Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Sommer unwahrscheinlichen Gluecks

Ein Sommer unwahrscheinlichen Gluecks

Titel: Ein Sommer unwahrscheinlichen Gluecks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Mundson
Vom Netzwerk:
könntest du ja nach ihrer Meinung fragen.« Dabei belasse ich es, wie eine kleine tickende Stoppuhr.
    Interessanterweise erwidert er darauf: »Das wäre vielleicht eine gute Idee.«
    Wir sind uns auch einig, dass wir uns irgendwo ohne Kinder in Ruhe zusammensetzen und ein ausführliches Gespräch führen müssen.
    Ich weiß, dass er im Sinn hat, bei dieser Unterhaltung die Sache mit seiner Junggesellenbude in der Stadt durchzuboxen.
    Ich führe dagegen etwas ganz anderes im Schilde.
    Er schläft heute Nacht auf der Couch. Ich schlafe in unserem Bett. Ein paarmal wache ich auf und lese mir die Liste durch. Niemals hätte ich gedacht, dass ich meine letzte Hoffnung aus einer Website namens Divorce.com schöpfen würde.
    Ich kenne diesen Mann. Wenn er etwas nur genug will, dann bekommt er es auch irgendwie. Und da ist er nun, Auge in Auge mit einem seiner größten Träume, und er verwirft ihn, ohne sich die Sache auch nur näher anzusehen. Dabei bin ich überzeugt davon, dass er diesen Hubschraubertraum realisieren könnte.
    Es scheint, als hätte er aufgegeben. Als wolle er sich stechen und verbrennen. Als habe er solche Träume auch nie geträumt. Als wären das lauter Lügen. Oder schlimmer noch, als fürchte er sich vor ihnen. Und nun hat er einen so dicht vor Augen, dass er geradezu überwältigt ist. Es scheint, als wolle er tatsächlich gar keinen Erfolg.
    Wer ist dieser Mann? Ich erkenne ihn nicht wieder. Wo ist der Mann, der in Boston noch zusammen mit der Frau, die er
liebte, seine Flügel ausbreiten wollte, um zu sehen, wohin sie ihn trügen?
    Jetzt, in den frühen Morgenstunden, ist die richtige Zeit für meine Unzufriedenheit. Ich bewege mich auf einem schmalen Grat und drohe, Partei zu ergreifen. Und in diesem Moment würde ich mich natürlich für meine Seite entscheiden. Ich habe schließlich alles daran gesetzt, meine Träume zu realisieren. Zwar ist es mir noch nicht gelungen, meine Bücher zu veröffentlichen, aber immerhin habe ich viele geschrieben. Und ich habe meine Werkzeuge geschliffen, damit sie scharf und einsatzbereit sind. Diese Tatsache kann ich jede Nacht unter mein Kopfkissen legen. Ich bin stolz auf mich. Selbst wenn ich damit allein dastehe. Ich habe meinen Beweis erbracht. Am Ende des Tages.
    Und was kann er sich selbst als Beweis vorlegen?
    Habe ich vielleicht einen Schwächling geheiratet? Einen Loser? Jemand, dem es bestimmt ist, sich stechen und verbrennen zu lassen? Einen Menschen, der sogar seine eigene Fähigkeit zu lieben infrage stellt?
    Die einzige Frage meines Vaters an ihn, als wir unsere Verlobung bekannt gaben, lautete: »Kannst du einen Job auch über einen langen Zeitraum hinweg halten?« Damals haben wir uns darüber amüsiert, so sehr glaubten wir an unsere Zukunft.
    Ich kann von mir behaupten, dass alle meine Träume echte Ziele waren. Galt das für seine etwa nicht?
    Ich fühle mich hintergangen. Ich hatte gedacht, wir wären Gleichgesinnte. Verwurzelt in unserer Liebe und unseren Träumen. Waren wir in Wirklichkeit nur wie die Hochzeitspärchen aus Wachs auf den Zuckergussplatten der Hochzeitstorten? Auf Halter gestützt und dazu bestimmt, irgendwann umzufallen? Und das noch nicht einmal gemeinsam? Irgendwo
in den Höhen der Fantasie, nicht in der Realität geerdet? Und wurden wir dann, während die Jahre ins Land gingen, zum Schatten aus James Joyces Prophezeiung in Ulysses : »Zu ihrem maßlosen Verdruss entdeckten [sie], dass ihr Idol tönerne Füße hatte, nachdem sie ihn auf ein Piedestal gestellt [hatten]«? Ref 5
    Ich denke über das Unbehagen nach. Waren wir füreinander vielleicht nur irgendwelche Idole, Götzenbilder? Und mussten wir nach Jahren herausfinden, dass wir der Statue glichen, die der babylonische König Nebukadnezar im Traum sah: Der Kopf aus Gold, die Füße jedoch aus Eisen und aus Ton.
    Ich muss an den Moment denken, als ich meinen Mann bat, wie David zu posieren. Vielleicht habe ich uns genau damals zu unserem späteren Absturz verdammt. Einem tiefen Absturz.
    Mein Gott. Ich finds einfach schrecklich.
    Mir ist, als ich an diesem Abend allein im Dunkeln liege, durchaus bewusst, dass Nebukadnezars Statue durch Schläge auf die Füße – ihren Schwachpunkt – zu Fall gebracht wurde. Vielleicht war unsere versteckte Schwäche einfach, dass wir uns für Glückskinder hielten. Für anders. Für etwas Besonderes. Was waren wir bloß für Idioten. Oder wie meine Großmutter es ausgedrückt hätte: »Verirrte Schäfchen.«
    Zu unserer

Weitere Kostenlose Bücher