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Ein Sommer und ein Tag

Ein Sommer und ein Tag

Titel: Ein Sommer und ein Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Allison Winn Scotch
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Turnhalle rumgedrückt hätte – mit Vollbart und Schlapphut –, und immer so weiter. Aber es war wie beim Monster von Loch Ness: tausendmal gesichtet, nie bewiesen.»
    Mir wird ganz leicht im Kopf, und mein Herz fühlt sich an, als würde es jeden Moment explodieren. Es konnte doch nicht so einfach sein, oder? Dass er irgendwo da draußen war und uns beobachtete, zwar tat, was er für sich tun musste, uns aber dabei nie aus den Augen verlor, sich von ferne zu uns hingezogen fühlte? Nach allem, was ich bis jetzt gehört habe, kommt mir das absolut unplausibel vor, aber … aber trotzdem. Die Vorstellung gibt mir etwas, an dem ich mich festhalten kann.
    Tina scheint meine Gedanken zu lesen. «Hätte ich dir das lieber nicht erzählen sollen? Scheiße! Tut mir leid, wie gesagt, ich rede zu viel.»
    Ich atme aus, um mich zu beruhigen, und sehe sie einen Augenblick lang stumm an. Sie verblüfft mich, diese Tina Marquis. Oberflächlich betrachtet ist sie eine wandelnde Barbie-Puppe, ein Mädchen der Oberschicht von Westchester, das auf Dallas-Cheerleader macht. Durchdringt man diese Oberfläche jedoch, wird einem augenblicklich klar – angefangen bei ihrem Eckbüro mit Aussicht bis hin zu der Tatsache, dass sie mir haargenau die Geschichte erzählt hat, die ich hören musste –, dass sehr viel mehr in ihr steckt. Wieder einmal der Gegenbeweis für meine vermeintliche Gewissheit, dass Menschen – Jasper, Rory, meine Mutter, Peter – sofort zu durchschauen sind. Ich lehne mich in meinem Ledersessel zurück und denke darüber nach: dass Menschen einen doch immer wieder überraschen können.
    «Danke, dass du mir das erzählt hast», sage ich. «Ehrlich. Das hätte ich sonst nie erfahren.»
    «Bist du dir denn sicher, dass es überhaupt stimmt?», fragt Sam leise. Ich hatte völlig vergessen, dass sie auch noch da ist. «Du darfst nicht vergessen, dass es vielleicht gar nicht so war.»
    «Vielleicht aber doch», sagen Tina und ich wie aus einem Mund.
    «Ich glaube, deshalb waren wir beste Freundinnen», bemerkt sie und schenkt mir ihr strahlendes Alabasterlächeln. Dann wedelt sie mit den Händen – eine zugleich vernünftige und flatterhafte Geste. «Wie dem auch sei. Kommen wir zum Geschäft, ehe gleich wieder das Telefon klingelt. Du wolltest etwas über die Wohnung wissen, die ich dir gezeigt habe.»
    «Ja. Ich, ich hoffe, dass es etwas in mir anstoßen wird.»
    «Also, ich habe den jetzigen Mieter angerufen und ihm den Sachverhalt geschildert. Er wusste, wer du bist. Von dem Unfall, meine ich.» Sie räuspert sich. «Er hat gesagt, wenn du möchtest, könntest du im Laufe der Woche gerne bei ihm vorbeischauen. Bis dahin habe ich das hier für dich.» Sie schiebt ein paar Unterlagen – Prospekte, Fotos, einen Grundriss – über den Tisch.
    «Kommt dir irgendwas bekannt vor?», fragt Sam. Dann klingelt das Telefon, genau wie Tina es vorhergesehen hat.
    Die Wohnung ist exakt so, wie Tina sie beschrieben hat: eine unverputzte Ziegelwand, hohe, weite Decken. Nach hinten gehen weit geöffnete Fenster auf den East River hinaus. Etwas daran fühlt sich vertraut an, und dann weiß ich plötzlich, was: die Bilder meines Vaters; das Wasser und die lebendige frische Luft sind immer seine Musen gewesen.
    Tina legt die Hand auf die Sprechmuschel und flüstert: «Hör mal, es tut mir leid, aber das ist ein megawichtiger Kunde, dem gerade ein Deal geplatzt ist. Können wir uns später weiter unterhalten?»
    Ich nicke und stehe mühsam auf. Sam legt mir stützend die Hand auf den Rücken, falls ich strauchle.
    «Soll ich was vereinbaren?», fragt Tina, den Hörer zwischen Ohr und Hals geklemmt.
    «Was denn vereinbaren?»
    «Wegen der Wohnung – willst du sie sehen? Würde dir das helfen?»
    Würde mir das helfen? Ich denke nach. Wer kann das im Augenblick schon sagen?

    «Also, hör zu», sagt Sam im Taxi auf dem Weg zur Galerie. «Du weißt, dass ich dich in allem, was du machst, immer unterstütze. In allem . Vielleicht weißt du es auch nicht. Vielleicht erinnerst du dich nicht daran. Aber ich kann kaum mit ansehen, wie du all deine Hoffnungen auf diese eine Geschichte setzt.»
    «Das kann man doch nicht als Geschichte bezeichnen!»
    «Nein, aber früher hast du nie von deinem Vater gesprochen. Da gab es dieses verbohrte Interesse am Aufspüren seines Vermächtnisses nicht.»
    «Ich habe eine Galerie geführt, die ausschließlich auf seinem Vermächtnis gründet. Das kann also nicht ganz stimmen.»
    Sie seufzt, und wir

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