Ein Spiel um Macht und Liebe
Empfindungen, die in ihrem Körper abwärts strömten, sie schwach machten und in verborgenen, unaussprechlichen Stellen pulsierten.
»Ihre Haut ist wunderschön«, murmelte er, während seine Lippen über die empfindsame Stelle zwischen Hals und Schulter wanderten.
»Keltische Seide, glatt und verführerisch.«
Sie hatte das Gefühl, als müßte sie etwas tun, doch ihr fiel nichts ein. Zögernd legte sie eine Hand auf seine Taille und spürte seine festen Muskeln unter dem teuren Batist.
Er hauchte warm und neckend in ihr Ohr, dann knabberte er vorsichtig an ihrem Ohrläppchen.
Clares Finger bewegten sich unruhig über seine Rippen.
Als er begann, Schultern und Oberarme sanft zu massieren, schloß Clare die Augen und ließ sich in dem Meer der Sinnlichkeiten treiben. Ohne daß es ihr wirklich bewußt war, bewegten sich ihre Hände dabei, so wie ein Kätzchen, das Hunger hat, die Pfötchen auf dem mütterlichen Bauch bewegte.
Dicke Locken hatten sich aus ihrer straffen Frisur gelöst und purzelten nun über ihre Schulter, um die zarte Haut federleicht zu kitzeln. Sie fühlte sich, als wäre sie aus warmem Wachs, das er modellieren konnte, wie immer er wollte.
Dann spürte sie ein leichtes Zupfen in ihrem Nacken, und seine Hand glitt tiefer, um sich warm und weich zwischen ihre Schulterblätter zu legen.
Der Schock überkam sie so jäh, als hätte ihr jemand einen Eimer Eiswasser über den Kopf gegossen – er hatte den obersten Knopf ihres Kleides geöffnet! Als sie spürte, wie seine Finger an dem nächsten Knopf nestelten, strebte sie weg von ihm. »Gibt es keine Zeitbegrenzung für Küsse?« fragte sie und raffte den kläglichen Rest ihrer Fassung zusammen. »Ich denke, dieser hier war lang genug.«
Er machte keinen Versuch, sie festzuhalten.
Vielleicht atmete er ein wenig schneller –
ansonsten schien er von dem Kuß vollkommen ungerührt. »Ein Kuß hat eigentlich keine festgelegte Dauer«, erwiderte er freundlich. »Er ist vorbei, wenn einer der beiden Teilnehmer entscheidet, daß es reicht.«
»Fein. Der heutige Kuß ist damit vorbei.« Sie griff sich in den Nacken und mühte sich mit zitternden Händen ab, den Knopf wieder zuzumachen.
»Und? War es so schlimm, wie Sie gedacht haben, Clarissima? Es kam mir nicht so vor, als hätte er Ihnen mißfallen.«
Am liebsten hätte sie gar nicht geantwortet, doch sie war von Natur aus zu ehrlich, um ihn anzulügen. »Ich… es hat mir nicht mißfallen.«
»Haben Sie denn immer noch Angst vor mir?«
Er berührte eine ihrer gelösten Locken mit schmetterlingshafter Leichtigkeit. Die Berührung hätte unbemerkt bleiben können…. doch sie war sich jeder seiner Gesten überdeutlich bewußt. Sie schloß für einen kurzen Moment die Lider, öffnete sie dann wieder und sah ihm fest in die Augen.
»Aristophanes hat mal gesagt: Jungen bewerfen Frösche aus Spaß mit Steinen, doch die Frösche sterben im Ernst. Sie werden mein Leben vernichten, es in tausend Stücke zerbrechen und dann einfach, ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, daraus verschwinden. Ja, Mylord, ich habe Angst vor Ihnen.«
Er wurde sehr ernst. »Nur starre Dinge können brechen. Vielleicht muß Ihr Leben ein wenig splittern.«
»Das hört sich ja sehr tiefsinnig an.« Sie verzog den Mund. »Ihr Leben ist vor vier Jahren zu einem Trümmerhaufen geworden. Sind Sie dadurch glücklicher?«
Seine Miene wurde hart. »Wir sollten jetzt wirklich Schlafengehen. Ich muß morgen nach Swansea, wir sehen uns also erst beim Abendessen.« Er nahm die staubige Samtdecke vom Boden auf und warf sie über den Billardtisch.
Clare nahm einen schmalen Kerzenleuchter von der Anrichte und verließ den Raum fast im Laufschritt. Sie blieb kein einziges Mal stehen, bis sie das ihr zugewiesene Zimmer erreicht hatte.
Dort angekommen, schloß sie die Tür, stellte den Leuchter ab und ließ sich, die Hände an die Schläfen gepreßt, in einen Sessel fallen.
Ein Tag, ein Kuß war geschafft. Wie um Himmels willen sollte sie noch neunzig weitere überstehen?
Sie hatte die Umarmung eines praktisch fremden Mannes genossen, dessen Absichten ganz und gar unehrenhaft waren. Und als wäre das noch nicht genug, mußte sie sich eingestehen, daß sie sich schändlicherweise bereits auf den Kuß des kommenden Tages freute. Um der Reinheit ihrer Seele willen sollte sie so schnell wie möglich verschwinden. Das Dorf konnte sich schließlich um sich selbst kümmern. Niemand hatte sie darum gebeten, sich für Penreith
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