Ein Spiel um Macht und Liebe
jedes wahrscheinlich ein Jahr lang eine arme Familie ernähren könnte.
Zweifellos verrät alles exzellenten Geschmack«, sie strich mit einem Finger über einen Bilderrahmen und runzelte die Stirn, als sie die Staubschicht sah, »obwohl die Haushaltsführung zu wünschen übrig läßt. Aber ich ziehe mein Häuschen vor.«
»Es steht zuviel herum«, wiederholte er. »Ganz genau meine Meinung. Zigeuner sind meistens nicht gerne innerhalb von vier Wänden, und dieses Haus hat mir immer das Gefühl gegeben, es wollte mich ersticken.«
»Sie sehen sich selbst als Zigeuner?«
Er zuckte die Achseln. »Wenn es mir paßt.« Er nahm eine Porzellanfigur auf, die einen Löwen darstellte, der ein ungehorsames Kind verschlang.
Nicht verwunderlich, daß sein Großvater sie gemocht hatte. Nicholas hatte sich immer gewünscht, sie zerschmettern zu dürfen.
Nun, warum nicht? Mit einer geschmeidigen Bewegung holte er aus und warf das Stück in den Kamin. Es zersprang mit einem erfreulich lauten Krachen.
Zufrieden drehte sich Nicholas zu Clare um, die argwöhnisch zugesehen hatte. »Ich gebe Ihnen die Erlaubnis, zu ändern, was immer Sie ändern möchten«, sagte er. »Packen Sie den Kram weg, stellen sie weitere Hausmädchen an. Sie können saubermachen, streichen, tapezieren – was immer Ihnen gefällt. Da es Ihre Schuld ist, daß ich in diesem Mausoleum länger bleiben muß, als ich es vorhatte, können Sie sich ebensogut darum bemühen, es bewohnbar zu machen. Kaufen Sie, was Sie für nötig halten, und lassen Sie die Rechnungen auf mich ausstellen. Auf diese Art wird nicht nur mehr Geld in die hiesige Wirtschaft fließen, sondern Sie machen Williams auch eine gewaltige Freude. Ich glaube, er findet seine Anstellung hier todlangweilig. Ich werde ihm sagen, er solle Ihren Anweisungen genauso folgen wie meinen.«
»Gehört es etwa zu den Pflichten einer Mätresse, das Haus ihres Geliebten neu einzurichten?«
fragte sie erschrocken.
»Die meisten Mätressen würden vor Freude ohnmächtig werden, wenn sie diese Gelegenheit bekämen«, versicherte er ihr. »Hätten Sie Lust, sich auf dem Speicher umzusehen? Dort oben stehen noch massenhaft Möbel. Vielleicht finden Sie etwas, das Ihrem Geschmack eher entspricht.«
Ein wenig betäubt, schüttelte sie den Kopf.
»Später vielleicht. Bevor ich irgend etwas verändere, muß ich mir erst alles ansehen und überlegen.«
»Kluges Weib.« Er warf einen Blick auf die Uhr auf dem Kaminsims. »Ich muß mich jetzt mit meinem Verwalter treffen, überlasse Sie also sich selbst.
Wir essen um sechs. Wenn Sie vorher baden möchten, läuten Sie von Ihrem Zimmer aus. Die Dienerschaft sollte es eigentlich schaffen, Ihnen heißes Wasser herzuschaffen. Bis heute abend?«
Als er ging, fühlte er sich bereits etwas weniger erdrückt von diesem Haus. Drei Monate unter dem Einfluß von Clares gesundem Sinn fürs Praktische würden das Gebäude sicherlich erheblich verschönern. Vielleicht sah es irgendwann gar nicht mehr so sehr nach dem Heim seines Großvaters aus.
In der folgenden Stunde sah Clare sich die allgemein genutzten Räume an. Die
grundlegenden Strukturen und Proportionen waren gefällig, aber die Möbel schienen eher nach Pracht als nach Bequemlichkeit ausgesucht worden zu sein, und überall stand einfach zuviel herum.
Als sie sich einen Überblick verschafft hatte, ging sie in ihr Schlafzimmer, das so groß war wie ihr gesamtes Haus im Dorf. Auch dieses war zu vollgepackt, aber die blauen Vorhänge und Bettstoffe waren sehr hübsch. Wenn sie die unnötigen Möbel hinaus schaffte und die zwei abstoßenden Bilder von toten Tieren abhängte, könnte es ein sehr angenehmes Zimmer werden.
Erschöpft ließ sie sich auf das Bett fallen und faltete die Hände hinter dem Kopf, um über all das nachzudenken, was geschehen war, seit sie auf Aberdare angekommen war. Es kam ihr eher wie Tage denn wie Stunden vor.
Sie konnte immer noch nicht glauben, daß der Earl ihr ganz unbekümmert die Herrschaft über seinen Haushalt übertragen hatte, und dies mit der uneingeschränkten Vollmacht, auszugeben, was immer sie wollte. Inzwischen hatte sie sich ein wenig von ihrer Überraschung erholt und freute sich jetzt schon darauf, Schwung in dieses düstere, vernachlässigte und verstaubte Anwesen zu bringen. Den Rest des Nachmittags verbrachte sie damit, Pläne zu schmieden, Listen zu erstellen und Fragen zu notieren, die geklärt werden mußten.
Als die Uhr fünf schlug, sah sie von ihren Papieren
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