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Ein Sommer mit Danica

Ein Sommer mit Danica

Titel: Ein Sommer mit Danica Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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hatte er es eilig, lief an seinen Tisch zurück und beugte sich zu den anderen vor.
    »Corell ist es, bestimmt. Ich werde gleich dem ›Lord‹ telegrafieren. Und dann, Jungs … werden wir hier mal abstauben.«

9
    Draußen war die Nacht voll von Blütenduft. Das Mondsilber lag schwer auf den Zweigen, aus den Ställen zitterte das Gewieher der Pferde herüber. Corell lehnte an dem Zaun, der das Gestüt vom Hotelgelände abtrennte und rauchte eine Zigarette. Danica hatte bisher geschwiegen, sie war mitgelaufen, aber jetzt sah sie ihn an und ihr Gesicht war im Mondlicht großflächig und weiß und von den Augen beherrscht.
    »Warum bist du weggelaufen?«
    Corell sog hastig an seiner Zigarette. »Es ist eine Spezialität von mir. Ich laufe immer weg. Ich habe in all den Jahren eigentlich nichts anderes getan, als nur wegzulaufen. Vor den anderen, vor dem Leben, vor mir selbst … nur im Wegrennen war das alles erträglich. Man gewöhnt sich daran, immer auf der Flucht zu sein. Ich bin kein Held, Danica, ich bin nie ein Held gewesen. Nur einmal war ich nahe daran, da hätte ich eine Heldentat vollbracht … als ich mich selbst umbringen wollte. Du hast es verhindert … und jetzt flüchte ich wieder.«
    Er warf die Zigarette weg, zertrat sie und steckte die Hände in die Taschen.
    »So ein Leben kann ich dir bieten!« sagte er rauh. »Mädchen, lauf weg! Nimm deine schönen Beine und lauf … lauf … Je schneller, um so besser. Und blick dich nicht um … Himmel nochmal, soll ich dich auf den Knien anflehen, von mir wegzugehen?«
    »Ich bin taub, Sascha.«
    »Wie kann man dich dazu zwingen, von mir zu lassen?«
    »Nur, indem man mich tötet.«
    Er zuckte die Achseln, ging durch die Dunkelheit hinüber zu dem in Lichterkaskaden gehüllten Hotel und betrat wieder die weite Halle. Der Mann hinter der Rezeption lächelte ihn an. Es hatte sich herumgesprochen, daß dieser Deutsche, der wie ein Landstreicher aussah, mit Bündeln von D-Mark um sich warf.
    »Wir haben ein Doppelzimmer mit Bad frei –«, sagte der Portier. »Wenn Sie etwas suchen …«
    »Ja.«
    Corell streckte die Hand aus. Der Zimmerschlüssel fiel in seine Handfläche, und er schloß die Faust, als wolle er den Schlüssel zerquetschen.
    »Wollen Sie morgen geweckt werden?«
    »Nein.«
    »Es fahren nur ein paar Busse nach Köper.«
    »Vielleicht bleibe ich länger.«
    »Das wäre uns eine Freude, mein Herr.«
    Das glaube ich nicht, dachte Corell. Für kein Hotel ist es eine Freude, einen Toten in einem Zimmer zu haben und für den Abtransport der Leiche sorgen zu müssen. Er hörte Danica durch die Glastür kommen, ihre Schuhe klapperten über den blanken Kachelboden. Es ist alles schon viel zu tief in uns, dachte er. Wir sind schon so aneinander gefesselt, daß man die Fesseln nur mit Gewalt zerreißen kann, und das gibt Wunden, an denen man verblutet. Alles, was hier geschehen ist, ist wieder ein Verbrechen. Ein Verbrechen an Danica, ein langsamer, deshalb um so grausamerer Mord. Ein Mensch wird ausgehöhlt und zerfasert und merkt es nicht, weil er liebt …
    Sie fuhren mit dem Lift in die zweite Etage, gingen in ihr Zimmer, einen großen Raum mit zwei riesigen Fenstern und einem Balkon, modernen, geschmackvollen Möbeln, Einbauschränken und einem breiten Doppelbett.
    »Sie halten uns für Millionäre«, sagte Corell und setzte sich auf eine Sessellehne. »Dabei hat der Kellner im Restaurant mehr in der Tasche als ich.«
    »Wieviel Geld hast du noch?« fragte Danica.
    »Ein paar D-Mark, wenn ich das alles hier bezahlt habe.« Er ging zu einem der Panoramafenster und sah hinaus. Vor ihm lag das Gestüt … gelbgestrichene Wände, breite, wetterfeste, stolze Dächer. »Ich hatte nur die Hinfahrt einkalkuliert, nicht die Rückfahrt …«
    »Wir haben genug Dinare gespart, um damit nach Deutschland zu kommen.«
    Er hörte sie hinter sich hantieren und drehte sich um. Danica war dabei, sich auszuziehen. Das Kleid lag schon auf dem Boden, jetzt knöpfte sie den Büstenhalter auf. »Was machst du denn da?« fragte er fast unwirsch.
    »Ich ziehe mich aus. Soll ich mich nicht ausziehen? Willst du nicht mit mir schlafen?« Sie zog den Halter ab, ihre Brüste sprangen hervor, als stieße man sie in die Freiheit hinaus. Er sah sie an, nickte stumm und wandte sich wieder zum Fenster zurück.
    Er hörte, wie Danica das Bett aufschlug, die Matratze knarrte etwas, sie legte sich hin, das Kopfkissen raschelte, als sie es unter dem Nacken zusammenknüllte.
    »Komm –«,

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