Ein Spiel um Macht und Liebe
sein, die letzten Wochen wie Bruder und Schwester zu verbringen. Und am Schluß konnte sie dann mit einem reinen Gewissen nach Penreith zurückkehren.
Sie war nicht so dumm, zu glauben, daß Nicholas fortan im Zölibat leben würde. Aber wenn er die Hoffnung aufgegeben hatte, sie in sein Bett zu bekommen, dann würde er rasch eine geeignetere Frau finden. Der Gedanke machte sie nicht gerade glücklich; um es genau zu sagen, drehte er ihr sogar den Magen um. Aber solange sie keine Einzelheiten kannte, würde sie es ertragen können. Lieber seine Freundin sein, als sich in die endlose Reihe schnell vergessener Geliebten einzuordnen.
In der Bibliothek gab er ihr eine Kopie des Pachtvertrags, und sie setzte sich, um sie zu lesen. Während sie das tat, nahm er seine Harfe und spielte eine sanfte Weise.
Clare hatte das Dokument dreimal gelesen, als sie aufschaute. »Ich verstehe jetzt, was Sie meinten.
Es ist wirklich einfach. Hier steht nur, daß Lord Michael Kenyon und seine Bevollmächtigten das Recht haben, für die nächsten einundzwanzig Jahre Kohle aus dem oben angegebenen Gebiet zu fördern. Wenn die Pachthöhe sich auf einen gewissen Prozentsatz des Gewinns beziehen würde, dann hätten Sie etwas in der Hand, wenn Sie Madoc Betrug nachweisen könnten, aber da es sich um eine feste Summe handelt, kann das nicht funktionieren.«
»Und dummerweise werden die fünfhundert Pfund ausgesprochen pünktlich bezahlt«, sagte Nicholas.
»Ich habe extra nachgesehen, weil ich auf verspätete Zahlung hoffte, aber ich hatte kein Glück.«
»Besteht die Möglichkeit, daß die Schächte der Mine inzwischen weiter vorgetrieben worden sind?
Vielleicht über die Grenzen des gepachteten Grundstücks hinaus?«
Seine Brauen flogen hoch. »Ein guter Gedanke.
Das werde ich nachprüfen lassen. Noch etwas?«
»Tut mir leid. Mehr fällt mir auch nicht ein.«
Er lächelte. »Ihre Idee ist besser als die meines Rechtsanwalts. Er hatte vorgeschlagen, Klage auf der Basis einzureichen, daß Michael ungebührlichen Einfluß auf meinen Großvater ausgeübt hat, damit er ihm die Schürfrechte verpachtete, wodurch mir ein Teil meines rechtmäßigen Erbes vorenthalten wurde. Aber das ist ein schwaches Argument: Erstens sind fünfhundert Pfund mehr als angemessen, und zweitens war mein Großvater im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte, als er den Vertrag erstellen und unterschreiben ließ. Trotzdem werden wir noch darüber nachdenken. Vielleicht fällt uns dabei noch etwas Wirksameres ein, mit dem sich ein Prozeß anstrengen läßt.«
Er zupfte wieder an der Harfe und begleitete die Melodie diesmal mit walisischem Gesang. Clare streifte ihre Schuhe ab und kuschelte sich mit untergezogenen Füßen auf das Sofa. Beim zweiten Lied überredete er sie, mit einzustimmen, und obwohl ihre Stimme nicht bemerkenswert war, hatte die lebenslange Übung in der Kirche sie kräftig und flexibel gemacht, und wie alle Menschen auf dem Land liebte sie das Singen.
So sangen sie Lied um Lied, manchmal auf Englisch, manchmal auf Walisisch. Clare stimmte ein, wenn sie den Text kannte, und lauschte zufrieden, wenn das nicht der Fall war. Es war ein Abend, wie Freunde ihn verbringen sollten, und sie genoß jede Minute, jede Note. Zugegeben –
Nicholas bot ein unfaßbar romantisches Bild, wie er sich so über die Harfe beugte und seinen ganzen Körper zum Spielen einsetzte, aber gegen diesen Eindruck konnte sie sich nun einmal nicht wehren. Was zählte, war, daß sie beide das Zusammensein genießen konnten, ohne vor dem anderen auf der Hut sein zu müssen.
Zumindest glaubte sie das, bis er anfing, Liebeslieder zu singen. Jeder seiner Blicke war eine Liebkosung, jeder herzergreifende Satz zielte auf sie, und sie war schon fast verloren, bevor sie die Gefahr überhaupt bemerkte. Ohne eine einzige Berührung ließ er ihren Widerstand schmelzen und bereitete sie auf kommende Freuden vor.
Ihre zufriedene Verträumtheit schwand. Sie setzte sich auf und sagte anklagend: »Sie versuchen schon wieder, mich zu verführen.«
Er spielte erst das Lied zu Ende, bevor er sie mit einem unschuldigen Lächeln bedachte. »Ich habe Sie seit heute morgen nicht mehr berührt.«
Sie runzelte die Stirn. »Aber mit den Liedern, die sie singen, könnten Sie jeder Frau den Kopf verdrehen.«
Sein Lächeln wurde breiter. »Na, das hoffe ich doch.«
Sie hatte sich also geirrt! Nichts hatte sich verändert. »Ich hatte gehofft, daß Sie es aufgegeben hätten, mich verführen zu
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