Ein Sommer und ein Tag
Perlen klammernd, so verbiestert, dass die halbe Post -Leserschaft es Peter sicher nicht verübeln kann, dass er mit Ginger im Bett war – dieses Bild hat heute nichts mehr mit mir zu tun. Es sei denn, ich würde tatsächlich einen näheren Blick auf beides wagen, sowohl auf das Foto als auch darauf, wer ich heute bin; es ließen sich durchaus ein paar Geister aus der Vergangenheit finden, ein paar der alten Schatten, von denen ich fälschlicherweise denke, ich hätte sie hinter mir gelassen.
Liv ist genau da, wo ich sie vermutet habe. Am Eingang zum Park bleibe ich zögernd stehen. Ich beobachte, wie sie an ihrem Kaffeebecher nippt, die Zeitung umblättert. Der Schritt auf sie zu wirkt riesengroß. Es kostet ungeheuren Mut und erscheint mir fast als unmöglich, zu ihr zu gehen und zuzugeben, wie sehr ich sie brauche, wie sehr ich jemanden brauche. Schließlich schlendere ich auf die Hundewiese zu, und als ich das Gatter öffne, hebt Liv den Blick, gleichgültig zuerst, erstaunt, als sie erkennt, wer auf sie zukommt.
«Nell!», sagt sie und steht auf. «Haben Sie sich einen Hund angeschafft?»
«Nein», gestehe ich. «Aber ich habe frischen Kaffee dabei.»
«Es tut mir leid, aber ich verstehe nicht ganz. Was machen Sie hier?»
«Ich muss mit Ihnen sprechen», murmele ich. «Ich habe Ihnen in der Praxis eine Nachricht aufs Band gesprochen.»
«Sie sollten wirklich nicht hier sein! Das ist absolut unangebracht.» Sie sieht sich suchend nach Watson um, der in der Ecke einen Blätterhaufen beschnüffelt. «Wir können morgen einen Termin vereinbaren.»
«Bitte! Ich werde es auch nie wieder tun, versprochen. Ich weiß, dass es unkonventionell ist, und ich kenne auch die Grenzen, die Sie …»
«Die gibt es aus gutem Grund», fällt sie mir ins Wort.
«Ganz bestimmt, aus sehr gutem Grund», beteuere ich. «Aber ich bin trotzdem hier, und ich brauche nur fünfzehn Minuten.» Ich sehe, dass sie ins Wanken gerät. «Und wie gesagt, ich habe frischen Kaffee dabei.»
«Fünfzehn Minuten», billigt sie mir zu und setzt sich wieder hin. «Aber dafür erwarte ich diese Woche ernstlich harte Arbeit von Ihnen!»
«Kann sein, dass ich diese Woche eine Pause mache. Außerhalb der Stadt.»
Sie sieht mich fragend an. «Was ist passiert? Erzählen Sie mir, was Sie dazu gebracht hat, mich sonntagmorgens auf der Hundewiese zu überrumpeln.»
Und so erzähle ich. Von Peter. Von Ginger. Von Paige. Von Jamie, der mir halbwegs zerknirscht eine Nachricht auf dem Anrufbeantworter hinterlassen hat, in der er versichert, er hätte nicht gewollt, dass ich es auf diesem Weg erfahre, und hofft, dass ich mich bald melde, damit er alles erklären kann. Von Rory und Samantha, von der Zerstörung, die geschieht, wenn man Geheimnisse zu fest verschließt.
«Also gut. Auf wen haben Sie die größte Wut?», fragt mich Liv, als ich in groben Zügen mit meiner Geschichte fertig bin.
«Auf wen ich die größte Wut habe?», wiederhole ich.
«Sollte das nicht Peter sein? Für mich hört es sich nicht so an, als hätten Sie auf ihn die größte Wut.»
«Ich bin außer mir vor Zorn auf ihn», räume ich nachdenklich ein. «Aber ich bin auch erleichtert.»
«Weshalb?» Sie beugt sich hinunter, hebt einen Tennisball vom Boden auf und schleudert ihn quer über die Wiese. Watson schießt wie der Blitz davon.
«Weil mein Instinkt mich nicht getäuscht hat.»
«Welcher Instinkt?»
«Das Gefühl, das ich damals im Krankenhaus hatte – als ich ihn zum ersten Mal sah. Er fühlte sich falsch für mich an, viel zu groß irgendwie, aber ich habe es trotzdem versucht. Habe versucht, mich von meiner Mutter und allen anderen vom Gegenteil überzeugen zu lassen.» Ich zucke mit den Achseln. «Tja, ausnahmsweise hat mein Instinkt mich nicht betrogen.» Unnötig zu erwähnen, wie sehr ich mich in Jamie getäuscht habe, wie verkehrt die Entscheidung war, ihm zu vertrauen, wie falsch das Gefühl familiärer Vertrautheit, als wäre er ein alter Freund, ein Cousin, ein Bruder. Nein, nein. Ganz im Gegenteil.
«Und was ist mit Ihrer Mutter? Mit Rory?»
«Ich bin so unsagbar wütend auf beide, dass ich gar nicht weiß, was ich tun soll!» Ich finde es schrecklich, wie verbittert ich mich anhöre, wie hasserfüllt ich bin, aber so ist es nun mal. Ich bin verbittert. Ich bin hasserfüllt.
«Weil sie es Ihnen nicht gesagt haben?»
«Zum Beispiel. Ja! Und weil sie mich behandelt haben wie ein kleines Kind. Mir nicht zugetraut haben, es auf meine Weise zu
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