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Ein Spion in erlauchter Gesellschaft (German Edition)

Ein Spion in erlauchter Gesellschaft (German Edition)

Titel: Ein Spion in erlauchter Gesellschaft (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Noble
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Richtungssinn gilt das offenbar nicht.«
    Am Ende des Korridors stand Byrne Worth, der sich schwer auf seinen Stock stützte. Die untergehende Sonne strahlte durch eines der Fenster und ihr Licht schien sein schwarzes Haar in Flammen zu setzen; aus seinem verhärmten Gesicht und den zusammengepressten Lippen sprach nichts als Verachtung.
    »Kommen Sie oder gehen Sie?« Seine Worte klangen kurz und abgehackt, als hätte er keine Zeit, sich mit ihr zu beschäftigen.
    »Mr. Worth, ich bin auf der Suche nach Ihrem Bruder«, erwiderte sie so gebieterisch, wie sie vermochte. Und Phillippa Benning konnte sehr gebieterisch klingen. »Haben Sie ihn gesehen?«
    »Schon seit Stunden nicht mehr.« Byrne zog die Brauen hoch. »Marcus hat gesagt, dass er sich eine Weile hinlegen will.« Er deutete auf eine Tür. »Es ist letzte Nacht spät geworden, wissen Sie.«
    Phillippa warf ihm ein frostiges Lächeln zu und ging zu der Tür, auf die er gezeigt hatte. Byrne war zwar auf den Gehstock angewiesen, bewies jetzt aber, dass er sich auch ohne bewegen konnte, wenn es sein musste. Mit zwei Schritten war er bei der Tür, die er mit seinem Stock blockierte.
    »Ich bin überzeugt, dass Sie ihn nicht stören wollen«, sagte Byrne.
    Phillippa durchbohrte ihn mit ihrem Blick. »Ich muss ihn sprechen.«
    »Ist es wichtig?«
    Die stählerne Kälte seiner Stimme hatte um eine Winzigkeit nachgelassen. Phillippa bemerkte, welche Sorge sich dahinter verbarg. Aber nur für einen kurzen Moment.
    »Sie können es mir sagen, ich werde es an Marcus weitergeben«, fuhr Byrne fort, seine Stimme war wieder kalt wie Stahl.
    Sie könnte es Byrne sagen. Ja, das könnte sie. Aber wollte sie sich auf das Risiko einlassen? Marcus hatte erwähnt, dass sein Bruder über Blue Raven Bescheid wusste; es war nicht zu übersehen, dass Marcus ihm vertraute. Aber sie wusste auch, dass Byrne ihr nicht vertraute. Sie hatte das untrügliche Gefühl, dass er sie nicht mochte, geschweige denn sie respektierte. Würde er ihr glauben, wenn sie ihm erzählte, was sie gesehen hatte?
    Noch bevor Phillippa eine Antwort auf ihr Dilemma gefunden hatte, wurden sie unterbrochen.
    »Phillippa, wo haben Sie denn gesteckt? Ich habe überall nach Ihnen gesucht!«
    Sie drehte sich um und sah Broughton mit einigen seiner unvermeidlichen Begleiter am Ende des Flures stehen. Offenbar waren die Rennen für heute vorbei.
    Als sie sich wieder Byrne zuwandte, bemerkte sie, dass ihm ein winziges, aber sehr grausames Lächeln über das Gesicht huschte.
    »Oder spielen Sie nur ein hinterhältiges Spiel?«, wisperte er. Mit einer knappen Verbeugung verschwand er in dem Zimmer, zu dem er ihr eben noch den Zutritt verweigert hatte, und schlug ihr die Tür vor der Nase zu.
    Doch Phillippa fasste sich rasch, wirbelte herum und begrüßte Broughton mit einem kecken Lächeln.
    »Und ich habe nach Ihnen gesucht«, flötete sie honigsüß.
    Sie beobachtete, wie Broughtons Freunde ihn feixend angrinsten, während sie in ihren Zimmern verschwanden. Broughton kam zu ihr und ergriff ihre Hand.
    Phillippa blickte in dieses sündhaft attraktive Gesicht, auf die blonden Haare und die gebräunte Haut, die von dem im Freien verbrachten Tag warm schimmerte.
    Mr. Byrne Worth hielt sie also für fähig, ein hinterhältiges Spiel zu spielen. Nun, um die Wahrheit zu sagen, sie war dazu fähig. Und der Marquis of Broughton sollte schon bald herausfinden, wie hinterhältig es war. Phillippa hatte mit ihm noch eine Rechnung zu begleichen und einen Kampf auszufechten.
    Sie mussten miteinander reden – geschäftlich.
    An jenem Abend schmollte Broughton beim Dinner. Und gab sich erbost. Und warf ihr heiße, erwartungsvolle Blicke zu. Und schmollte noch mehr. Und das war gut so, denn nachdem er sie die ganze Nacht hatte warten lassen, um sie mit dem Vorzug zu beehren, ihr keinen Besuch abzustatten (ob er nun ein willkommener Gast war oder nicht), war er jetzt an der Reihe.
    Als Broughton sie nachmittags zu ihrem Zimmer begleitet hatte, damit sie sich auf das Abendessen vorbereiten konnte, war er auf das Thema zu sprechen gekommen, das alle außer ihnen bereits diskutiert hatten.
    »Ich muss mich für die letzte Nacht entschuldigen«, sagte er in seiner gekünstelten Art.
    »Ach, müssen Sie das?«, fragte Phillippa unschuldig.
    »Ja. Ich weiß nicht, wie das geschehen konnte. Es muss am Wein gelegen haben. Schon als ich die Treppe hinaufging, bin ich fast eingeschlafen. Ich habe es gerade noch so eben in mein Zimmer geschafft.

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