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Ein Spiel um Macht und Liebe

Ein Spiel um Macht und Liebe

Titel: Ein Spiel um Macht und Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
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wenigen Stunden in seiner Gegenwart ließen sie inzwischen befürchten, daß er mit seiner Erfahrung im Umgang mit dem weiblichen Geschlecht ihre Prinzipien nur allzu leicht unterwandern konnte.
    Wenn Clare die Frau gewesen wäre, für die die Leute sie im allgemeinen hielten, dann hätte sie die Kraft, ihm zu widerstehen. Aber sie war diese Frau nicht.
    Sie war eine Betrügerin.
    Ihr ganzes Leben lang hatte sie hart gearbeitet, um die Menschen um sich herum davon zu überzeugen, daß sie wahrhaftig gläubig und zutiefst gottesfürchtig war. Sie war das Paradebeispiel einer devoten Methodistin gewesen, die denen half, die Hilfe brauchten, und jene tröstete, die von Kummer geplagt waren.
    Und mit dieser Verstellung hatte sie Erfolg gehabt, denn niemals wäre es jemandem in den Sinn gekommen, am Glauben und an der Frömmigkeit von Thomas Morgans Tochter zu zweifeln.
    Doch tief in ihrem Herzen verbarg sie das schändliche Wissen, daß sie nichts als eine Hochstaplerin war. Niemals hatte sie erfahren, wie es war, Gott in seinem innersten Wesen zu erkennen, obwohl dieses Erkennen Herz und Seele ihrer Religion war. Nicht einmal hatte sie den verzückten Zustand der Ekstase, die Vereinigung mit Gott erlebt, die sie bei ihren Freunden schon gesehen hatte.

    Ihr Versagen war ihr finsteres Geheimnis gewesen, das sie niemandem je enthüllt hatte.
    Nicht ihrem Vater, der angenommen hatte, daß ihre Seele so ergeben wie die seine war; nicht Owen Morris, der als ihr Gruppenleiter auch ihr geistiger Mentor war.
    Nicht, daß ihr der Glaube fehlte. Sie glaubte wirklich daran, daß die Welt von göttlicher Hand geformt war; daß Güte besser als Gewalt war; daß der Gottesdienst Lebenszweck war. Und vor allem glaubte sie daran – sie mußte es glauben –
    , daß Taten wichtiger als Worte waren. Wenn die Zeit kam, daß sie vor ihren Schöpfer treten mußte, dann würden ihre guten Taten vielleicht das Versagen ihrer Seele wieder aufwiegen.
    Sie preßte sich die Faust auf den Mund, um einen verzweifelten Schluchzer zu unterdrücken. Es war so entsetzlich ungerecht – sie war keine unschuldige Heidin, die ohne Schuldgefühle auf Nicholas reagieren durfte. Doch ihr Glaube war auch nicht stark genug, um ihm zu widerstehen.
    Aber eine Sache war nun sicher: In den nächsten drei Monaten würden sie lernen, was die Hölle war.

Kapitel 5
    EIN PINGUIN HATTE sich mit Nicholas’ Binder davongemacht, doch seine anderen Kleider waren alle noch vorhanden. Nachdem er sich mit seiner Weste ein wenig abgetrocknet hatte, zog er sich an und ging leise pfeifend zu den Pferden zurück.
    Clare saß mit gekreuzten Beinen unter einem Baum und wirkte unnahbar. Zu seinem Bedauern war nichts mehr von der zauberhaften Schüchternheit zu merken, die zutage getreten war, als er begonnen hatte, sich zu entkleiden.
    Er streckte ihr eine Hand entgegen, um ihr aufzuhelfen. »Sie hätten mitkommen sollen. Die Pinguine waren in Höchstform.«
    Sie ignorierte seine Hand und kam ohne Hilfe auf die Füße. »Wahrscheinlich wäre ich von Ihnen so geblendet gewesen, daß ich sie kaum bemerkt hätte«, erwiderte sie bissig.
    »Ah, ich mache also langsam Eindruck auf Sie«, sagte er fröhlich.
    »Das würde ich auch nie abstreiten.«
    Wolken hatten sich vor die Sonne geschoben, so daß es kühler wurde, und der Ritt zurück verlief schweigend. Nachdem er die Pferde in den Stall gebracht hatte, geleitete Nicholas Clare ins Haus zurück. Es freute ihn, als er feststellte, daß sie seine beiläufige Berührung inzwischen als normal akzeptierte.
    Seine gute Laune verflüchtigte sich, sobald er das Haus seines Großvaters betrat. Als er sie in den großen Salon führte, fragte er: »Was halten Sie von diesem Haus, Clare?«

    Sie zögerte. »Es ist ziemlich prächtig«, sagte sie nach einer Weile.
    Er sah sich angewidert um. »Aber gefällt es Ihnen?«
    Clare runzelte die Stirn. »Die Frage ist nicht fair.
    Ich bin eine einfache Frau mit einem bäurischen Geschmack. Ich weiß einen Eichenstuhl zu schätzen, vielleicht eine gut getünchte Wand, ich kann mich an einer schönen Decke erfreuen, aber was weiß ich denn schon über edle Möbel, Kunst oder adeligen Geschmack?«
    »Das bedeutet ja nicht, daß Ihre Meinung nicht zählt. Noch einmal: Gefällt dieses Haus Ihnen?«
    »Ehrlich gesagt, finde ich es bedrückend.« Ihr Blick wanderte im Zimmer herum. »Hier steht so viel herum. Jedes kleine Fleckchen scheint mir ausgefüllt mit Bildern, Stoff oder Porzellan, Stücke, von denen

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