Ein Spion in erlauchter Gesellschaft (German Edition)
etwas tun würden.«
»Um Himmels willen, nein. Das erledigen andere Leute für mich«, erwiderte sie schlagfertig.
»Mrs. Benning, meine Bedingungen lauten wie folgt: Sie bewahren Stillschweigen bis zum Ball.«
»Das ist nicht schwer. Der Erfolg des Balls hängt davon ab, dass Ihre Identität geheim bleibt.«
Unwillkürlich legte Marcus ihr die Hand auf den Ellbogen. »Ich bin auf der Jagd nach jemandem. Mrs. Benning, wenn es sich tatsächlich um denjenigen handelt, den ich im Kopf habe, dann handelt es sich um eine sehr gefährliche Person. Wenn ich nicht in der Lage bin, ihn vor dem Ball dingfest zu machen, müssen Sie den Ball ohnehin absagen.«
»Was?«, schrie sie und starrte ihn mit offenem Mund an. Ihr Schrei hatte nicht unerhebliche Aufmerksamkeit auf sie gelenkt, denn Totty und Lady Worth machten sich auf den Weg zu ihnen. Totty hatte eine besorgte Miene aufgesetzt, bis Phillippa sie mit einem leichten Kopfschütteln beruhigte.
»Unter keinen Umständen werde ich den Benning-Ball absagen! Das wäre eine Katastrophe!«, flüsterte sie heftig.
»Es wäre eine viel größere Katastrophe, wenn ich den Mann bis dahin nicht schnappen könnte.«
»Warum?«, forderte sie ihn heraus.
»Aus zwei Gründen. Erstens wäre ich als Blue Raven enttarnt, bevor er gefangen ist. Ich wäre verbrannt. Ich ziehe es vor, das zu vermeiden.«
Sie musste seine Worte erst verdauen.
»Und zweitens?«
»Der zweite Grund ist ziemlich einleuchtend: Ihr Ball ist das letzte Ereignis auf der Liste.«
Phillippa stockte der Atem.
Du lieber Himmel, dachte sie und schaute ihm ins Gesicht. Sie sah nichts als strengsten Ernst und spürte, wie ihr Magen sich umdrehen wollte.
»Jetzt treiben Sie doch keinen Spott mehr mit mir, oder?«
Mit dem Daumen massierte er beruhigend ihren Ellbogen. »Wie ich sehe, habe ich Sie erschreckt. Das tut mir leid. AberSie müssen verstehen … und sich der Ernsthaftigkeit der Lage bewusst werden. Ich spiele nicht irgendein Spielchen. In dieser Sache ist bereits einem Mann die Kehle durchgeschnitten worden.«
Phillippa wurde noch blasser, falls das überhaupt möglich war. Sie spürte, wie sein Griff um ihren Ellbogen fester wurde. Konnte es sein, dass ihr die Knie zitterten?
»Mrs. Benning, es tut mir leid, ich habe mich kurz vergessen. Aber ich kann es einfach nicht zulassen, dass Ihnen Schaden entsteht, wenn ich es irgendwie vermeiden kann.«
Phillippa gewann wieder festen Boden unter den Füßen, fand mit größter Anstrengung ihr Gleichgewicht zurück und löste den Arm aus seinem Griff. »Lord Fieldstone … bestimmt ist er Ihnen jetzt eine große Hilfe. Ich weiß ja, dass er Ihnen neulich nicht versprechen konnte, Ihre Forderungen zu unterstützen, aber nach den jüngsten Entwicklungen … «
Aber Marcus schüttelte nur den Kopf. »Auf Lord Fieldstone kann ich nicht mehr zählen.«
Phillippa verspürte nur noch Grimm in sich. Teils wollte sie fortrennen. Am besten auf den Landsitz ihrer Familie, um sich dort zu verstecken. Wo war sie da nur hineingeraten? Aber nein, sie konnte nicht davonlaufen. Phillippa Benning lief niemals davon. Phillippa Benning war eine unberechenbare Macht. Der Benning-Ball würde das Ereignis der Saison sein. Und sie brauchte nicht erst über die Schulter zu schauen, um zu wissen, dass Lady Jane Cummings um Broughton herumwedelte.
»Nun«, sagte Phillippa und straffte die Schultern, »es könnte auch sein, dass Sie einem Phantom nachjagen. Was, wenn dieser Mann sich nicht mehr in London aufhält? Dann müsste ich den Ball grundlos ausfallen lassen.«
»Sie wollen Gründe?«, brummte er. »Dann sorgen Sie dafür, dass ich zu der ersten Gesellschaft auf der Liste eingeladen werde. Dort zeige ich Ihnen die Gründe.«
Jetzt blickte sie doch über die Schulter, um zu beobachten, wie Lady Cummings Broughton umschmeichelte. Um genauer zu sein, sie beobachtete, wie Broughton sich besorgt zu ihr lehnte. Sehr besorgt.
»Mr. Worth«, fuhr Phillippa munter fort und setzte ihr keckstes Lächeln auf, »sehen Sie diese, äh, ziemlich füllige Frau da drüben auf der anderen Straßenseite? Die dieses sehr … äh … patriotische Kleid in Blau und Rot trägt? Das ist Lady Whitford.«
»Die mit dem Whitford-Bankett?«, hakte er nach.
»Genau die. Jetzt reichen Sie mir bitte Ihren Arm. Danke«, sagte sie, als er gehorchte, »und beugen Sie sich zu mir hinunter.«
Und als er es tat, wisperte sie ihm ins Ohr: »Lassen Sie sich um Gottes willen Ihre Koteletten stutzen.«
Als
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