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Ein Spion in erlauchter Gesellschaft (German Edition)

Ein Spion in erlauchter Gesellschaft (German Edition)

Titel: Ein Spion in erlauchter Gesellschaft (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Noble
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mehrere hundert Gäste eingefunden, und natürlich nur die Auserlesensten der Auserlesenen. In dem Meer aus Gesichtern, Mänteln, Kleidern und Juwelen hätte man sich leicht verlieren können.
    Es sei denn, man war Phillippa Benning.
    Wie beruhigend, wenn man einen halben Kopf größer ist als die übrige weibliche Bevölkerung, dachte Phillippa. Nicht nur, dass sie über die meisten der Anwesenden hinwegblicken konnte; umgekehrt wurde sie auch von allen gesehen.
    Und wer wollte, konnte ihr aus dem Weg gehen.
    »Du liebe Güte, was für ein Gedränge!«, sagte Totty, die es kaum geschafft hatte, Phillippa durch die überfüllte Halle in den Ballsaal zu folgen. »Ich dachte, es sollte exklusiv sein!«
    Das Whitford-Bankett war so organisiert, dass man erst alle anderen Räume durchqueren musste, um in den Bankettsaal zu gelangen – die Tanzsäle, die Salons, in denen die Kartenspiele stattfanden, und natürlich die große Halle, die Lord Whitfords beeindruckende Sammlung von Feuerwaffen beherbergte (die er teils selbst entworfen hatte). Diener mit Champagner und Häppchen auf Silbertabletts bahnten sich ihren Weg durch die Menge. Das größte Spektakel des Abends, das Bankett, würde jedoch erst gegen Mitternacht stattfinden, genau dann, wenn Marcel, der verehrte französische Küchenchef der Whitfords, seine berühmte Taubenpastete enthüllte.
    Die Idee zu diesem Gericht war einem Kinderreim entlehnt, in dem vierundzwanzig Schwarzdrosseln in einer Pastete eingebacken wurden. Aber Marcel in seiner typisch französischen Art hatte entschieden, dass weiße Tauben in ästhetischer Hinsicht viel besser in die hauchdünne Pastetenkruste passten als die »hässlichen schwarzen Vögel«. Lord Whitford war natürlich nur zu bereit, allem zuzustimmen, was Marcel verkündete, solange er nur Jahr für Jahr für die opulente Tafel sorgte, die aus dem Whitford-Bankett das gefeiertste Ereignis der Saison machte. Sobald die Tauben aus ihrem Pastetengefängnis befreit und davongeflattert waren, wurde das Bankett mit seinen diversen Gängen serviert: Wachteln und Fasane, Enten und Trüffelsoße, gebackener, glasierter Schinken, mit Johannisbeeren gefüllte Gänse und Lammcurry, und all das wurde garniert mit Früchten und Gemüsen jeder Art, ganz gleich, ob es zur Jahreszeit passte und aus dieser Hemisphäre stammte oder auch nicht.
    Marcel war ein Küchenchef, der wusste, wie man das Exotische zelebrierte. Wer sehr tapfer war, würde auch den geschmorten Alligator probieren oder den zart flambierten Hai. Die Tartes, Pastetchen, Kuchen, Bonbons, das Eis, das Marzipan und die Meringues, die als Desserts auf den Tisch kamen, reichten aus, um das Korsett selbst der standfestesten Frau zu sprengen. Und wer klug war, nahm einen ganzen Tag vorher nichts zu sich, um sich vorzubereiten; wer damit erfolgreich war, aß einen ganzen Tag danach ebenfalls nichts.
    Aber selbstverständlich musste man erst einmal in die Banketthalle gelangen, um an alldem teilnehmen zu können.
    »Glaub mir, das Whitford-Bankett ist exklusiv.« Sanft strich Phillippa über ihr perfekt gelocktes und gelegtes Haar. »Schau dich doch um. Hier ist kaum jemand, den wir nicht kennen.«
    »Vielleicht kaum jemand, den du nicht kennst«, brummte Totty, »wirklich, ich habe keine Ahnung, wie du sie alle auseinanderhalten kannst. Du musst den Leuten nur ein einziges Mal über den Weg laufen, um sie am Augenaufschlag wiederzuerkennen.«
    »Und ich finde es weitaus bemerkenswerter, dass andere damit so große Schwierigkeiten haben«, bemerkte Phillippa. Zurzeit befanden sie sich im Ballsaal, wo die Tanzenden viel zu viel Platz beanspruchten. Sie ließ den Blick über die Reihen sich drehender Paare auf dem Parkett schweifen, an dessen Seiten die Matronen und verheiratete ältere Gentlemen saßen, Mauerblümchen und weniger vornehme junge Kerle, die die hinteren Ränge einer jeden Gesellschaft belegten. Phillippa kannte tatsächlich jedes einzelne Gesicht, konnte genau angeben, wo sie sich begegnet und wer die Eltern waren und wie viel sie bei der Bank of England eingelagert hatten. Was sie einerseits beruhigte, andererseits aber auch erschreckte.
    Falls Mr. Worth richtig lag und irgendeine bedrohliche Macht heute Abend ihr Unwesen trieb, dann würde es mit der Hilfe eines Gastes geschehen. Und da es niemanden gab, den sie nicht kannte …
    Außer natürlich es handelte sich um einen Diener. Dieser Gedanke heiterte Phillippa wieder auf, bis ihr einfiel, dass Lady Whitford für

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