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Ein Stiefel voll Glück - Oskar und Mathilda ; 1

Ein Stiefel voll Glück - Oskar und Mathilda ; 1

Titel: Ein Stiefel voll Glück - Oskar und Mathilda ; 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Westfalen> F.-Coppenrath-Verlag <Münster
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erzählte Philipp. »Deshalb munkeln ja auch alle, dass er irgendein Gebräu schluckt, das ihn stark macht.« Wieder knuffte er Oskar in die Seite und zwinkerte heftig mit dem rechten Auge. »Zaubertrank, wenn de verstehst, was ich meine.«
    »Klar.« Oskar nickte. Irgendwelches Doping, so wie es die Rennradsportler und die Leichtathleten verbotenerweise verwendeten. Er fragte sich allerdings, wie sich jemand, der in der Bohmfelder wohnte, so ein Medikament überhaupt leisten konnte. Oskar verstand zwar nicht viel davon, er konnte sich aber nicht vorstellen, dass man das Zeug an jeder Ecke hinterhergeschmissen bekam.
    »Was is’n mit dem?«, wollte Philipp wissen. »Dem Klatsche?«
    »Nix«, sagte Oskar. »Bloß so.«
    »Und woher kennst
du
den?«, bohrte Philipp weiter.
    »Von Mathilda«, sagte Oskar.
    »Ach Gott«, sagte Philipp.
    Oskar runzelte die Stirn. »Wieso?«
    »Na, die is doch in den Klatsche verknallt. Das weiß doch jeder«, erwiderte Philipp. »Taucht manchmal in der Bohmfelder auf und verschwindet wieder. Wie ein Phantom. Wenn de verstehst, was ich meine.«

Es war zwanzig nach zwölf, als Oskar durch Opa Heinrichens Pforte schlüpfte und auf das Gartenhaus zuging. Seine Mutter saß draußen auf einem der Klappstühle und hatte ihm den Rücken zugewandt. Oskar fiel schon von Weitem auf, dass ihre Schultern zitterten.
    Langsam tappte er auf sie zu.
    »Mama?«, sagte er leise.
    Henriette Habermick zuckte zusammen. »Meine Güte! Hast du mich erschreckt!«
    Sie fuhr sich mit dem Handrücken über die Augen, aber Oskar bemerkte trotzdem, dass sie geweint hatte.
    »Mama, was ist los?«, fragte er.
    »Ach, es ist nichts«, winkte Henriette Habermick ab. Sie stand vom Stuhl auf und rückte geschäftig die Serviettendecke auf dem Tisch zurecht. »Ich hatte bloß einen kleinen Durchhänger.«
    »Wegen Papa?«, fragte Oskar zaghaft. Er musste das jetzt einfach fragen, obwohl er wusste, dass seine Mutter davon meistens noch mehr weinte.
    »Nein«, sagte Henriette Habermick. Eine Sekunde lang klang ihre Stimme sehr fest, dann fiel sie plötzlich in den Stuhl zurück, schlug ihre Hände vors Gesicht und schluchzte ungehemmt los. »Ach, Oskarchen, es tut mir ja so leid«, brach es stockend aus ihr hervor.
    »Was denn, Mama? Was denn?«, fragte Oskar bestürzt, und als er nicht gleich eine Antwort bekam: »Ist vorübergehend etwa schon vorbei? Müssen wir wieder ausziehen?«
    »Nein, nein, das müssen wir nicht«, schlickste seine Mutter. »Wir werden uns vielleicht irgendwann etwas Größeres suchen.« Ihre Schultern bebten jetzt so heftig auf und ab, dass Oskar hasenbang zumute wurde. »Ich meine, das Schlafzimmer ist ja nun wirklich ein wenig klein geraten. Und dann dieser riesige Schrank … Ich glaube, ich werde mal mit Herrn Heinrichen reden.«
    »Mama!«, schrie Oskar. »Kannst du mir nicht bitte endlich sagen, was passiert ist?«
    Henriette Habermick verstummte. Sie drehte sich um und sah Oskar nun geradewegs ins Gesicht. Ihre Finger konnteneinfach nicht ruhig bleiben und fuhren rastlos an ihrem Rock entlang. Und der Blick in ihren Augen war so traurig, als ob die ganze Welt in sie hineingeweint hätte. Oskar schluckte. Sein Herz klopfte wild, und seine Knie zitterten so sehr, dass er sich kaum noch auf den Beinen zu halten vermochte.
    »Ist es wegen Papa?«, krächzte er. »Ist er … tot?«
    Das letzte, ungeheuerliche, eigentlich unaussprechliche Wort kam schwer wie ein Tonnengewicht und kaum noch hörbar über seine Lippen.
    »Nein!«
    Seine Mutter rief es sehr laut. Und dann war sie auf einmal vor ihm, beugte sich über ihn und nahm ihn in ihre Arme. So fest und so zart, so warm und so weich, wie sie es seit Manfred Habermicks Verschwinden nicht mehr getan hatte.
    Oskar schlang ihr die Arme um den Hals und drückte sich an sie. Und aus seinen Augen schossen so viele Tränen heraus, als ob man auf den Knopf eines Limonadenautomaten gedrückt hätte.
    »Mama«, schluchzte er. »Mama, was ist denn mit ihm?«
    »Ach, mein Kleiner, mein Süßer.« Henriette Habermick strich ihm über die Haare und über das Gesicht, über den Rücken, den Hals und die Schultern. »Es tut mir leid. Ich wusste ja auch nicht … Ich hab doch auch immer befürchtet … Aber nein!« Sie schüttelte entschieden den Kopf. »Papa ist nichts zugestoßen. Er ist nur nicht mehr bei uns. Und vielleicht kommt er auch ganz lange nicht zurück. Aber ich binsicher, dass er dich sehr, sehr lieb hat. Hörst du, Oskar …!« Sie zog die

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