Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Sommer mit Danica

Ein Sommer mit Danica

Titel: Ein Sommer mit Danica Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
der durchwachten, sich in nackte Angst auflösenden Nacht.
    »Sie können gehen –«, sagte der Kommissar freundlich.
    Danica blieb sitzen. »Und Sascha?«
    »Wir werden uns darum kümmern …«
    »Wann und wie?«
    »Es kann ihm etwas passiert sein, ein Autounfall etwa.« Seine Stimme klang beruhigend, aber wer konnte jetzt noch mit Worten Danica beruhigen? »Wir werden bei allen Krankenhäusern nachfragen, ob Dr. Corell eingeliefert worden ist.«
    »Und wenn er nicht eingeliefert ist?«
    »Dann setzen wir ihn auf die Vermißtenliste.«
    »Und dann?«
    »Dann müssen wir warten. Selbstverständlich werden wir versuchen, Dr. Corells Weg in dieser Nacht zu verfolgen. Da Sie nicht wissen, wen er in dieser Nacht alles besucht hat, werden wir seine Patientenkartei abfragen. Irgendwo haben wir dann die Stelle, wo er zuletzt gewesen ist … Eine Routinearbeit, Fräulein Robic.«
    »Aber davon kommt er nicht wieder … Man hat ihn nirgendwo zuletzt gesehen … aber wo ist er hin?«
    »Nach seinem VW wird schon gefahndet. Autos verschwinden nicht so schnell spurlos, sie tauchen größtenteils wieder auf.«
    »Größtenteils … und wo bleibt der kleine Teil?«
    Der Kommissar sah Danica verständnisvoll an, stand auf, kam um den Schreibtisch herum und legte die Hand auf ihren Arm.
    »Gehen Sie jetzt nach Hause«, sagte er väterlich. »Legen Sie sich hin, versuchen Sie zu schlafen. Das ist jetzt am wichtigsten. Wir werden uns mit allen Mitteln um Dr. Corell kümmern. Schließlich kennen wir ihn alle.« Er räusperte sich und vermied es, Danica anzusehen. »Früher hätten wir eine Vermißtenanzeige von ihm nicht angenommen. Da war er manchmal wochenlang verschwunden und … na ja … Aber er soll ja ganz anders geworden sein …«
    »Ganz anders … ein neuer Mensch … Herr Kommissar …«
    »Und dann so ein Anfang!« Der Kommissar klopfte Danica auf die Schulter. »Keine Sorge. Es wird sich alles völlig harmlos auflösen. Passen Sie auf … hinterher ist die Erklärung der Sache ganz einfach. Legen Sie sich hin und schlafen Sie erst einmal ein paar Stunden. Wir rufen Sie wieder an …«
    Aber die paar Stunden gingen herum, und die Polizei rief nicht an. In den Krankenhäusern war kein verunfallter Dr. Corell aufgenommen worden, sein alter VW mit der Arztplakette an der Frontscheibe fand sich auch nicht wieder … es hatte gegen Mittag den Anschein, daß es um Dr. Corell doch schlimmer stand, als man zunächst im Präsidium geglaubt hatte.
    »Schreiben Sie die Fahndung aus –«, sagte der Kommissar. »Noch keine Presse, Funk oder Fernsehen. Nur an alle Dienststellen. Wenn Dr. Corell morgen nicht auftaucht, steigen wir groß ein.«
    An diesem Morgen brachten alle deutschen und ausländischen Zeitungen große Berichte über die beiden Banküberfälle und die Bomben im Kaufhaus. Genau schilderten die Reporter das Feuergefecht, das sich die Terroristen mit der Polizei geliefert hatten und bei dem mindestens einer der Bombenleger verwundet worden sei. An einen Zusammenhang mit dem Verschwinden Dr. Corells dachte keiner.
    Um 16 Uhr klingelte es an Corells Tür. Obgleich Danica ein Schild hingehängt hatte: ›Heute keine Sprechstunde‹, war der Besucher hartnäckig und behielt den Finger auf dem Klingelknopf.
    Danica, die verloren zwischen den neuen Möbeln auf der breiten Ledercouch gesessen hatte, das Telefon neben sich, auf eine Nachricht wartend, auf irgendein Wort, auf ein Zeichen von draußen, ging langsam zur Tür und öffnete sie. Draußen stand der ›Lord‹ mit dem ›schönen Edy‹ und Bizeps-Karle. Danica verzog das Gesicht. Es war ein erbärmliches, dem Weinen nahes Lächeln.
    »Ihr kommt zu spät –«, sagte sie. »Wenn ihr wollt, schlagt alles kaputt. Mir ist es egal.«
    »Es stimmt also! Verdammt!« Der ›Lord‹ kam in die Wohnung, nahm Danicas kalte schlaffe Hand, führte sie formvollendet an die Lippen und hängte dann seinen italienischen Hut an die Garderobe. Der ›schöne Edy‹ war aufgeregt wie eine Frau, deren Mann weggelaufen ist, und Bizeps-Karle schlug die riesigen Fäuste zusammen und brummte: »Wer's auch war, ich dreh ihn durch die Mangel, bis er platt ist wie 'n Eierkuchen …«
    »Wir haben den Polizeifunk gehört«, sagte der ›Lord‹. »Das gehört zu unserem beruflichen Programm. Die Fahndung läuft. Unser Doktor ist also wirklich diese Nacht spurlos verschwunden?«
    Danica nickte. Sie ging voraus ins Wohnzimmer, zeigte auf die Sessel und setzte sich wieder neben das Telefon.

Weitere Kostenlose Bücher