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Ein Sommer und ein Tag

Ein Sommer und ein Tag

Titel: Ein Sommer und ein Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Allison Winn Scotch
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sehen beide auf unserer jeweiligen Seite zum Fenster hinaus.
    «Ich will damit nur sagen, dass du dich früher davon nie so hättest auffressen lassen.»
    «Kann sein. Aber lassen wir das jetzt», winke ich ab, obwohl mir überhaupt nicht danach ist. Was, wenn er wirklich dagewesen ist, meinetwegen? Was, wenn er mit aller Kraft gegen seine Selbstsucht angekämpft und seine Fehler aus tiefstem Herzen bereut hat? Würde das, könnte das nicht alles ändern? Ihn ändern? Die Vergangenheit ändern? Oder habe ich bereits gewusst, dass er für mich zurückgekommen ist, und es wie so vieles nach dem Unfall wieder vergessen? Ich schüttle den Kopf. Von diesen ewig kreisenden Gedanken kriege ich Kopfweh. Woher soll ich wissen, wer ich bin, wenn ich nicht mal weiß, was ich wusste? Nicht mal weiß, was von Bedeutung war, was Relevanz hatte oder was gar nichts geändert hätte, auch wenn ich jetzt denke, dass es etwas ändern würde?
    Sam lacht. «Mich täuschst du nicht, Nell Slattery. Ich sehe bis hier, wie es in deinem Hirn rattert. Ich kenne dich viel zu gut.»
    «Okay, was wäre denn dabei, wenn ich mich noch etwas länger damit befasse? Was, wenn er sich geändert und seine Fehler eingesehen hat? Was, wenn er zu meiner Abschlussfeier gekommen ist, um sich zu entschuldigen?»
    «Ja, was dann?» Das Taxi hält, und Sam greift nach ihrem Geldbeutel.
    «Tja, ich weiß es nicht.» Ich zögere. «Es wirkt auf mich, als sollte das etwas ändern – mich vielleicht.»
    «Vielleicht wird es das», sagt sie. «Auch wenn du immer der Meinung gewesen bist, dass Menschen sich nicht ändern können.» Sie zieht die Nase kraus. «Ich könnte schwören, dass du in dem Philosophiekurs, den wir im letzten Jahr belegt hatten, mal einen Aufsatz darüber geschrieben hast.»
    «Ich bin gerade dabei, diese Theorie zu überdenken. Tina verwirrt mich. Sie ist ganz anders, als ich vermutet habe.»
    «Das bedeutet aber nicht, dass dein Vater auch anders ist, als du dachtest.»
    «Und was ist mit Peter?», frage ich. Rory winkt mir durch das Schaufenster zu. Sie bedeutet mir mit einer herrischen Geste, mich zu beeilen, ein nervtötendes Wedeln mit dem Handgelenk, als gäbe es im Augenblick auf der ganzen Welt nichts Wichtigeres, als meinen Platz an ihrer Seite einzunehmen. «Peter hat sich auch geändert.»
    Sam öffnet statt einer Antwort die Wagentür.
    «Glaubst du nicht?», rufe ich halblaut über das Autodach, während sie zu mir herüberkommt.
    «Ich bin mir sicher, dass er eine ziemlich gute Show abgeliefert hat. An deiner Seite geblieben ist. Loyal und unerschütterlich.»
    «Das ist doch schon was. Ich meine, ist das keine Veränderung?» Rory bekommt hinter der Fensterscheibe inzwischen fast einen Herzinfarkt. Ich bedeute ihr mit ausgestrecktem Arm und erhobenem Zeigefinger: Moment!
    «Das ist der einfache Teil.» Sam hakt sich bei mir ein, und wir betreten die Galerie. «Was wirklich zählt, ist, dass gleichzeitig auch andere Dinge in Bewegung kommen.»
    «Tja, das ist der Haken daran, oder?»
    «Ja», bestätigt sie. «Es gibt immer einen Haken.»

[zur Inhaltsübersicht]
    20
«Dont’t Stop Believing»
Journey
    ***
    I ch öffne die Tür zur Galerie und werde von einem klimpernden Windspiel begrüßt. Dank Partyservice hängt eine köstlich duftende Mischung aus frischgebackenen Plunderteilchen und Quiche Lorraine in der Luft. Die altehrwürdige Band Journey wird den musikalischen Hintergrund des Abends gestalten, was, wie Rory mir gestern erklärt hat, gleichzeitig ironisch und nostalgisch gemeint ist. Als ich ihr gestand, dass ich die Anspielung nicht verstünde, klappte sie den Mund zu – sie erinnerte mich an einen Tropenfisch – und verließ beleidigt den Raum.
    Jetzt begrüßt sie mich mit den Worten: «Weißt du eigentlich, wie spät wir dran sind?» Hinter ihr stößt ein Kellner aus Versehen zwei vollbeladene Servierplatten aneinander, und wir drehen uns beide um, um uns zu vergewissern, dass kein Unglück geschehen ist. Unglück! Als könnte ein Berg durcheinandergepurzelter Miniwiener im Schlafrock als Unglück bezeichnet werden.
    «Nein. Wie spät sind wir denn dran?»
    Falls sie meinen Spott herausgehört hat, lässt sie sich nichts anmerken.
    «Wir sind sehr, sehr spät dran. Wir erwarten heute Abend ungefähr zweihundert Gäste zu Hopes allererster Vernissage. Das Team von American Profiles kommt –»
    «Deine Idee, nicht meine», falle ich ihr ins Wort.
    «Wieso kapierst du eigentlich nicht, was Publicity bedeutet?»,

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