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Ein Spion in erlauchter Gesellschaft (German Edition)

Ein Spion in erlauchter Gesellschaft (German Edition)

Titel: Ein Spion in erlauchter Gesellschaft (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Noble
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worden?«, fragte Phillippa.
    »Ein oder zwei Stallburschen haben sich versengt.« Sie zuckte die Schultern. »Aber sie haben die Pferde gerettet. Das Gebäude ist allerdings nicht mehr als ein verkohlter Trümmerhaufen.«
    Phillippa brachte Jane zur Tür. Eine Frage hing noch in der Luft. Und als Jane die Hand auf den Türknauf legte, beschloss Phillippa, dass die Sache es wert war, das Risiko einzugehen.
    »Jane … vorhin hat Marcus … Mr. Worth … mich gefragt, warum wir eigentlich … so zerstritten sind.«
    Janes Augen wurden kühl. »Und was hast du ihm geantwortet?«
    »Dass es schwierig ist, darauf eine Antwort zu geben«, erwiderte Phillippa.
    »Ja, das ist es«, stimmte Jane zu.
    »Kannst du … kannst du es erklären?«, fragte Phillippa.
    Jane behielt Phillippa genau im Blick, während sie über die Antwort nachdachte. »Es gibt wohl viele Gründe, nehme ich an. Aber keiner ist wichtig genug, als dass ein Gespräch darüber lohnen würde«, schloss sie frostig. »Mach dir keine Sorgen um das Kleid. Du kannst es wegwerfen, wenn du es nicht mehr brauchst. Ich werde es nicht mehr tragen.«
    Damit hatten sie wieder genau jene gegensätzlichen Rollen eingenommen, die sie schon seit so langer Zeit spielten. Phillippa wünschte Jane eine gute Nacht und schloss die Tür.
    Bei Tagesanbruch erwachte Marcus. Seine Kehle war papiertrocken, sein Körper schrie förmlich vor Erleichterung, dass das Fieber nachgelassen hatte. Ja, er war noch geschwächt, aber er konnte klar denken und verlor sich nicht in Fieberträumen. Und das war ihm nur klar, weil Phillippa nicht da war. In seiner Fantasie war sie die ganze Nacht bei ihm gewesen, und er hatte sie so fest in seinen Armen gehalten, dass ihre Körper miteinander verschmolzen waren.
    Stattdessen wurde er von Byrne begrüßt.
    »Guten Morgen, wie fühlst du dich?«
    »Wie Kuhdung«, erwiderte Marcus. »Ich brauche Schlaf.«
    »Ja. Aber zuerst müssen wir dich aus dem Haus schaffen«, sagte Byrne, während er einige Hemden und blutige Leinentücher in einen Koffer warf. »Und zwar so, dass niemand bemerkt, dass du verletzt bist.«
    Byrne hatte natürlich recht. Die Hausgesellschaft sollte heute ihr Ende finden, und alle Gäste würden in ihre Kutschen steigen und in die Stadt zurückkehren. Er durfte sich seine Verletzung nicht anmerken lassen, wollte er niemandes Aufmerksamkeit erregen. Ganz besonders nicht die Sterlings (sollte er Laurent tatsächlich unterstützen). Nein, Marcus musste aufstehen und das Zimmer verlassen, durch das Haus gehen und in die Kutsche steigen, als sei nichts passiert.
    »Dein Fieber hat ein wenig nachgelassen«, stellte Byrne fest, nachdem er für einen Moment eine kühlende Hand auf Marcus’ Stirn gelegt hatte.
    »Wo steckt Phillippa?«, wollte Marcus wissen und schaute sich um.
    »Ich bin vor ein paar Stunden zurückgekommen und habe sie ins Bett geschickt. Wie ich sehe, hat sie mit der Kugel Erfolg gehabt.« Byrne zeigte auf den kleinen Metallklumpen auf dem Nachttisch. Marcus’ Blick fiel auf den Stuhl auf der anderen Seite des Zimmers, wo Phillippas Kleid lag, einst hübsch, jetzt blutig, zerrissen und verschmutzt. »Und ich muss zugeben, dass sie unter den gegebenen Umständen einen kühleren Kopf bewahrt hat, als ich es ihr zugetraut hätte.«
    »Ja, sie war ein verdammter Fels in der Brandung«, brummte Marcus und zwang sich in eine sitzende Position. Zum ersten Mal bemerkte er, in welchem Zustand Byrne sich befand.
    »Du siehst ja schrecklich aus.«
    Es stimmte. Byrne war viel blasser als üblich, und seine Augen waren nichts als tiefe Höhlen der Düsterkeit. Die Hand, die den Stock umklammerte, zitterte vor Anstrengung. »Mein Bein bringt mich um«, schnappte Byrne. »Übrigens siehst du auch nicht besonders wohl aus.«
    Marcus vermutete, dass Byrne die übliche Dosis Laudanum, an die er sich gewöhnt hatte wie an einen zweiten Stock, diesmal übersteigert hatte, um dem Feind auf der Spur bleiben zu können. War es wirklich schon so schlimm geworden, dass sein Bruder es nicht einen einzigen Tag ohne das verdammte Zeug aushielt?
    Aber jetzt war nicht die Zeit, dieses Thema zu vertiefen.
    »Einverstanden«, seufzte er. »Lass uns aufbrechen.«
    Zwei Invaliden stützten sich aufeinander, um den Weg den Korridor entlang zu schaffen. Ihr Gepäck war zehn Minuten zuvor von einem Lakaien abgeholt worden. Sämtliche Sachen, die mit Blut befleckt waren, hatten sie in ihre Koffer gestopft, eingeschlossen die Leinenstreifen, die Laken und

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