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Ein Sommer und ein Tag

Ein Sommer und ein Tag

Titel: Ein Sommer und ein Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Allison Winn Scotch
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regeln!»
    «Ihnen ist klar, dass das ein Widerspruch ist, oder?», merkt sie an. Watson kommt hechelnd auf uns zugerannt und legt ihr den Ball vor die Füße. Sie schleudert ihn wieder quer über die Wiese. «Sie sind wütend darauf, dass sie Ihnen nichts gesagt haben, und gleichzeitig sind Sie wütend, weil Sie sich von Anfang an selbst nicht über den Weg getraut und es auf Ihre Weise geregelt haben.»
    «Hören Sie. Mich pisst momentan alles Mögliche an! Erzählen Sie mir nicht, ich hätte nicht das Recht dazu!»
    «Ich erzähle Ihnen gar nichts», wehrt sie ab und trinkt einen großen Schluck Kaffee. «Lassen Sie uns noch mal zu der freien Assoziation zurückkehren, die wir am Anfang ausprobiert haben.»
    «Ich will aber über das reden, was gerade passiert ist», widerspreche ich.
    «Ja, das habe ich gemerkt. Aber erstens: Sie sind heute einfach so zu mir gekommen, also bestimme ich die Regeln. Und zweitens: In diesen Übungen geht es genau darum, die Instinkte zu untersuchen, die Sie nicht beachtet haben; spucken Sie aus, was auch immer Sie gerade fühlen, und sehen Sie es sich anschließend genau an, anstatt es so tief zu vergraben, dass Sie nie wieder drankommen.»
    «Womit wir wieder bei meinen Mauern wären.»
    «Wir haben Ihre Mauern nie überwunden.»
    Ich seufze. «Habe ich Ihnen eigentlich erzählt, dass ich während der Highschool Eiskönigin genannt wurde?» Sie schüttelt den Kopf. «Tja, war aber mein Spitzname. Wurde mir zumindest berichtet.» Ich muss an den Song der Beatles denken, nach dem ich zumindest teilweise benannt worden bin. Es ist ein Lied über die einsamste Frau der Welt! Gott!, denke ich. Eigentlich hatte ich doch gar keine Chance.
    «Und was sagt das über Sie?», fragt Liv.
    «Es sagt mir, dass ich sehr lange Expertin darin war, wie Sie es nennen, meine Gefühle ganz tief in mir zu begraben.»
    «Und jetzt?» Watson ist mit seinem vollgesabberten Ball zurück. Dieses Mal hebe ich ihn auf und werfe ihn so weit, wie mein gezeichneter Körper es zulässt.
    «Und jetzt», antworte ich, «ist es vielleicht endgültig Zeit, etwas zu ändern und ans Licht zu holen, was auch immer so tief in mir vergraben liegt, um meine Intuition zu befreien.»
    «Ich dachte, Sie glauben, dass Menschen sich nicht ändern können.» Sie sieht mich an und lächelt.
    «Auf mich dürfen Sie nicht hören.» Ich lächle zurück. «Wissen Sie nicht, dass ich mein Gedächtnis verloren habe?»

    «Mein Gott, ich war nicht mehr mit dem Auto unterwegs, seit ich damals nach dem zweiten Studienjahr das College geschmissen habe», stellt Anderson fest und macht es sich auf dem Fahrersitz des Geländewagens bequem, den wir Montagmorgen bei Hertz gemietet haben. Der Wagen stinkt nach mit billigem Zitronenraumspray übertünchtem kaltem Zigarettenrauch. Unter andern Umständen hätte ich mich vielleicht beschwert und ein anderes Auto verlangt, aber heute ist nicht früher, und ich versuche zu beherzigen, worum Samantha mich schon bat, es nicht so wichtig zu nehmen. Wer aus den Wolken gefallen ist und den nicht vorhandenen Überlebenschancen ein Schnippchen geschlagen hat, dem sollten Kleinigkeiten nicht mehr so wichtig sein. Also schnalle ich mich an und atme tief durch, bis mein Geruchssinn sich daran gewöhnt und ich gar nicht mehr wahrnehme, was mich eben noch so aufgeregt hat – die Übelkeit erregende Mischung aus Nikotin und künstlichem Zitrusduft.
    «Wo bist du hingefahren?», will ich wissen. «Auf deiner Reise?»
    «Zusammen mit meinem Studienkollegen haben wir meinen alten Volvo beladen und sind von Poughkeepsie nach L.A. gedüst.» Er fängt an zu lachen, auch wenn er nicht mit mir teilt, woran genau er sich erinnert – die schäbigen Hotelzimmer, die Truckstop-Kellnerin, die er zu sich ins Bett gelockt hat, der Platten kurz vor Salt Lake City. «Meine Güte, ich sollte meinen Kumpel echt mal wieder anrufen.» Er schüttelt den Kopf und murmelt, mehr zu sich selbst: «Ich habe ihn seit Ewigkeiten nicht mehr gesprochen.»
    «Ich kann mich nicht daran erinnern, je mit dem Auto unterwegs gewesen zu sein», bemerke ich. «Man könnte es also durchaus als Jungfernfahrt bezeichnen.»
    «Und Rory? Kommt sie mit?»
    «Nein.»
    Er nickt, weil er weiß, dass es Dinge gibt, die man loslassen kann und andere eben nicht. Man muss Grenzen ziehen, und vielleicht ist dies meine Grenze. Denn obwohl ich vom Himmel gefallen bin und den nicht vorhandenen Überlebenschancen ein Schnippchen geschlagen habe, heißt das nicht,

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