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Ein Sommer unwahrscheinlichen Gluecks

Ein Sommer unwahrscheinlichen Gluecks

Titel: Ein Sommer unwahrscheinlichen Gluecks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Mundson
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Verteidigung muss ich sagen, dass wir auf unserer Torte kein Hochzeitspärchen hatten. Wir hatten auch keine dorischen Säulen, um uns aufrecht zu halten. Wir glaubten nicht, dass die Institution Ehe und ihr gesellschaftlicher Rückhalt uns eine Stütze wären. Wir wollten uns gegenseitig und als Individuen stützen.
    Ob wir trotzdem irgendwo in luftiger Höhe auf einer Scheibe aus Zucker standen? Glaubten wir, unsere Träume könnten sich sonst nicht erfüllen?

    Welch eine Täuschung. Kein Wunder, dass die meisten Leute in ihren Zwanzigern heiraten. Und jetzt begreife ich, warum so viele ältere Paare sich barfuß an irgendeinem Strand das Ja-Wort geben. Ganz ohne Torte. Dafür mit viel Tanz und Rum.
    Die giftigste Zutat in unserer Hochzeitstorte damals war also eine gehörige Portion Selbstüberschätzung. Wir meinten, dass die Kraft unserer Verbindung nicht nur auf unserer Liebe und dem Umstand, dass jeder von uns sich mit seiner ganzen Persönlichkeit auf den jeweils anderen einließ, beruhte … und vielleicht auch auf dem unbedingten Glauben an den Mythos der Ehe … sondern auf einem weitaus gefährlicheren Mythos. Nämlich dem, dass unsere Einmaligkeit, unser Privilegiertsein ein sicheres Versprechen bedeutete: Wir würden erfolgreiche Karrieren hinlegen, und der Erfolg würde uns treu bleiben, bis dass der Tod uns von ihm schiede. Diese Annahme ist wie eine Zyankalikapsel, die leider viel zu viele Verheiratete mit sich herumtragen. Und wenn man dann einmal die vierzig überschritten hat … dann kann es passieren, dass man den Irrtum bemerkt.
    Ich habe es deutlich vor Augen, während ich hier so in meinem Bett liege: Mein Mann hat auf diese Giftkapsel gebissen, als es beruflich mit ihm bergab ging. Er hat ihren Inhalt geschluckt und ist gesprungen. Und ich bin oben geblieben, bis mein Vater starb und meine eigene Karriere endgültig gescheitert schien. Und bin dann gesprungen? In der Hoffnung, ihn zu finden?
    Allerdings habe ich ihn nicht gefunden.
    Ich schätze, ich musste zuerst mich selbst finden. Genau das habe ich in Italien gefeiert.
    Und wo ist er jetzt? Wo befinden wir beide uns? Wo bin ich? Bin ich wieder obenauf, während er unten liegt, mit dem
Gesicht im Zuckerguss, um mir das Opfer vorspielen zu können? Wie sehr hängt unsere Ehe eigentlich davon ab, wer von uns der Gefallene ist? Mir ist allein die Vorstellung schon ein Gräuel.
    Dieses ganze Aufsteigen und Herabstürzen widert mich an. Ich möchte einen gleichrangigen Partner. Ich wünsche mir, in guten wie in schlechten Tagen und in allem, was dazwischen liegt, zu lieben und geliebt zu werden.
    »Wie konnte es mit uns nur so weit kommen? Ich schäme mich für uns. So hatten wir nicht werden wollen.« Ich ertappe mich dabei, dass ich laut mit mir selbst rede. So, als könnten die Schatten, die das Mondlicht auf den Rasen wirft, mir eine Antwort darauf geben. Ist es mein Fehler? Habe ich das Wesen meines Mannes nicht ausreichend gewürdigt? Geht es hier tatsächlich um geplatzte Träume? Um eine gescheiterte Karriere? Oder kann man aus einer Liebe wie der unseren regelrecht herausfallen? Ist unsere Beziehung so angreifbar?
    Ich schätze, ich bin eine Närrin. Denn ich dachte immer, dass Liebe, oder zumindest unsere Liebe, größer als Geld oder Arbeit oder Stolz wäre. Von jenem ersten Augenblick an, als wir uns in die Augen sahen, hatte ich immer das Gefühl, wir wären anders. Vielleicht war das ein Irrtum.
    Meine Gedanken rattern weiter wie die Güterzüge in der Ferne, wenn ich nachts in meinem Kinderzimmer wach lag.
    Ist das seine Vergeltung dafür, dass ich nicht so erfolgreich war, wie er das von mir erwartet hätte? Heißt das, weitergedacht, dass seine Liebe zu mir an Bedingungen geknüpft ist? Diese Vorstellung drückt mich noch tiefer in die Laken.
    Sind meine Fehler die Ursache seiner fehlenden Zuneigung? Sind sie demnach unverzeihlich? Und spielt die Antwort auf diese Frage noch eine Rolle, wenn ich meine Unzulänglichkeiten eingestanden habe? Wie groß ist sein Bedürfnis,
mir meine Fehler und Schwächen nachzuweisen? Ich laufe doch auch nicht herum und versuche, ihm etwas anzukreiden, selbst wenn er sein Möglichstes tut, mich zu verletzen.
    Ist die Tatsache, dass ich selbst meine schärfste Kritikerin bin, denn zu gar nichts nütze? Oder das Wissen, zu diesem Zeitpunkt meines Lebens eigentlich schon auf so vieles stolz sein zu können. Doch stattdessen habe ich eher das Gefühl, in Scham zu ersticken.
    Ich ziehe mir die Decke

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