Ein Spiel um Macht und Liebe
Nicholas geheiratet und mit der er sein Bett geteilt hatte, und die nun seine Nächte mit Kummer und Schuld erfüllte. »Ich habe Lady Tregar einmal aus der Ferne gesehen, aber sie war sogar noch schöner, als ich es gedacht hatte.«
»Ich habe noch keine gesehen, die ihr gleichkam«, sagte Williams schlicht.
»Wieso hängt das Bild denn nicht unten?«
»Ich nehme an, die Witwe des Earls hat das Porträt hier heraufschaffen lassen, als sie das Haus schloß und nach London umgezogen ist.«
Er meinte Emily Davies, die zweite Frau des alten Earls. Hatte sie den ungebärdigen Enkel ihres Mannes geliebt und war auf Nicholas’
wunderschöne Frau eifersüchtig gewesen? Das würde erklären, warum das Porträt auf den staubigen Dachboden verbannt worden war.
Clares Miene verhärtete sich. In diesem Haus waren zu viele düstere Emotionen verborgen; vielleicht war es nun an der Zeit, ein paar davon dem hellen Tageslicht auszusetzen. »Ich finde, das Bild würde sich gut über einem der Kamine im Salon machen. Lassen Sie es hinunterschaffen.«
Williams setzte zum Protest an, besann sich dann aber. »Wie Sie wollen, Miss Morgan.« Er dachte kurz nach und fügte dann hinzu: »Was halten Sie davon, dies hier über den anderen Kamin zu hängen? Es war ursprünglich dort gewesen, aber die Witwe hat es zur gleichen Zeit hinaufbringen lassen wie Lady Tregars Porträt.«
Er zog ein anderes Bild hervor, das den alten Earl in voller Größe zeigte. Obwohl das weiße Haar verriet, daß es nicht lange vor seinem Tod gemalt worden sein konnte, strahlte seine Haltung noch die Kraft und die Energie eines jüngeren Mannes aus, und auch sein Gesicht war so arrogant, wie es immer gewesen war. Ein beeindruckender Mann, aber Clare wußte, daß Nicholas nicht jeden Tag auf das Bild würde blicken wollen. »Nein, lassen wir das hier oben. Ich sehe mal, ob ich in dem Bestand etwas anderes finden kann.«
Bald hatte sie zwei zauberhafte Landschaftsbilder ausgewählt, die es verdienten, unten zu hängen.
Als drittes suchte sie ein anderes Porträt aus, das Nicholas selbst darstellte. Er stand neben einem Pferd, die Zügel in der Hand, und Jagdhunde lagen zu seinen Füßen. Clare hielt einen Moment den Atem an, denn es war schwer, dem sorglosen Charme dieses attraktiven, lachenden jungen Mannes zu widerstehen. Dies war der Nicholas, für den sie als Kind so geschwärmt hatte.
Doch dann runzelte sie verwirrt die Stirn. Die Kleidung stimmte nicht, wirkte zu altmodisch, und Haut- und Haarfarbe waren nicht dunkel genug.
»Ist das vielleicht der Vater Seiner Lordschaft?«
Williams hockte sich hin und spähte auf die kleine Plakette unten im Rahmen. »›Der Ehrenwerte Kenrick Davies‹.« Der Butler richtete sich wieder auf. »Er ist gegangen, bevor ich hier angefangen habe. Ich habe dieses Bild nur einmal gesehen und bin einfach davon ausgegangen, es stellte Master Nicholas dar.«
»Hängen Sie es über den Kamin, der näher an der Halle liegt, und Lady Tregars Bild über den anderen.« Clare klopfte sich an ihrem Kleid den Staub von den Händen. »Vielleicht schaffen wir es ja, den Salon fertigzubekommen, bevor Lord Aberdare aus Swansea zurückkehrt.«
Und sie wollte dabei sein, wenn er das Porträt seiner verstorbenen Frau sah. Wie würde er reagieren?
Kapitel 7
DIE SPÄTNACHMITTAGSSONNE SANDTE ihre schrägen Strahlen durch die Fenster, als sie mit den Arbeiten im Salon fertig waren. Clare dankte allen, die mitgeholfen hatten, und entließ sie dann für den heutigen Tag.
Bevor sie zum Baden nach oben ging, unterzog sie den Salon einer letzten intensiven Musterung.
Ein kritischer Mensch hätte bemängeln können, daß die Wände einen neuen Anstrich brauchten und die Polster der Möbel ihre beste Zeit schon hinter sich hatten, aber im großen und ganzen konnte das Resultat sich sehen lassen. In der Hoffnung, daß Nicholas angenehm überrascht sein würde, trat sie hinaus in die Eingangshalle und atmete glücklich ein. Die neue Köchin, Mrs.
Howell, hatte den ganzen Tag gearbeitet, und nun zog der appetitanregende Duft von gebratenem Fleisch und gebackenem Brot durch das Haus.
Zu ihrer Bestürzung suchte sich der Earl ausgerechnet diesen Augenblick dazu aus, barhäuptig, windzerzaust und eine aufgerollte Peitsche in der Hand haltend durch die Tür hereinzumarschieren.
»Hallo, Clare«, sagte er lächelnd. »Hatten Sie einen ausgefüllten Tag?«
Brummig fragte sie sich, wieso Schlammspritzer auf Stiefeln und Rock ihm ein verwegenes
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