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Ein Sommer mit Danica

Ein Sommer mit Danica

Titel: Ein Sommer mit Danica Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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›Heidebums‹. Treue Patientinnen. Erika war die Vornehme der drei, sie machte es nie auf Autositzen, nur in einem richtigen, anständigen Bett. Lulu war ein Leckermäulchen und sprach mit Vorliebe auch nur mit einem französischen Akzent, obwohl sie aus Höchst stammte und bis zu ihrem dreizehnten Lebensjahr nach Medizin stank. Mit vierzehn nicht mehr … da ging sie schon auf den Strich und wurde die ›Zungen-Lady‹ genannt. Und dann Marion, üppig, mit einem Arsch wie ein Pavian, mit Brüsten wie atomgedüngte Birnen, nie wählerisch, für Geld zu allem bereit, von keiner Ahnung von Ästhetik angekränkelt, auf die Schnelle gegen einen Baumstamm genau so gut wie bei einer Longhorntour mit Posaunengedröhn. Da standen sie, guckten die vorbeifahrenden Autos an und warteten auf Kunden.
    Dr. Corell trat zurück in die Wohnung. Er nahm Danicas Foto von der Musiktruhe und steckte es in die Jackentasche.
    »Nein, noch nicht –«, sagte er. »Das brauchst du nicht zu sehen. Wenn ich dich zu mir hole, sieht das hier alles anders aus. Du mußt nur Geduld haben … es dauert etwas …«
    In dieser Nacht schlief er auf der Couch, weil es die halbwegs sauberste Stelle seiner Wohnung war. Das Bett stank nach Muffigkeit. Er schlief tief und fest, was er nie erwartet hatte, und wachte am späten Morgen erholt und frisch auf. Den ganzen Vormittag verbrachte er damit, herumzulaufen und sein Leben neu zu ordnen. Er konnte die alte Putzfrau bewegen, außer der Reihe bei ihm zu säubern und sagte: »Werfen Sie alles weg, was stinkt!« Und sie antwortete: »Wohin soll ich Sie dann legen, Herr Doktor?« Er lachte darüber, denn es traf ihn nicht mehr, gab der Frau zehn Mark für diese Antwort und fuhr zu seiner Bank. Seine Konto betrug genau 7.823,19 DM. Damit konnte man wenig anfangen, aber es reichte für eine Reihe von Anzahlungen. Er suchte Möbel aus, zahlte sie an, schloß Abzahlungsverträge, vereinbarte sofortige Lieferungen und saß dann im botanischen Garten auf einer Bank und zählte zusammen, wieviel Schulden er an diesem Tag schon gemacht hatte. Es waren für rund 25.000, – Mark.
    Nach dem Mittagessen gab er die Anzeige auf: ›Vom Urlaub zurück‹, und ging dann die Moselstraße und die Kaiserstraße hinunter und begrüßte die Huren, die Tagesdienst hatten und in den Hauseingängen lehnten. »Unser Doktor ist wieder da!«
    Er wußte, wie schnell sich das herumsprach. Schon am Abend würden die ersten Patienten kommen, auf jeden Fall der ›schöne Edy‹, ein Homosexueller, der hoffnungslos in Dr. Corell verliebt war, jeden Abend aufkreuzte, eine Stunde mit ihm plauderte und sich dann befriedigt zurückzog. Ihnen allen werde ich sagen: Schluß, meine Lieben! Sucht euch einen anderen Arzt! Noch ein Vierteljahr könnt ihr kommen, da habt ihr Zeit genug, euch an einen anderen zu gewöhnen. Ich werde wegziehen aus dieser Gossenlandschaft. Und wehe, wenn mir einer folgt, wenn einer von euch in meine neue Praxis kommt. Ihr wart alle meine Freunde, und wir haben herrlich zusammen gelebt, gesoffen und gehurt – aber was ihr von mir kennt, ist nur die Ruine Dr. Corell. An das neue Haus, das in mir wächst, sollt ihr nicht eure Beine heben …
    Dr. Corell fuhr mit einem Taxi nach Hause. Schon von weitem sah er einen eleganten Mann an seiner Haustür stehen, in einem seidenen Anzug und mit einer leuchtenden Glatze. Der ›schöne Edy‹.
    Dr. Corell lächelte. Irgendwie ist auch das eine Heimat, dachte er gerührt. Ich bin ihr Arzt, vielleicht der einzig ruhende Pol in ihrer rasenden Welt. Ich bin ihr seelisches Pflaster. Es wird schwer sein, sie wegzujagen. Sie können weicher sein, als man denkt. Ich wette, viele von ihnen werden weinen …
    Er stieg aus dem Taxi, bezahlte und winkte dem ›schönen Edy‹ zu.
    Um die gleiche Zeit stieg Danica in Ljubljana in den Zug nach Frankfurt.
    »Gut, daß Sie wieder da sind«, sagte der ›schöne Edy‹.
    »Warum?«
    Dr. Corell schloß die Haustür auf, ließ Edy vorausgehen und verzog die Nase. Das süßliche Parfüm hat er also immer noch, dachte er. Darin ist er konservativ. Seine Freunde wechselt er ständig, aber seinem Duft bleibt er treu. Und seinem Arzt. Es gibt so etwas wie Ganoventreue, sie ist sogar stärker als die so himmelhoch gepriesene Kameradschaft.
    In der Praxis hatte Frau Klimcke, die Putzfrau, nur das Nötigste an Dreck beseitigt und einen Zettel auf den alten gynäkologischen Stuhl gelegt: »Komme am Samstag den ganzen Tag. So viel Mist kann man nicht auf

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