht tun würdest.«
»Für was denn sonst?«
»Dafür, dass ich nur an meine eigenen Gefühle und Ängste gedacht habe. Und dafür, dass ich nicht freundlicher war. Ich
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