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Ein Spiel um Macht und Liebe

Ein Spiel um Macht und Liebe

Titel: Ein Spiel um Macht und Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
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mit dicken Teppichen ausgelegtes Anprobezimmer, wo sich eine Näherin und ein sehr junges Lehrmädchen zu ihnen gesellte. Clare wurde angewiesen, sich auf ein Podest in der Mitte des Zimmers zu stellen. Bald darauf wurde sie nur noch wie ein unbelebter Kleiderständer behandelt, während Nicholas und Denise Stoffe über sie drapierten und über Schnitte, Farben und Materialien diskutierten.
    Denises fröhliches Wesen riß sowohl Nicholas als auch Clare mit, und bald schon war ihre anfängliche Verärgerung verschwunden. Es war schon ein komisches Gefühl, die volle Aufmerksamkeit zweier Menschen zu haben, die auf ihre äußere Erscheinung weit mehr Wert legten als sie selbst – zumal die in Frage kommenden Kleider ganz und gar anders waren als solche, die man in Wales für angemessen hielt. Hätte sie ihre Garderobe allein aussuchen müssen, so hätte sie schon vor der unglaublichen Vielfalt der Möglichkeiten kapituliert.
    Um ihren Geist zu beschäftigen, überlegte sie, was sie gerne sehen und tun wollte, während sie in London war. Als Denise allerdings eine Bahn blauer, traumhaft schöner Seide über ihre Schulter drapierte, wurde sie aus ihren Überlegungen herausgerissen. »Die Farbe ist einfach perfekt, nicht wahr?« fragte sie.
    »Dein Auge ist mal wieder unfehlbar«, stimmte Nicholas zu. »Der Stoff wird ein umwerfendes Abendkleid abgeben.«
    Während die beiden sich nun in eine Diskussion über Schnitte ergingen, kam das Lehrmädchen herbei, um die Seide wieder auf die Rolle zu wickeln. Doch als die Seide über ihr Schultern rutschte, griff Clare unwillkürlich danach und hielt sie fest. Es war der schönste Stoff, den sie je gesehen hatte. Die Seide schimmerte in allen Blautönen, und das Material war so fein, als wäre es aus einer Wolke gesponnen. Sie preßte es an ihr Gesicht und rieb ihre Wange daran, bis sie sah, daß Nicholas sie beobachtete. Peinlich berührt, ließ sie den Stoff fallen.
    »Es ist nicht verboten, sich an schönen Dingen zu erfreuen«, bemerkte er amüsiert.
    »Diese Seide ist viel zu extravagant. Ein dekadenter Luxus«, sagte sie streng, obwohl ihre Wange noch dort kribbelte, wo die Seide sie liebkost hatte. »Es gibt sinnvollere Möglichkeiten, Ihr Geld auszugeben.«
    »Vielleicht«, sagte er, immer belustigter, »aber ein Kleid aus dieser Seide wird einfach herrlich zu Ihren Augen passen. Und Sie werden sich herrlich darin fühlen.«
    Sie hätte gerne abgestritten, daß sie irgendein Vergnügen daran haben würde, ein solch wunderschönes, unnützes Kleid zu tragen, aber sie konnte es nicht; ihr verräterisches Herz sehnte sich nach dieser blauen Seide. Sie hatte ja gewußt, daß Nicholas’ Herausforderung ihre Tugend auf eine harte Probe stellen würde, aber es war deprimierend, wie anfällig sie für eitlen Luxus und weltlichen Plunder war. Im Geiste rezitierte sie jeden Bibelvers, der ihr einfiel, in dem vor den Tücken der Eitelkeit gewarnt wurde.
    Es half nichts. Sie wollte die blaue Seide immer noch.
    Nachdem über Schnitte und Stoffe entschieden worden war, fragte Nicholas, ob Denise fertige Sachen dahatte, die Clare passen würden. Denise konnte mit drei Kleidern aufwarten, die sie ihnen mit dem bissigen Kommentar präsentierte, die Lady, die diese bestellt hätte, könnte gut und gerne auf sie warten, da sie für den letzten Schwung noch nicht bezahlt hatte.
    Um das erste anzuprobieren, verschwand Clare hinter einem Wandschirm. Mit der Hilfe von Marie, der Näherin, zog sie ein Hemd aus Musselin über, das so fein gewebt war, daß es fast durchsichtig wirkte. Dann schnürte die Näherin sie in ein kurzes, leichtes Korsett. Clare machte sich auf Schlimmes gefaßt, da sie praktisch nie etwas Derartiges trug, doch das Kleidungsstück erwies sich als weniger unangenehm, als sie es erwartet hatte.

    »Mademoiselle hat so eine schmale Taille, daß es fast nicht nötig ist«, murmelte Marie, »aber es wird den Sitz des Kleides verbessern.« Die Näherin nahm ihre Maße für die Kleider, die noch gemacht werden sollten, und ließ dann ein Kleid aus rosafarbenem Chaly über ihren Kopf fallen.
    Als das Mädchen an ihrem Rücken herumnestelte, um das Kleid zuzumachen, begann Clare langsam zu verstehen, warum die Damen der Gesellschaft Zofen brauchten.
    Bevor sie Clare erlaubte, sich im Spiegel zu betrachten, zauberte Marie eine cremefarbene Seidenrose hervor und steckte sie in Clares dunkles Haar.
    »Tres bien. Es fehlen zwar noch ein paar Kleinigkeiten, und eine andere Frisur

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