Ein Spion in erlauchter Gesellschaft (German Edition)
nicht erledigen. Das letzte Mal hätte es dich beinahe umgebracht … «
»Vielleicht wäre das sogar besser gewesen!«, schrie Byrne zurück und erhob sich rasch.
Marcus erstarrte.
In der Tat, es stimmte, dass Byrne als ein anderer Mensch aus dem Krieg zurückgekehrt war. Aber das, was hier geschah … das war wieder etwas vollkommen anderes.
»Byrne«, flüsterte Marcus den Namen seines Bruders. Aber Byrne schüttelte es ab, ließ sich nicht auf diese Schiene ein.
»Ich bin immer noch hier. Und ich bin derjenige, der dieser Sache ins Angesicht schauen muss. Was auch immer sich in ihr verbirgt.«
»Nicht allein. Noch nie hast du dich ihr allein stellen müssen.«
»Doch, das habe ich getan!«, erwiderte Byrne und sank wieder auf seinen Stuhl. »Ich musste dieses Dorf allein durchqueren. Ich bin allein in die Taverne gegangen. Und ich bin deinen Informationen gefolgt, als ich fünf Schritte von Laurent entfernt stand und ihn erschossen habe. Ich habe ihn getötet, ich habe ihm die Pistole aus der Hand gezogen. Und jetzt erzählst du mir, dass er immer noch am Leben ist!«
»Ich weiß, dass es unmöglich scheint … «
»Es ist unmöglich.« Byrne erhob sich, er war zu nervös, um ruhig zu bleiben, und marschierte im Arbeitszimmer auf und ab, gestützt auf seinen Spazierstock. »Er hat mit mir gesprochen. Er weiß, wer ich war. Er hatte mich erwartet. Er war Laurent.«
Marcus war klar, warum dieser Tod seinen Bruder immer noch nicht losgelassen hatte. Denn in all den Schlachten, die sie geschlagen hatten, in all der Zeit, in denen sie Schüsse abgefeuert hatten, war es immer nur darum gegangen, das eigene Leben zu retten. Aber dieses eine Mal hatten sie einen Mord begangen.
Der Krieg war seit fast zwei Wochen vorüber gewesen. Die Kapitulation war erklärt und angenommen worden. Nur Laurent lief immer noch frei herum.
Der Mann war ein besonders blutrünstiger Übeltäter gewesen. Er schreckte nicht davor zurück, einen Informanten zu töten, sobald er die Information in den Händen hielt. Sogar dann nicht, wenn es ihm reichlich Zeit zur Flucht verschafft hätte, besagten Informanten zurückzuhalten. Er hatte Byrne und Marcus provoziert, indem er Gerüchte gestreut hatte, dass er für seinen Kaiser Raben rupfte und servierte. Und wer ihm in die Quere kam, wurde geschlachtet.
Und als Marcus, bevor sie an Bord des Schiffes nach Hause gehen wollten, den Hinweis auf einen Mann erhalten hatte, der Laurent ähnlich sah und der sich in irgendeinen fish fin verkrümelt hatte, beschlossen die Brüder, dass es zum Wohle der beiden Nationen wäre, diese Spur zu verfolgen.
Byrne war es gewesen, der die Straße entlanggegangen war, der den Schuss abgefeuert hatte; aber Marcus hatte ihn hingeführt. Und Marcus war es auch gewesen, der seinen Bruder schließlich gefunden hatte; Byrne hatte am Strand unter einer Jolle Schutz gesucht, als die Flut kam und er wegen des Blutverlusts das Bewusstsein verloren hatte.
Marcus hatte Laurent tot haben wollen. Hatte sich gefreut, dass es auch so gekommen war – bis Johnny Dicks ihm etwas anderes verraten hatte.
»Das habe ich dir eigentlich ersparen wollen«, sagte Marcus leise und behielt seinen auf und ab marschierenden Bruder genau im Blick.
»Ja.« Byrnes Stimme triefte vor Verachtung. »Wie viel leichter ist es, Mrs. Benning zu verführen, ohne dass der eigentliche Blue Raven in der Nähe ist.«
»Darum geht es doch gar nicht«, entgegnete Marcus leise und kalt.
»Bist du dir da ganz sicher? Heute früh hast du recht vertraut mit ihr ausgesehen. Und wie man so hört, würde sie es jemandem wie dir eigentlich kaum gestatten, ihr näherzukommen. Ohne Anreiz.«
» Sie «, betonte Marcus aufgebracht, »hat immerhin einen Plan gehabt. Sie hat mir Zutritt zu einer Welt verschafft, die mir garantiert auf die Schliche gekommen wäre, wenn ich mich mit falscher Identität dort eingeschleust hätte. Sie hat durchaus Hirn und Verstand und verfügt über eine Bandbreite von Fähigkeiten, die dich erschüttern würde. Ihr Verständnis dessen, was in diesem Plan wichtig ist, reicht über deins weit hinaus. Sei also vorsichtig mit dem, was du über Phillippa Benning äußerst.«
In dem Drang, diesen Punkt unmissverständlich klarzumachen, hatte Marcus sich drohend vor seinem Bruder aufgebaut. Sie standen direkt voreinander, Zehenspitze an Zehenspitze, aber Marcus hatte schon immer den Vorteil der Größe genossen. Es war jedoch Byrne, der in diesem Moment den Vorteil genoss, zu
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