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Ein Spion in erlauchter Gesellschaft (German Edition)

Ein Spion in erlauchter Gesellschaft (German Edition)

Titel: Ein Spion in erlauchter Gesellschaft (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Noble
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Menge feuern.
    Phillippa und Lady Jane nickten einander zu, setzten eine gefasste Miene auf, die ihre zerzauste Erscheinung Lügen strafte, und bahnten sich ihren Weg in Richtung der Menschenmenge.
    Marcus hätte lachen können, wenn er dazu noch in der Lage gewesen wäre. Aber er tat es nicht. Denn als Phillippa und er zusammen mit Lady Jane, die vor ihnen herging, den Garten durchquerte und die Schwelle zum Haus überschritt, gaben seine Knie nach.
    Die Kugel in seiner Schulter hatte ihm die letzte Kraft geraubt.
    »Marcus?«, wisperte Phillippa, als er gegen ihre Schulter sackte und sich mit seinem Gewicht an ihr stützte. Sie legte die Hand an sein Gesicht und drehte es so zu sich, dass er ihr in die Augen schaute. Er war benommen, verwirrt, aber als sie ihn ansah, hielt er ihren Blick fest, als hinge sein Leben davon ab.
    Dann sah sie das Blut.
    Sie hatte etwas Feuchtes an seiner rechten Schulter gespürt und die Hand zurückzogen: Ihr cremefarbener Handschuh war hellrot verfärbt und klebte von Blut.
    »Marcus!«, schrie Phillippa und vergaß jeglichen Sinn für Diskretion. Er sackte in sich zusammen und fiel gegen sie. Im dunklen Stoff seines Rockes entdeckte sie ein kleines Loch. Eine Kugel musste ihn getroffen haben und tief in seine Schulter eingedrungen sein.
    »Jane!«, rief Phillippa. Lady Jane drehte sich um, auf ihrem Gesicht lag ein gleichmütiger Ausdruck. Allerdings riss sie erschrocken die Augen auf, als sie Phillippas Not erkannte.
    Der Himmel hatte Phillippa bis jetzt höchstens mittelschwere Katastrophen beschert. Und an einem durchschnittlichen Tag würde es unverzüglich zu Klatsch und Tratsch führen, wenn Lady Jane Cummings Mrs. Phillippa Benning zu Hilfe eilte. Aber da heute kein durchschnittlicher Tag war, blieb dieses Ereignis weitgehend unbemerkt von den Gästen, die das Haus verließen, um sich die dargebotenen Spektakel anzusehen.
    »Er wurde angeschossen«, flüsterte Phillippa. Lady Jane wurde noch blasser.
    »Oh, du liebe Güte! Wir müssen Lord Hampshire informieren. Und den Friedensrichter kommen lassen!«
    »Nein!« Phillippa schäumte beinahe über. »Wir dürfen es niemandem erzählen! Niemandem, hast du verstanden?« Als Jane nickte, fuhr Phillippa fort. »Kannst du seinen Bruder suchen? Er wird wissen, was zu tun ist.«
    »Wen?«
    »Byrne, seinen Bruder. Er hat dunkles Haar, einen blassen Teint und geht am Stock.«
    Marcus kämpfte gegen die Ohnmacht, als er kurz den Kopf hob. »Zuletzt war er im Ballsaal«, murmelte er.
    »Ich muss Marcus in sein Zimmer bringen. Sorg dafür, dass Byrne dorthin kommt«, befahl Phillippa. Noch bevor Lady Jane sich auf den Weg machen konnte, fügte sie hinzu: »Jane, es ist eine ernste Sache. Niemand darf etwas erfahren.«
    Lady Jane nickte und ging mit entschlossenen Schritten in Richtung des Ballsaals davon.
    Marcus stützte sich schwer auf Phillippa, als er ihr eine Frage ins Ohr flüsterte. »Kannst du ihr vertrauen?«
    Phillippa wusste, dass sie ein Risiko einging. Denn es war ihre ärgste Feindin, der sie ihr größtes Geheimnis anvertrauten. Aber Jane hatte in dieser gefährlichen Situation einen kühlen Kopf bewahrt und sie sogar aus dem Irrgarten geführt. Und vor zehn Jahren, als sie noch Freundinnen gewesen waren, hatte Phillippa Jane in jedes Geheimnis eingeweiht – und umgekehrt.
    Aber jetzt war nun einmal nicht mehr vor zehn Jahren. Sie und Jane hatten sich verändert, waren andere Menschen geworden. Und wie anders, das war die Frage, auf die es jetzt ankam.
    Phillippa wollte sich ihre gemischten Gefühle nicht anmerken lassen und lächelte deshalb ermutigend. »Uns bleibt gar nichts anderes übrig.« Als Marcus matt nickte, sah sie ihn ernst an.
    »Wir müssen jetzt weitergehen«, sagte sie.
    Inzwischen verließen nur noch wenige Leute den Ballsaal, um in den Garten hinauszugehen, aber einige von ihnen zogen erstaunt die Augenbrauen hoch, als sie Phillippa und Marcus begegneten. Sein dunkler Umhang verdeckte die Verletzung, und die meisten der Gäste waren ohnehin zu beschwipst oder zu sehr mit sich selbst beschäftigt, um auf sie zu achten.
    Aber das würde sich sehr schnell ändern, sollte Marcus ohnmächtig werden.
    »Komm.« Phillippa drängte ihn, den nächsten Schritt zu machen. Langsam durchquerten sie die Halle und gelangten zu der Treppe, die zum Westflügel hinaufführte. Phillippa stützte ihn und hielt ihn aufrecht; aber trotz seiner Entschlossenheit geriet Marcus ein Mal ins Stolpern, als er die Stufen

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