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Ein Spion in erlauchter Gesellschaft (German Edition)

Ein Spion in erlauchter Gesellschaft (German Edition)

Titel: Ein Spion in erlauchter Gesellschaft (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Noble
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alle waren gefesselt von dieser Geschichte. Whitford fuhr fort.
    »Niemand weiß genau, wie es geschehen ist, aber eines Tages, nachdem Blue Raven von dem Ruf des Mannes gehört hatte, traf er in einer dunklen Gasse auf ihn. Er beobachtete, wie Laurent einen Mann ermordete, der als Gefährte eines englischen Spions enttarnt worden war, und jagte den verräterischen Franzosen bis in das Gassengewirr von Paris. Laurent ist ihm zwar entkommen, dafür aber fand er eine dieser Pistolen, die Laurent bei der Flucht verloren hatte. Blue Raven hat sie an sich genommen und geschworen, Laurent mit dieser Waffe zur Strecke zu bringen.«
    Whitford legte eine kurze Pause ein. »Aber auch Laurent hatte sich etwas geschworen: den Mann zu zerstören, der die Pistole seines Vaters geraubt hatte. So ist es geschehen, dass Laurent und Blue Raven zu Todfeinden wurden. Sie haben einander verfolgt und Anschläge aufeinander verübt, bis sie sich eines schicksalhaften Tages gegenüberstanden. Die Tatsache, dass sich beide Pistolen auf englischem Boden befinden, diene dem Beweis, wer gewonnen hat.«
    Lord Whitford erntete noch den begeisterten Applaus für seine Geschichte, als der Klang eines Glockenschlags – der Schlag zur halben Stunde – durch das Haus hallte.
    »Du liebe Güte, schon halb zwölf? Ladys und Gentlemen, ich muss mich in den Bankettsaal begeben und auf den Festschmaus vorbereiten. Mit Ihrer Aufmerksamkeit haben Sie mir viel Freude bereitet. Aber jetzt sollten Sie meiner Frau und dem Küchenchef eine ebenso große Freude bereiten, indem Sie Ihren Appetit pflegen.«
    Die Bemerkung wurde mit Lachen quittiert. Die Gruppe löste sich auf, und man ging hinunter in den Bankettsaal. Nur Marcus und Phillippa verharrten noch einen Augenblick. Marcus konzentrierte sich voll und ganz auf die Pistolen, auf die formvollendeten Verzierungen auf Trommel und Handlauf, die nahezu überirdisch glänzten. Er konnte sich nicht von dem Anblick lösen. Phillippa zupfte ihn sanft am Ärmel.
    Er schaute auf und sah, dass die große Galerie leer war. Sogar Totty war fortgegangen; sie hatte mit Mrs. Frederick geplaudert, als sie sich auf den Weg zu der Schar der Schönen und Reichen gemacht hatte, die sich so prächtig amüsierten.
    Dann blickte Marcus in Phillippa Bennings blaue Augen. Seltsam. Sogar Sonette waren über ihre blauen Augen schon gedichtet worden, aber dort, wo er jetzt stand, konnte er darin kleine grüne Flecken erkennen. Flüchtig fragte er sich, ob irgendeiner dieser Poeten jemals so nahe bei ihr gestanden hatte. Und erstaunlicherweise konnte Marcus in diesen blaugrünen Augen Ruhe erkennen; ja, trotz all ihrer stürmischen Art lag eine große Ruhe in diesen Augen.
    »Kommen Sie«, sagte Phillippa, »Sie müssen mit mir tanzen. Schon vergessen?«
    Phillippa barst vor Fragen an Marcus, doch leider wurde kein Walzer gespielt, der ihnen ein gewisses Maß an privater Unterhaltung ermöglicht hätte. Stattdessen würde ein Maggot, angestimmt werden, ein Tanz, dessen Tonfolge fast schon wie eine Fuge klang und der sich für Phillippa immer melancholisch und sehnsuchtsvoll anhörte. In dieser besonderen Version eines Mr. Beveridge schwoll das Spiel der Violinen an und verebbte wieder, während die Tanzpaare aufeinander zugingen, sich trennten, um den neben ihnen Tanzenden herumgingen und wieder zusammenkamen. Das Cello sorgte für Würde, aber auch für dieses leise Brummen, das sich anfühlte wie der Puls des Verlangens.
    Marcus und Phillippa nahmen ihre Plätze einander gegenüber ein. Die Musik hob an. Sie schauten sich an, während sie warteten, bis die Reihe an ihnen war, dann begannen sie ihre Tanzschritte.
    Totty hat recht, dachte Phillippa, als er ihre Hand in seine nahm und eine Drehung vollführte, auf dem Parkett macht er sich ganz gut. Sogar mehr als nur ganz gut.
    Phillippa war klar, dass sie etwas sagen musste, und beschloss, eine Bemerkung über den Saalschmuck zu machen.
    »Lady Whitford ist sehr stolz auf ihr Land.« Ihre Stimme klang ernster als gewohnt.
    »Ja«, stimmte Marcus sarkastisch zu, »das ist unübersehbar.«
    Dem Thema entsprechend war der gesamte Ballsaal – eigentlich das ganze Haus – in den Farben des Union Jack geschmückt worden. Die Rosenbuketts prangten im reinsten Rot und Weiß; Bänder aus üppigem blauem Samt hielten die Buketts zusammen. An den Wänden hingen Girlanden und verschiedene Porträts: das des Königs, des Prinzregenten, des Duke of Wellington und das Admirals Nelson, der für

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