Ein Spiel um Macht und Liebe
die Zeche gegeben und noch nie etwas mißbilligt, was ich zu ihren Gunsten getan habe.«
»Sicherlich ist es ihm eine große Erleichterung, einen so gewissenhaften Geschäftsführer zu haben«, sagte Nicholas. Er blickte zu Clare, die schweigend die Pferde herangeführt hatte.
»Können wir, Miss Morgan? Ich habe alles gesehen, was ich sehen wollte.«
Sie neigte anmutig den Kopf, und sie stiegen auf.
Nicholas konnte Madocs Blick in seinem Rücken spüren, als sie von dem Zechengrundstück ritten.
Wenn Blicke töten könnten, wäre er auf der Stelle vom Pferd gefallen.
Als sie weit genug von der Mine entfernt waren, wandte er sich an Clare. »Ich habe mir heute zwei Feinde gemacht, und es ist noch nicht mal Zeit zum Tee. Für einen Tag keine schlechte Leistung.«
»Das ist nicht witzig«, fuhr Clare ihn an. »Nye Wilkins gehört zu den Typen, die eines Nachts im betrunkenen Zustand auf die Idee kommen könnten, Ihre Ställe in Brand zu setzen, um sich für die Demütigung zu rächen.«
»Und Madoc ist noch schlimmer. Ich verstehe jetzt, warum es keinen Sinn gehabt hat, ihn um Neuerungen zu bitten. Er ist ein gefährlicher Mann.«
Sie blickte ihn überrascht an. »Das habe ich auch schon immer gedacht. Aber ich habe bisher angenommen, daß meine Meinung von ihm durch meine Abneigung gefärbt worden ist.«
»Madoc ist ein brutaler, kleiner Tyrann, der bis aufs Messer kämpfen würde, um seine Macht zu bewahren. In die Ecke getrieben, wird er wahrscheinlich vor nichts zurückschrecken«, sagte Nicholas nachdenklich. »Ich kenne diese Sorte Mensch. Es erstaunt mich, daß Michael so einen Typ eingestellt hat, aber daß er sein Tun auch noch billigt, kommt mir fast schon absurd vor.
Langsam frage ich mich, was Michael die letzten paar Jahre gemacht hat. Tot kann er nicht sein, denn davon hätte ich gehört, aber er scheint mir überraschend nachlässig bei den Dingen geworden zu sein, die ihm bisher immer wichtig waren.«
»Vielleicht sind sie ihm inzwischen nicht mehr wichtig«, sagte Clare. »In vier Jahren kann sich jeder Mensch ändern.«
»Wie wahr. Dennoch finde ich es seltsam, daß es Michael gleichgültig geworden sein soll. Er hat sich immer sehr intensiv um solche
Angelegenheiten gekümmert. Manchmal sogar zuviel.« Gedankenverloren streichelte Nicholas den Hals seines Pferdes. »Wenn ich nach London fahre, werde ich unseren gemeinsamen Freund Lucien fragen, wo Michael ist und was er tut.
Lucien weiß immer alles über jeden.«
Clare fiel ein, daß Marged den Namen schon öfter erwähnt hatte. »Gehört Lucien auch zu Ihren Gefallenen Engeln?«
Nicholas sah sie verdutzt an. »Himmel, ist dieser Spitzname bis Wales durchgedrungen?«
»Ich fürchte ja. Woher stammt der Titel denn?«
»Wir vier – Lucien, Rafael, Michael und ich –
haben uns in Eton kennengelernt und sind Freunde geworden«, erklärte er. »In London sind wir oft zusammen unterwegs gewesen. Die höhere Gesellschaft liebt Spitznamen, und irgendeine Lady hat uns ›Gefallene Engel‹ getauft, weil wir jung und ein bißchen ungestüm waren, wie junge Männer in diesem Alter eben sind. Dazu kam, daß zwei von uns die Namen von Erzengeln tragen. Das war alles, es hatte nichts zu bedeuten.«
»Die Version, die ich kenne, lautet, daß Sie alle so schön wie Engel und so durchtrieben wie Teufel waren«, sagte sie ernst.
Er grinste. »Klatsch ist eine wunderbare Sache –
viel interessanter als die Wahrheit. Wir waren bestimmt keine Heiligen, aber wir haben weder irgendwelche bedeutenden Gesetze übertreten, noch unsere Familien in den finanziellen Ruin getrieben, noch irgendeiner jungen Lady die Zukunft verdorben.« Er überlegte einen Moment.
»Zumindest damals nicht. Für die letzten vier Jahre kann ich nicht bürgen.«
In seiner Stimme klang Bedauern mit. »Sie freuen sich sicher darauf, Ihre Freunde bald wiederzusehen.«
»Ja, allerdings. Wo Michael sich herumtreibt, weiß ich nicht, aber Lucien hat einen Posten in Whitehall und Rafael ist im House of Lords aktiv, also sind beide fast sicher in London anzutreffen.«
Er blickte sie an. »Wir fahren übermorgen.«
Clares Kinnlade fiel herab. »Sie nehmen mich wirklich nach London mit?«
»Natürlich. Das habe ich schon an dem Tag gesagt, als sie mit Erpressungsabsichten nach Aberdare kamen.«
»Ja, aber…. aber Sie waren betrunken. Ich dachte, Sie vergessen es… oder überlegen es sich noch einmal.«
»Was könnte angenehmer sein, als Ihnen eine neue Garderobe zu
Weitere Kostenlose Bücher