Ein Spiel, das die Götter sich leisten
fremde Länder, denn er versucht zu erfahren, was bei den Menschen gut und böse ist. Er denkt daran, in der Frühe den Herrn zu suchen, der ihn geschaffen hat, und betet vor dem Höchsten. Er richtet sein Wollen und Wissen darauf, die Geheimnisse des Herrn zu verstehen. Er ist keusch, und ich bin voll brünstiger Gier, ich verzehre mich vor Verlangen. Ich sündige jede Nacht. Jeden Abend, wenn er eingeschlafen ist, treibe ich Unzucht an mir. Manchmal warte ich nicht, bis er schläft, um ihn zu reizen, auf daß er die Herrschaft verliere und überwältigt werde.
– Und dann?
– Dann hat sie mir gezeigt, wie sie Unzucht mit sich treibt. Dabei bin ich aufgewacht.
– Findest du sie schön?
– Ja.
– Begehrst du sie?
– Nein. Wende deinen Blick von schönen Frauen, heißt es, schau nicht nach Reizen, die dich nichts angehen, denn schöne Frauen haben schon viele betört, und Leidenschaft hat sie wie Feuer verzehrt.
Ich wartete, aber nichts geschah. Auch ich hatte einen Traum gehabt, der mich erregt hatte, wieso ergriff sie nicht die Gelegenheit, also meinen harten Schwanz, und befriedigte mich? War sie eifersüchtig? Ich hätte doch genausoviel Grund dazu gehabt wie sie. Ich stand auf und kratzte, dehnte und streckte mich, demonstrierte meine Erektion, doch Oriana ignorierte sie.
Als wir zum Frühstück runtergingen, sagte ich mir: Gib dich nicht der Verstimmung und dem Unbehagen hin, plage dich nicht mit deinen eigenen Gedanken. Doch es nutzte nichts.
– Drink in der linken Hand, Joint in der rechten, Leute wie ich lassen sich nicht knechten, wir machen morgens schon Party, sagen den Sorgen adé, die Hände am Buffet, die Nase tief im Schnee und spätestens mittags den Schwanz in der Möse.
Das erheiterte gerade weder mich noch Oriana.
Eileen und Joshua saßen schon am Frühstückstisch, und Joshua sang leise vor sich hin: Though the road is rocky, sure feels good to me, and if I’m lucky, together we’ll always be. Er strahlte wieder. Nachdem wir uns gesetzt hatten, fragte Eileen, ob wir etwas dagegen hätten, wenn sie mitkämen in die Stadt. Ihr Flug nach Indien ging in zehn Tagen, und sie hatten keine Lust mehr, in diesem Nudistendorf zu bleiben.
– Ja, klar, sagte ich, kein Problem, leistet uns ein wenig Gesellschaft. Im ersten Augenblick freute ich mich, doch dann merkte ich, daß Oriana überhaupt nicht begeistert war von dieser Aussicht, obwohl sie sich doch gestern am Strand gut amüsiert hatte mit den beiden.
Als wir unsere Sachen packten, sagte sie:
– Mit dieser Frau stimmt etwas nicht. Ich bin nicht eifersüchtig, es gefällt mir nur nicht, wie du dich von ihrer Schönheit blenden läßt. Sie ist falsch.
Ach so, aber Joshua ist richtig, hätte ich am liebsten gesagt, Joshua mit seinem großen Schwanz, seiner verständnisvollen Art, seiner Ausgeglichenheit, seinem Streben nach Erleuchtung und seinem kleinlichen, arroganten Mitleid mit den Menschen, die den falschen Pfad eingeschlagen haben. Joshua mit seiner klagenden und doch liebevollen Stimme ist richtig. Und Eileen, die ein wenig zurückhaltend ist, ist falsch.
Aber ich zählte nur meine Atemzüge, eins, zwei, drei, vier, fünf, ein, ganz langsam wieder aus, ein, ganz langsam wieder aus, acht, neun, wieder zehn Atemzüge näher am Tod.
– Wir können uns jederzeit von ihnen trennen, ist doch kein Problem.
Oriana schüttelte den Kopf.
– Darum geht es nicht. Wir können auch den Rest unseres Urlaubs mit ihnen verbringen, Mesut, mir gefällt es einfach nicht, wie du dich einwickeln läßt.
– Wer wickelt mich ein?
– Würdest du versuchen, sie glücklich zu machen? Vergiß mal den Sex. Bist du an ihrem Glück interessiert, nur weil sie so gut aussieht?
– Willst du sagen, sie ist es nicht wert, daß man an ihrem Wohlergehen interessiert ist?
– Sie ist habgierig. Hast du gesehen, wie sie geguckt hat, als Joshua mir den Schein gegeben hat? Als würde man ein Stück aus ihrem Herz rausreißen. Und das, nachdem du die beiden in deiner Großzügigkeit zum Essen eingeladen hast. Und warum mußte sie schlecht über ihren ehemaligen Chef reden und ihn verwünschen? Es hat sie niemand gezwungen, fünf Jahre dort zu arbeiten. Um Geld zu sparen, um was von der Welt zu sehen und im Einklang mit der Natur zu leben. Fahrlehrerin. Mesut. Da stimmt doch was nicht, oder?
– Wir haben doch alle Fehler oder etwa nicht? Ich verstehe nicht, was du hast.
Wir redeten kein Wort mehr miteinander, bis wir im Bus saßen. Sie war
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