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Ein Sommer mit Danica

Ein Sommer mit Danica

Titel: Ein Sommer mit Danica Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Enkelchen.«
    Corell schob seine Zigarette dem jungen Mann zwischen die Lippen. Gierig sog der Bärtige daran und ließ sie zwischen den Lippen hängen. »Danke.«
    »Bitte. Ihr seid eine ganze Bande?«
    »Bande ist dämlich. Der typische Ausdruck einer fetten Gesellschaft. Bande! Arschlöcher seid ihr alle! Wir machen euch Feuer unterm Hintern, damit ihr aufwacht! Eure ganze Scheißordnung stinkt zum Himmel!«
    »Aha!« Corell rauchte ruhig seine Zigarette. »Nach dem ungeheuren Wortschatz zu urteilen, habe ich die Ehre, neben einem der neuen Weltverbesserer zu sitzen. Die neue Zeit klaut einen völlig frustrierten Arzt aus Opas Zeit. Was wollt ihr eigentlich mit mir? Mich in eurem Museum aufstellen? Katalog-Nummer 119: Arzt, 1971, Gattung Fachidiot.«
    »O je, ich habe einen erwischt, der hat 'ne Meise!« Der Bärtige bog in die Altstadt ein und mußte nun langsamer fahren. Die beiden anderen Wagen folgten dicht aufgeschlossen, fast Stoßstange an Stoßstange. »Kannst du Wunden versorgen, Opa?«
    »Warum? Ihr neuen Genies wollt doch alles können, – warum nicht auch Wunden versorgen?«
    »Hör einmal zu:« – der junge Mann lenkte jetzt mit einer Hand, mit der anderen drückte er den Revolverlauf wieder in Corells Magen – »Es ist etwas schiefgegangen. Die Banken haben wir gekriegt, aber beim Kaufhaus läuft uns so eine dämliche Polizeistreife direkt in die Aktion. Es hat 'ne Knallerei gegeben. Einen von uns hat's erwischt. Ich mußte einen Arzt holen, sehe deinen Wagen auf der Straße, und da kommst du auch schon aus dem Haus. So'n Glück, brauchte nicht zu suchen. Klar?«
    »Und wie klar. Jetzt soll ich dem Verwundeten auf die Beine helfen?«
    »Über die ersten Runden bringen … Wenn du mal Chirurg warst …«
    »Junge, gratuliere! Du kannst das Wort ja fehlerlos aussprechen!«
    Der Bärtige starrte Corell kurz aus wütenden Augen an. »Du Scheißkerl!« sagte er dann. »Ich bin Politologie-Student im neunten Semester …«
    »Glückliches Deutschland, solchen Nachwuchs zu haben!« Corell blickte sich um. Die beiden anderen Wagen schienen voll besetzt zu sein. Das Merkwürdige, Schicksalhafte dieser Stunde kam ihm jetzt voll zum Bewußtsein. Er schien wie ein Magnet zu sein, der die Grenzfälle der Gesellschaft an sich zog. Wo es Existenzen im Schatten gab, war auch Dr. Corell. Darin hatte seine Vergangenheit bestanden, und es sah so aus, als würde es auch seine Gegenwart und Zukunft werden. Damals hatte er sich nicht dazu gedrängt, der Arzt der Frankfurter Unterwelt zu werden … man hatte ihn einfach dazu ernannt, mit dem feinen Instinkt des Raubtieres, daß hier Geborgenheit und Hilfe war und ein Schuttabladeplatz für angefaultes Vertrauen und lästig gewordene Gemeinheit. Früher die Gauner – jetzt die politischen Terroristen … man war eine Stufe höher gerutscht, aber man lag auch breiter als Zielscheibe da …
    Der alte VW fuhr langsamer, verschwand in einer Toreinfahrt und hielt auf einem Hinterhof. Die anderen Wagen folgten und bremsten rechts und links von Corell. Sofort sprangen die jungen Männer heraus und umringten ihn.
    Der Bärtige riß die Tür auf und fuchtelte mit beiden Armen.
    »Er ist Chirurg gewesen. Wie geht's Harry?«
    »Schlecht. Er kotzt Blut«, sagte einer aus der Runde.
    »Aussteigen!« Der Bärtige winkte mit dem Revolver, auf Corells Seite wurde die Tür aufgestoßen. Langsam stieg Corell aus.
    »Hier stehen lauter Kommilitonen«, sagte er. »Ich irre mich doch nicht? Ihr Verstand sollte Ihnen sagen, daß ich nur jemanden behandeln kann, wenn ich selbst gesund bin. Was soll die dämliche Herumfuchtelei mit dem Revolver?«
    »Er quatscht immer so viel!« schrie der Bärtige. »Wo ist Harry?«
    »Wir holen ihn.«
    Vier Männer liefen zum letzten Wagen, holten einen verkrümmten Körper von dem Hintersitz, hoben ihn hoch und trugen ihn zu der Hoftür, die in ein dunkles, unbewohnt wirkendes Haus führte. Die Fenster hatten keine Gardinen mehr, im Untergeschoß waren ein paar Scheiben zerbrochen. Corell blickte dem Verwundeten nach und holte dann seine Arzttasche aus dem Wagen.
    »Krankenkasse oder Privatpatient?« fragte er.
    »Ich schlag ihm in die Fresse!« schrie der Bärtige und ballte die Fäuste. »Der Kerl raubt mir den letzten Nerv!« Er gab Corell einen harten Tritt in den Hintern und boxte ihm dann in den Rücken. »Los! Bring Harry durch! Nun mach schon!«
    Er ging voraus, und Corell folgte ihm. Hinter ihm versperrten drei andere Männer den Weg. Er konnte

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