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Ein Sommer mit Danica

Ein Sommer mit Danica

Titel: Ein Sommer mit Danica Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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zerknitterter Anzug, in dem noch der Geruch der Hühner und des Knoblauchs aus dem Bauernzug lag. Ein Hemd ohne Krawatte. Staubige derbe Schuhe. Er hatte sich in Ljubljana neue kaufen wollen, es aber vergessen.
    »Ja –«, sagte er plötzlich. »Verdammt, ja! Gehen wir hinein. So wie wir sind!« Er griff in die Tasche und holte ein Bündel Dinarscheine heraus. »Leisten wir uns ein Abschiedsdiner! Madame –« Er hielt Danica seinen Arm hin. »Ich habe es nicht verlernt –«
    Sie hakte sich bei ihm ein, er stieß mit dem Fuß die Glastür auf, und sie betraten zum Entsetzen des Portiers den modernen, glitzernden Palast.
    In der Hotelhalle warteten sie, daß jemand kam und sie hinauswarf. Sie standen herum, sahen zu dem Mann hinter der Rezeption hin, schielten zu den vorbeirennenden Kellnern und beobachteten den Portier, der ihnen plötzlich den Rücken zudrehte und so tat, als kenne er die bunten Prospekte seines Hotels noch nicht, die an der Wand in einem Holzfächerregal hingen.
    Niemand ergriff sie und setzte sie vor die Tür. Dr. Corell knöpfte langsam seinen Hemdkragen zu und zog die zerknitterte Jacke gerade.
    »In Deutschland hätte man sich längst auf uns gestürzt und uns hinausgedrängt«, sagte er unsicher. »Diese Liberalität verwirrt mich. Gehen wir hinauf ins Restaurant?«
    »Natürlich, Sascha.«
    Danica hakte sich wieder bei ihm unter. Der Mann hinter der Rezeption lächelte schief, als sie ihn herausfordernd anstarrte. Ein Herr im schwarzen Anzug, sicherlich der Geschäftsführer, kam mit feierlichem Schritt die Stufen, die zum Restaurant führten, hinunter und deutete eine kleine Verbeugung an.
    »Einen Tisch für zwei Personen?« fragte er auf deutsch. Corell nickte. Er spricht ganz selbstverständlich deutsch, dachte er. Woran erkennt er mich? Stinken wir Deutsche besonders penetrant? »Einen guten Tisch –«, sagte Corell.
    Der Geschäftsführer ging voraus, sie folgten ihm, und als sie den großen Saal des Speiselokals betraten und die glitzernden Lampen von der Decke sie anschienen, als hätten sie einen Bühnenauftritt, folgten ihnen die Blicke der anderen Gäste und bildeten eine Gasse, durch die sie hindurchgingen, als durchbrächen sie tausend Flammen.
    Man gab ihnen einen Tisch ganz hinten, am Fenster zum Eingang des Gestütes, hinter einer Barriere von Pflanzkästen, in denen Oleander blühte. Sie waren Gäste, aber man entzog sie den anderen … eine Diskretion, die Corell gefiel und die er annahm.
    »Danke –«, sagte er ehrlich zufrieden. »Ein sehr guter Tisch.« Er legte eine Handvoll Dinarscheine auf die Platte und einige große D-Mark-Noten. Es gab keinen besseren Ausweis, der alle Fragen abschnitt. »Und jetzt den besten Wein, den Sie haben, die Speisekarte, – und wenn Sie jemand fragt, wer wir seien, dann antworten Sie: Ich empfehle Ihnen, den Herrn selbst zu fragen …«
    Der Geschäftsführer machte eine stumme Verbeugung und entfernte sich schnell. Corell blickte aus dem Fenster. Gegenüber lagen die langgestreckten Stallungen von Lipica, davor ein großer rechteckiger Abreiteplatz. Dann weiter, unter Bäumen, verstreut, von der Nacht aufgesogen, andere Ställe, das Pferdelazarett, die Stutenwiese, der Hengststall – der Stolz von Lipica –, der Gaststall, die Futterscheunen … Er kannte das alles von damals … Damals! Was war damals?
    Er wandte den Kopf zurück und sah Danica an. Fast unheimlich spürte er, daß ihre Gegenwart die Bilder von früher verdrängten, daß selbst Hildes Bild verschwamm, und ihre Züge , die er nie vergaß (sie war traurig beim Abschied, als sie zur Gondelbahn ging, weil er nicht aufstehen wollte, und später war es ihm, als habe sie etwas geahnt), veränderten sich und nahmen das Gesicht von Danica an.
    »Ich liebe dich –«, sagte er plötzlich unvermittelt.
    »Wann fahren wir nach Deutschland, Sascha?«
    »Wenn es möglich wäre, möchte ich überall hinfahren, nur nicht nach Deutschland.«
    »Und ist es nicht möglich?«
    »Nein.« Er wartete, bis der Kellner ihm die bestellte Flasche Wein gezeigt hatte, und das Glas zur Probe nur bodenbedeckt füllte. Er probierte, kaute den herrlichen würzigen Wein – ein Traminer, dachte er – nickte und sah zu, wie der goldfarbene Wein in die Gläser floß. Dann, als sie wieder allein waren, fuhr er fort: »Als ich hierherkam, war alles so einfach, Danica. Mein Leben war praktisch zu Ende – ich suchte nur noch die Stelle, den stillen Winkel, wo ich krepieren wollte. Man sagt, Tiere

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