Ein Stern fiel vom Himmel
mittlerer Radioladen zwei Jahre leben konnte, und Rudi wußte dieses Geschenk zu würdigen. Unter seinen geschickten Händen entstand aus den Einzelteilen im Laufe weniger Wochen ein Meisterstück von einem Kurzwellensender und ein Empfänger gleicher Qualität, mit denen er nun unabhängig von den Geräten der Station den lieben langen Tag im äther Spazierengehen konnte.
Auch Lorenzen hatte sich nicht über Mangel an Beschäftigung zu beklagen, denn der Funkverkehr der Station nahm einen bemerkenswerten Aufschwung. Da waren nicht nur die Eggerth-Reading-Werke in Bay City, sondern vor allem die Walkenfelder Werke, die jetzt fast täglich einen längeren Meinungsaustausch mit Dr. Wille pflogen. Auch die wissenschaftlichen Institute meldeten sich immer häufiger. Und dann meldete sich auch ein Mr. Garrison.
In der zweiten Februarwoche fing Rudi mit seinem neuen Apparat einen Anruf der Sternwarte von Pasadena auf, den er pflichtgemäß an Lorenzen weitergab, und nach kurzem Hin und Her entwickelte sich daraus ein Funkverkehr, der demjenigen nach Walkenfeld bald nicht mehr nachstand.
Die Herren Schmidt und Wille nahmen diese neue Korrespondenz mit gemischten Gefühlen auf. Dr. Wille, weil er gerade zu dieser Zeit andere wissenschaftliche Sorgen hatte, der lange Schmidt, weil er grundsätzlich mit seinen Forschungsergebnissen zurückhielt. Nach seiner Meinung sollte dieser Mr. Garrison aus Pasadena gefälligst selber eine Expedition ausrüsten, wenn er Genaueres über die magnetischen Verhältnisse in der Antarktis wissen wollte. Sobald die Telegramme nach Pasadena über trockenes Zahlenmaterial hinausgingen, leuchtete dieser Standpunkt unverhüllt aus ihnen hervor.
Vergeblich versuchte Dr. Wille, dem Einhalt zu gebieten.
»Sie werden so lange machen, Schmidt«, sagte er ärgerlich, »bis dieser Mr. Garrison wirklich herkommt, und dann …«
»… ist er hier«, vollendete Schmidt ganz gelassen den Satz.
Dr. Wille schlug mit der Faust auf den Tisch.
»Jawohl, Herr Dr. Schmidt, sehr richtig! Dann ist er da, und dann haben wir den Salat. Vielleicht gerade jetzt, wo wir ihn am wenigsten brauchen können.« —
Die gereizte Stimmung Dr. Willes hatte ihren guten Grund. Je weiter die Zeit verstrich, um so weniger stimmten die Beobachtungen mit seinen Theorien überein, und hartnäckig verschloß er sich den Gründen, die Schmidt dafür anführte. Für den war die Frage längst geklärt. Der magnetische Südpol, auf seiner säkularen Wanderung begriffen, befand sich nicht mehr an der Stelle, an der Shackleton ihn vor Jahrzehnten einmal festgestellt hatte. Seine Verschiebung mußte aber logischerweise auch den Strom der Sonnenelektronen mit sich ziehen und die Erscheinungen, die Dr. Wille nach seiner Theorie erwartete, sehr merklich beeinflussen. —
4
Dr. Wille experimentierte auf dem Hof mit den neuen Kondensatoren. Dr. Schmidt stand neben ihm, seinen Chronometer in der Hand, und machte ein Gesicht, bei dessen Anblick, wie Hagemann sich ausdrückte, die Milch sauer werden mußte. Krachend schlug gerade ein Kondensatorfunke über. Der lange dürre Schmidt, die Augen starr auf die Uhr gerichtet, kniff die Lippen noch fester zusammen.
»Was haben Sie denn, Schmidt?« fuhr ihn Wille unwirsch an.
»Die Sache funktioniert doch.«
»Nicht schnell genug, Herr Wille. Wir sind hier nicht an der richtigen Stelle.«
»Ja, in drei Teufels Namen, was sollten wir denn nach Ihrer Meinung tun?«
»Mit unsern Magnetometern auf die Suche gehen, Herr Wille, bis wir den Punkt finden, an dem die magnetischen Kraftlinien genau senkrecht in den Erdball eintreten.«
Dr. Wille richtete sich auf und blickte in die Runde über das weite Schneefeld.
»Netter Vorschlag von Ihnen! In dieser Schneewüste auf die Suche gehen, bis wir den Punkt finden … Wo vermuten Sie ihn denn ungefähr?«
Dr. Schmidt zuckte die Schultern.
»Ist schwer zu sagen, Herr Wille. Wahrscheinlich weiter südlich, vielleicht auch ein paar hundert Kilometer nach Osten oder Westen verschoben. Man müßte versuchsweise nach Sü den wandern und dabei ständig die Inklination messen. Dann würden wir den Punkt schon finden.«
Dr. Wille hüllte sich fester in seinen Pelz. »Ein schauderhafter Gedanke, Schmidt, Hunderte von Kilometern durch die Schneewüste zu ziehen.«
»Die Eggerth-Reading-Werke müßten uns natürlich einen großen guten Kraftwagen schicken«, unterbrach ihn Schmidt.
»Der Wagen müßte in allen Teilen aus unmagnetischen Stoffen bestehen, so daß
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