Ein Stern fiel vom Himmel
selbst genügend Psychologe, um die Gefahr, die darin lag, sofort zu erkennen. Der tote Punkt mußte überwunden werden, und er glaubte, die Mittel dafür zu besitzen.
5
Man war in Bay City gerade dabei, die ersten Schiffe vom Typ ›St 11‹ aus der Neufabrikation für die Pazifiklinien einzufliegen. ›St 11 a‹ hatte die ersten 10 000 Kilometer bereits hinter sich, als es um die achte Abendstunde auf dem Werkhof niederging. Hein Eggerth kletterte aus dem Rumpf, Berkoff und Hansen folgten ihm.
»Der Kahn ist großartig«, rief Hansen vergnügt und schwenkte das Logbuch von ›St 11 a‹ in der Rechten.
In der Hoffnung auf ein gutes Abendessen schlugen die drei Piloten zusammen den Weg zum Casino ein, als der Professor ihnen in den Weg trat. Eine kurze Begrüßung, ein kurzer Bericht über den letzten Flug, und der Professor ging zusammen mit ihnen weiter.
Zu viert nahmen sie auf Einladung des Professors an dem runden Stammtisch im hinteren Zimmer des Casinos Platz, und bald duftete es angenehm aus vollen Schüsseln. Professor Eggerth saß neben seinem Sohn und studierte aufmerksam das Logbuch des neuen Stratosphärenschiffes, während die andern sich über die aufgetragenen Gerichte hermachten. Eine Weile ließ er sie gewähren, dann zog er Hein beiseite und begann mit ihm zu sprechen. Leise zuerst, bald danach lauter, so daß auch die andern hören konnten, um was es sich handelte und was ihnen bevorstand. In einer halben Stunde sollten sie mit ›St 11 a‹ zur Antarktis starten. »Pfui Deibel«, sagte Hansen, aber so leise, daß es der Professor nicht hören konnte.
»Ich hatte mich eigentlich aufs Bett gefreut«, flüsterte Berkoff ihm zu.
»Es ist von Wichtigkeit für unser Werk und für noch mehr, meine Herren«, sagte Professor Eggerth, und da waren Müdigkeit und Abspannung im Augenblick abgeschüttelt.
»Was sollen wir mitnehmen?« fragte Hein.
»Keine Sorge für dich, mein Junge. Draußen wird schon alles eingeladen. Zwanzig Minuten könnt ihr hier noch gemütlich sitzen, dann wird gestartet.«
Zur festgesetzten Zeit schraubte sich ›St 11 a‹ in die Höhe und stürmte nach Süden davon.
Professor Eggerth hatte mit seiner Vermutung recht, daß eine Hemmung eingetreten sei. Während Dr. Wille in langen Stunden sein bisheriges Lebenswerk durchdachte, während er sich vorzustellen versuchte, wie er es künftig unter anderen vielleicht günstigeren Bedingungen weiterführen sollte, geriet er immer wieder an einen Punkt, über den er nicht hinwegkam. Sein ureigenstes Werk war diese ganze antarktische Station, wenn er auch die tatkräftige Hilfe der Eggerth-Reading-Werke nicht unterschätzte. Von ihm war die Idee ausgegangen, und sein ganzes nicht unbedeutendes Vermögen hatte er hineingesteckt. Von ihm stammte auch der Generalplan, nachdem die Expedition bisher gearbeitet hatte, und auf die Ergebnisse dieser Arbeiten durfte er mit Recht stolz sein.
Eine Fülle neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse war im Laufe dieses Jahres gewonnen worden. In den gelehrten Zeitschriften aller Kulturvölker waren Berichte darüber erschienen und hatten seinen Namen in der ganzen Welt bekannt und berühmt gemacht.
Nun sollte das plötzlich anders werden. Nicht mehr nach seinen eigenen Ideen, sondern nach denen der Regierung … eines Ministeriums der Regierung … irgendeines unbekannten … vielleicht unbedeutenden Dezernenten dieses Ministeriums sollte künftig gearbeitet werden. Er kam nicht darüber hinweg, sooft er in seinen Gedanken bis an diesen Punkt gelangt war.
Die Station zum Teil motorisieren … Alle Messungen nicht mehr an einer einzelnen Stelle, sondern über einem großen Gebiet vornehmen … Er konnte sich der Erkenntnis nicht verschließen, daß der Gedanke grundsätzlich richtig war. Er mußte sich selbst eingestehen, daß er den Vorschlägen Schmidts mehr aus Eigensinn als aus triftigen Gründen widersprochen hatte.
Ja, war es denn wirklich nur Eigensinn? Hatten nicht andere Gründe in seinem Unterbewußtsein mitgesprochen? Gründe, über die er sich in langem selbstquälerischem Grübeln klarzuwerden suchte und die er schließlich zu finden glaubte.
Das war es, was ihn allen Vorschlägen Schmidts so schroffen Widerspruch entgegensetzen ließ. Eine Motorisierung der Station würde neue bedeutende Kosten verursachen, seine eigenen Mittel wahrscheinlich vollkommen aufzehren. Die Hilfe der Eggerth-Reading-Werke aber wieder in Anspruch zu nehmen widerstand ihm instinktiv. Das waren, er
Weitere Kostenlose Bücher