Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Spiel, das die Götter sich leisten

Ein Spiel, das die Götter sich leisten

Titel: Ein Spiel, das die Götter sich leisten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Selim Özdogan
Vom Netzwerk:
nicht bewegen, ich wollte ganz starr daliegen und wieder einschlafen. Ich atmete nur langsam, alles tat mir weh. Oder nein: Meine Hände und Füße waren noch schmerzfrei. Mein Nacken fühlte sich an, als habe ihn jemand ausgehöhlt und mit brodelndem, stinkendem Pech gefüllt. Mein Kopf war von der himmlischen Rache heimgesucht worden, eine finstere Ödnis, nur Pein und Entsetzen waren zurückgeblieben. Zu allem Überfluß schwitzte ich und stank. Ich tastete nach Oriana, auch sie schwitzte, das Kleid klebte ihr am Leib. Die Sonne scheint viel zu hell, stellte ich fest, als ich blinzelte.
    Nachdem ich gepinkelt und Wasser aus der Leitung getrunken hatte, legte ich mich langsam wieder hin und verfiel in einen unruhigen Zustand, in dem ich nicht richtig schlief, aber auch nicht wach war. Gedanken schlingerten in meinem Kopf herum, und es war, als müßte ich die Fetzen nur richtig zusammensetzen, um die Erkenntnis zu erlangen, wie man in einen heilsamen Schlafe fallen konnte. Wein und Weib betören die Weisen. Als der Jasmin blühte und ich mich um Aspirin bemühte. Kein Wasser kann meinen Durst löschen. Der Teufel furzt mir in die Nase. Er will mich zu Lausbubereien und schlimmeren Dingen verleiten. Bambule. Hatte nicht Salomo siebenhundert Hauptfrauen und dreihundert Nebenfrauen. Liebte er nicht die Ausländerinnen. So prüft der Wein die Mutwilligen. Schließlich schlief ich doch ein.
    Als ich wieder erwachte, schien es schon Mittag zu sein. Oriana lag nackt auf dem Bauch, ein Bein angezogen, es erinnerte mich an einen Flamingo. Mein Kopf schmerzte noch, doch mir kam ein Gedanke, der mich erheiterte. Joshua und Eileen ging es nicht anders. Das war keine Schadenfreude, die ich empfand, sondern eine Art Befriedigung festzustellen, daß zwei Menschen auf der Suche nach Erleuchtung und einer friedlichen Art zu leben, zwei Vegetarier, die von ahimsa, Gewaltlosigkeit, redeten und davon, sich von Begierden zu befreien, daß zwei solche Menschen sich auch ganz gehörig einen auf die Lampe gossen.
    Die beiden schienen nicht zu den spät bekehrten Fanatikern zu gehören, für die ich sie zunächst gehalten hatte, trotz ihres Geredes von Ganzheitlichkeit, Liebe, Frieden, Meditation, innerem Selbst, reinem Bewußtsein, Samadhi und den sieben Stufen der Erkenntnis und den acht Pfeilern des Buddhismus. Das machte sie mir sympathischer, daß sie anscheinend keine Puristen waren.
    Auf mich wirkte diese Disziplin der Glücksuchenden immer abschreckend. Im Reich der Seligkeit konnten keine Regeln herrschen. Regeln waren für Barbaren, technische Fertigkeiten für Troglodyten. Weg mit dem Yoga, dem Zen, dem Karma, der Wiedergeburt, der Psychologie, hinfort mit dem Geld, der Schüchternheit, den Sorgen, den Begierden, den Ängsten, den Leidenschaften. Das Glück mußte kommen mit einem Wind, der alles wegbläst. Essen, schlafen, Sex, mehr brauchte es nicht, essen, schlafen, Sex, voller Konzentration, ohne Ablenkung und mit ein wenig Humor. Mehr brauchte es nicht, aber wie sollte man dorthin gelangen? Nicht im Stehen einen Burger runterzuschlingen, nicht beim Sex an eine andere zu denken oder in Phantasien zu versinken, um die Erektion zu halten? Nicht von Alpträumen gequält zu werden? Nicht morgens aufzuwachen und festzustellen, daß man die ganze Nacht die Zähne aufeinandergebissen hatte?
    Essen, schlafen, Sex, und zwar nicht in einer dieser Städte, wo keine Straßen für die Freude und den Tanz gebaut waren, daraus könnte Liebe entstehen, eine heilige Liebe, bar jeder Sorgen.
    – Ich hab Durst, stöhnte Oriana, die Seide war aus ihrer Stimme verschwunden, da war nur noch Sand.
    – Wie du dich anhörst.
    – Wundert mich auch. Gestern abend hatte ich noch meine normale Stimme.
    – Kopf?
    – Hmmm.
    – Weißt du noch, der Kerl im Paradiso, der sich mit den Caipirinhas auf die Fresse gelegt hat, diese Limetten in seinem Schoß und das dämliche Gesicht? Er sah aus wie ein Gummibärchen, das versucht einen Orgasmus vorzutäuschen.
    Es funktionierte, Oriana mußte lachen. Lachen müssen, trotz Schmerzen, ob Kopf, Bauch oder Glieder, Tränen oder Trauer, was gab es Besseres.
     
    Fast zwei Stunden später, nach einer Dusche und etlichen Gläsern frisch gepreßtem Grapefruitsaft von einem Stand an der Ecke, klopften wir an Eileens und Joshuas Tür. Wir erhielten keine Antwort.
    – Glaubst du, sie schlafen noch? fragte Oriana.
    – Vielleicht sind sie weg, sagte ich.
    Die dicke Frau an der Rezeption, die in einer

Weitere Kostenlose Bücher