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Ein Spiel, das die Götter sich leisten

Ein Spiel, das die Götter sich leisten

Titel: Ein Spiel, das die Götter sich leisten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Selim Özdogan
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die Bettdecke raschelt nicht, der Atem ist kaum hörbar. Es ist still. Er sagt: Hörst du, wie ich dich liebe?
     
    Die Schatten waren schon lang, als wir aus dem Bus ausstiegen. Das schien keine besonders große Stadt zu sein, zumindest hatte sie keinen richtigen Busbahnhof. Wir standen auf einem großen, unbefestigten Platz, ein paar Händler priesen ihre Waren auf Holzwagen an, Menschen warteten und Busse hielten, Leute stiegen ein und aus, und die Busse fuhren weiter, ohne daß einsichtig gewesen wäre, welches Ziel sie hätten.
    Sobald wir den Platz verlassen hatten, legte Joshua seinen Rucksack ab und stellte ihn auf die Erde. Dann blickte er sich erst mal in Ruhe um. Das gefiel mir. Eileen sprach einen Passanten an, ich verstand fast nichts, meinte aber ein Hotel rauszuhören.
    – Er sagt, es gäbe zwei billige Unterkünfte, das eine ist ein Häuschen, das man mieten kann, mit Küche und allem, und das andere ein ganz normales Hotel, erklärte Eileen uns.
    – Du kannst diese Sprache? fragte ich.
    – Ja, sagte sie, ich habs hier gelernt. Ich hab ein Talent dafür, es fällt mir leicht. Wenn ich zwei Wochen irgendwo bin, kann ich mich meistens schon ein wenig unterhalten. Es ist sehr wichtig, die Sprache zu können, wenn man die Mentalität verstehen will. Die Sprache ist ja der Spiegel der Seele.
    Es wunderte mich, daß jemand, der eher zurückhaltend wirkte, so schnell Sprachen zu lernen schien.
    – Nehmen wir das Häuschen, sagte Joshua, das hört sich besser an als ein anonymes Hotelzimmer.
    – Für uns lohnt sich das kaum, sagte Oriana, wir haben insgesamt nur noch vier Tage.
    Ich nickte zustimmend, wir entschieden uns gemeinsam für das Hotel, Eileen hatte sich den Weg erklären lassen.
    Die Luft war hier weicher als am Meer, die Bäume spendeten Schatten, viele der Holzhäuser hatten Vorgärten, und es schien kaum Touristen zu geben. Ab und zu drehten sich die Leute auf der Straße nach uns um.
    An der Rezeption saß eine dicke alte Frau in einem speckigen Kittel, rauchte Zigarre und freute sich sehr über Eileens Sprachkenntnisse. Wir bekamen zwei nebeneinander gelegene Zimmer im ersten Stock.
     
    Nach dem Abendessen fanden wir eine kleine Bar mit uralten Holzstühlen und Tischen, in die jeder schon seinen Namen, den seiner Geliebten, das Datum und sein Lebensmotto eingearbeitet hatte. Wir saßen in einer dunklen Ecke und tranken Wein, Eileen übersetzte uns die Sprüche auf der Tischplatte: Das Leben ist kein Heimspiel. Die Sonne hat den richtigen Abstand zu den Dingen. Rauschgift ist eine spirituelle Form des Glückspiels. Jede Suche nach Wahrheit ist Religion. Vagina – ein nettes Plätzchen, aber nicht zum Wohnen. Das schienen ja seltsame Menschen zu sein, die vor uns hier gesessen hatten. Wir lachten, scherzten, wurden trunken. Völlig unvermittelt fragte Joshua:
    – Wovor habt ihr Angst im Leben? Als keiner etwas antwortete, sagte er:
    – Es interessiert mich, es interessiert mich wirklich. Wir kennen uns kaum, und wir können auch so weiterreden wie bisher, aber ich würde es gerne wissen.
    Oriana zuckte mit den Schultern, strich sich durchs Haar, stützte ihr Kinn in die Hand und sagte:
    – Ich habe Angst, meine Familie zu verlieren, Angst, ohne Geld und Halt zu sein, Angst vor der Zukunft, Angst, daß meinen Schwestern etwas passiert, Angst … Ich mache mir viele Sorgen.
    Joshua sah mich an.
    – Erschöpfung und Einsamkeit.
    – Ich habe Angst davor, mein Leben in dieser Dunkelheit zu verbringen, sagte Eileen.
    Dazu fielen mir gleich zwei Sachen ein. Die behielt ich aber für mich.
    Es war nicht so sehr die Dunkelheit der Nacht, die mich störte, sondern die abscheulichen Lichter, die der Mensch erfunden hatte, um diese Dunkelheit zu erhellen.
    Und wenn wir dann guten Willens in den Büchern suchen, von denen es heißt, sie seien ein Licht in der Finsternis, so finden wir mit dem besten Willen der Welt nur ganz bitter wenig Sicheres, und nicht immer genug, um uns persönlich zu trösten.
    Ich fand das albern, was wir hier gerade machten. Ja, man konnte darüber reden, aber doch nicht so, als sei man in einer Selbsthilfegruppe gelandet, wo alle ohne Hemmungen ihre Befindlichkeiten preisgaben und auf Befehl Nähe zuließen. So etwas mußte mit einer gewissen Beiläufigkeit und etwas Humor passieren. Humor war etwas, das ich auch bei vielen aus meinen Yogakursen vermißt hatte, gerade bei den Fortgeschrittenen, die oft sehr ehrgeizig und ernsthaft waren, Kontrollfreaks, die nun endlich

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