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Ein Spiel, das die Götter sich leisten

Ein Spiel, das die Götter sich leisten

Titel: Ein Spiel, das die Götter sich leisten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Selim Özdogan
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durchgeschwitzten Bluse dasaß und sich mit einem Taschentuch den Schweiß von der Stirn tupfte, wobei das Fett an ihren Oberarmen wackelte, sagte, die beiden hätten heute morgen gefrühstückt und dann das Hotel verlassen. Aber sie hatten nicht ausgecheckt, wenn ich sie richtig verstand.
    – Sollen wir sie suchen gehen? fragte Oriana.
    – Hättest du eigentlich gewollt?
    – Was?
    – Na was schon?
    – Was denn?
    – Partnertausch, Vierer, Bäumchen Wechsel dich, Swingerparty, Gruppensex, nenn es, wie du willst.
    – Du meinst wir und …
    – Ja, genau.
    – Wie kommst du darauf?
    Sie sah wirklich unschuldig aus.
    – Joshua hatte seine Finger doch fast schon in deiner Möse.
    – Wie bitte? Du willst mich auf den Arm nehmen.
    – Gestern abend in der Bar, er hatte seine Hand unter Eileens Rock und hat angefangen deinen Oberschenkel hochzuwandern, bis fast …
    Ich suchte nach einer Reaktion in ihrem Gesicht. Ihre Erinnerung an den Abend schien schon vorher abzubrechen.
    – Warum hast du nichts getan?
    – Du bist aufgestanden und auf die Toilette gegangen. Dann hat er mir ein deutliches Angebot gemacht.
    – Und?
    – Ich mußte lachen.
    Orianas Gesicht wurde dunkler.
    – Oh, mein Gott. Warum hast du nicht vorher etwas gesagt? Und wir klopfen auch noch an ihre Tür. Nein, wie schrecklich, murmelte sie.
    Sie sah ganz verloren aus.
    – Warst du eifersüchtig? fragte sie.
    – Nein.
    Sie ließ sich alles haarklein erzählen, und ich konnte sehen, wie unangenehm ihr das war, auf ihrer Stirn bildeten sich Perlen, die nicht von der Hitze herrührten.
    – Wie soll ich denen denn jetzt gegenübertreten? Mich beschäftigte eher die Frage, wie Joshua und Eileen es geschafft hatten, so früh aufzustehen. Vorhin war mir der Zimmerschlüssel hingefallen, als ich ihn ins Schloß friemeln wollte. Beim Aufheben war mir fast der Schädel geplatzt. Wie hatten sie ein Frühstück runter bekommen?
    – Laß uns schauen, ob wir diesen Myrie finden, sagte ich. Das bringt uns auf andere Gedanken.
    Es gab nur einen einzigen Myrie im Telefonbuch, und nachdem wir in Erfahrung gebracht hatten, daß er ein ganzes Stück außerhalb wohnte, beschlossen wir, ein Taxi zu nehmen.
    Ich war nicht sonderlich aufgeregt, ich hatte kein Gefühl für das, was uns erwartete. Meine Nerven lagen einfach nur blank, nachdem ich so lange betäubt gewesen war, fühlte ich mich nun reizbar und überempfindlich.
    Der Fahrer hielt nach einer Viertelstunde vor einem großen, schmiedeeisernen Tor. Ein breiter, unbefestigter Weg führte zu einer riesigen, überdachten Veranda, die zu dem dreistöckigen weißen Haus gehörte. Ich klaubte Geld aus meiner Hosentasche, um unseren Chauffeur zu bezahlen. Der Wagen hatte kein Taxameter, und der Fahrer suchte sich einen großen Schein aus, strich damit über seinen Fünftagebart, bedankte sich, und ich hatte das Gefühl, übers Ohr gehauen worden zu sein.
    Wenn Oktay hier tatsächlich Gärtner war, dann hatte er noch eine Menge zu tun, der Vorgarten war verwildert, es gab einen kleinen Teich voller Entengrütze, jede Menge Farn und Unkraut, etwas, auf das Oriana ganz begeistert zeigte und sagte: Sieh mal, Trollblumen. Einzig ein Rechteck aus kreisförmig geharktem grauem Kies schien gepflegt. In der Mitte war ein kleiner Hügel aufgeschichtet.
    Der große Klopfer an der Tür hatte die Form eines Drachenkopfs und war lauter, als ich erwartet hatte. Man hörte schlurfende Schritte, dann öffnete uns ein hagerer alter Mann mit leicht eingefallenen Schultern und asiatischen Gesichtszügen, die in einem seltsamen Gegensatz zu seiner Körpergröße zu stehen schienen. Er mochte gut zwei Meter groß sein, hatte eine platte Nase, dünne Lippen, graue Augen, die mich an einen Mongolen erinnerten. Der grimmige Ausdruck in seinem Gesicht verschwand kurz, als er Oriana ansah. Noch bevor ich den Mund aufmachen konnte, entschuldigte sich Oriana für die Störung, stellte uns vor und erklärte, warum wir hier waren. Myrie hörte mit unbewegter Miene zu. Vielleicht kann er gar kein Englisch, dachte ich. Als Oriana geendet hatte, konnte ich immer noch keine Reaktion erkennen.
    Wir standen uns gegenüber, die Sekunden tickten, er sah an uns runter, dann wieder rauf, mit einer arroganten Ruhe, die mich störte. Schließlich zog er die Tür weiter auf und bat uns herein. Er führte uns in ein Zimmer mit einem riesigen Holztisch und alten Stühlen mit hohen Lehnen. Nachdem er uns bedeutet hatte, an einem Ende des Tisches Platz zu

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