Ein Spion in erlauchter Gesellschaft (German Edition)
sie sich wieder zurücklehnte, stieß sie ihr zauberhaftestes Lachen aus, sodass sich sämtliche Köpfe auf der Bond Street nach ihr umdrehten. Sanft zog sie Marcus Worth mit sich, während sie langsam in Richtung Totty, Bitsy und Lady Worth schlenderten. Phillippa nickte Lady Whitford freundlich zu und lud die Lady damit ein, sich zu der Gruppe zu gesellen.
»Totty, Mr. Worth hat mir gerade eine höchst amüsante Geschichte über einen Boxkampf in Jackson’s Saloon erzählt.« Lächelnd wandte Phillippa sich an die Gruppe.
»Marcus!«, rief Lady Worth aus, »solche Geschichten sind sicher nicht für die Ohren einer Lady bestimmt!«
»Oh, ich weiß nicht recht, Mariah, ich habe den Eindruck, dass Jackson das eine oder andere durchaus von Mrs. Benning lernen könnte«, erwiderte er, eine Sekunde bevor Phillippas Ellbogen zackig in seinen Rippen landete.
Während Marcus auf bewundernswerte Weise eine Geschichte über einen Übungskampf entspann, den er mit dem großen Jackson persönlich geführt hatte, und Lady Whitford flink die Bond Street überquerte, wagte Phillippa einen verstohlenen Blick über ihre Schulter. Sie beobachtete, wie Lady Jane verzweifelt versuchte, Broughtons Aufmerksamkeit zu erringen – vergeblich. Denn mittlerweile war Broughton auf sie, Phillippa, fixiert. In seinen Augen glitzerte es herausfordernd.
Besser könnte es nicht laufen, dachte sie und lehnte sich ein bisschen näher zu Marcus Worth.
Der Mann weiter unten in der Bond Street ließ den Blick über die Uhrenketten in der Auslage schweifen und beobachtete, wie Mrs. Phillippa Benning sich bei Marcus Worth einhakte und ihn zu ihren Freunden schob, während sie aus vollem Halse lachte.
Er nickte einem Bekannten zu, der sich an den Hut tippte, als er vorbeiging. Es war unglaublich einfach, einen Spaziergang zu machen und dabei Worth und dessen Schwägerin bei ihren Einkäufen zu folgen. Schon die Brook Street hinunter hatte er sie verfolgt, dann über die Oxford, jetzt über die Bond, und alles ohne besondere Vorkommnisse. Gerade hatte er gedacht, dass die Befürchtungen seiner Kameraden bezüglich Mr. Worth vielleicht doch übertrieben waren, als der Lady Worth wieder einmal in den Laden einer Putzmacherin folgte – mit dem Ausdruck größter Langeweile im Gesicht. Nur ein einziges Mal hatten die Worths sich länger Zeit genommen, mit jemandem zu sprechen, nämlich als Lady Worth Mrs. Benning erblickt hatte und auf sie zugeschossen war wie der Jagdhund auf einen Fuchs. Ein paar Minuten lang hatte Mrs. Benning allein mit Worth gesprochen. Phillippa Benning, unbestritten tonangebend in den Salons, unterhielt sich ausgedehnt mit Marcus Worth. Vielleicht hatten die beiden zärtliche Gefühle füreinander entwickelt, aber wann und wo, das konnte er sich nicht denken.
Als die Lady ein helles Lachen ausstieß, beschloss er, dass der gesamte Vorfall bedeutungslos war, und drehte sich weg.
Ja, Marcus Worth war paranoid. Aber was auch immer sein Misstrauen geweckt haben mochte – wie es aussah, war er interessierter daran, das Wohlwollen der Ladys zu gewinnen, als seinem Verdacht nachzugehen.
Es war beinahe enttäuschend, feststellen zu müssen, dass Marcus Worth harmlos war.
13
Auf dem Höhepunkt der Saison wimmelte Mayfair nur so von Reichen und Schönen, und selbst an ganz gewöhnlichen Tagen konnte man sich vor ihnen kaum retten. Wie Scharen von Zugvögeln bevölkerten sie die Straßen und die Parks, flatterten sie von einem Ende des St. James’s Square zum anderen. Abends allerdings hatte jeder in Mayfair ein festes Ziel vor Augen, ob es nun das Almack’s war oder eine Einladung zum Kartenspiel oder ein Maskenball. Niemand schlenderte mehr einfach nur umher, sondern verfolgte Absichten und Pläne.
So auch heute Abend, an dem jeder, der etwas darstellte, auf das Anwesen der Whitfords zustrebte.
Whitford Mansion, ein beneidenswert großes, im palladianischen Stil erbautes Haus mitten in Londons elegantem Stadtviertel, schmiegte sich behaglich in das einige Hektar umfassende Grün seiner gepflegten Parkanlagen.
Man konnte annehmen, dass solch ein großes Haus mit solch weitläufigen Parks mit Leichtigkeit mehrere Dutzend der engsten Freunde der Whitfords beherbergen konnte – zum Trinken, Tanzen und, was das Beste von allem war, zum Essen. Und mit dieser Annahme hatte man durchaus recht.
Nun ja, wurde die Anzahl mehrerer Hundert überschritten, konnte es durchaus ein wenig eng werden.
Zum Bankett hatten sich ebendiese
Weitere Kostenlose Bücher