Ein stiller Waldteich: Die Erkenntnismeditation von Ajahn Chah (German Edition)
Ergreifen und Fürchten, und wir wollen so handeln, wie es uns gerade gefällt. Was immer wir auch tun, wir wollen uns dabei wohl fühlen. Wenn wir nicht mehr in der Lage sind, unsere Annehmlichkeiten und unser Vergnügen aufrechtzuerhalten, sind wir unglücklich, Ärger und Abneigung entstehen, und wir leiden, gefangen von unserem Geist.
Zum größten Teil folgt unser Denken den Sinnesobjekten, und wo immer uns das Denken hinführt, dorthin folgen wir. Denken und Weisheit unterscheiden sich allerdings voneinander – im Zustand der Weisheit wird der Geist still und bewegungslos, und wir sind einfach für reines Erkennen offen. Wenn uns jedoch normalerweise Sinnesobjekte bewußt werden, denken wir darüber nach, verweilen dabei, reden davon und machen uns darüber Sorgen. Doch keines dieser Objekte existiert wirklich; alle sind unbeständig, unbefriedigend und leer. Unterbrich diesen Vorgang einfach, und zerlege die Objekte in die drei Merkmale, die ihnen gemeinsam sind. Wenn du später wieder sitzt, werden sie dir wieder in den Sinn kommen, doch fahre damit fort, sie zu beobachten und zu kontrollieren.
Diese Praxis ist so, als ob man sich um einen Büffel und ein Reisfeld kümmert. Der Geist ist wie der Büffel, der die Reispflanzen, die Sinnesobjekte, fressen will; der Wissende ist der Eigentümer. Betrachte den Vergleich genauer. Wenn du einen Büffel hütest, läßt du ihn frei laufen, doch du paßt auf ihn auf. Du kannst nicht unachtsam sein. Wenn er nahe an die Reispflanzen kommt, schreist du ihn an, und er zieht sich zurück. Wenn er störrisch ist und deiner Stimme nicht gehorchen will, nimmst du einen Stock und schlägst ihn. Schlaf während des Tages nicht ein, und laß nicht einfach alles so laufen. Wenn du das tust, werden sicherlich keine Reispflanzen mehr übrigbleiben.
Wenn du deinen Geist beobachtest, so bemerkt der Wissende fortwährend alles. Wie die Sutren sagen: »Der, der über seinen Geist wacht, wird den Schlingen von Mara, dem Bösen, entfliehen.« Geist ist Geist, doch wer ist es, der ihn beobachtet?
Der Geist scheint auf der einen, der Wissende auf der anderen Seite zu stehen. Der Geist ist jedoch beides gleichzeitig, der Denkprozeß und das Wissen darum. Erkenne den Geist – wisse, wie es ist, wenn er auf Sinnesobjekte trifft, und wie es ist, wenn er von ihnen getrennt ist. Wenn der Wissende den Geist auf diese Weise beobachtet, entsteht Weisheit. Wenn der Geist auf ein Objekt trifft, fühlt er sich zu ihm hingezogen, genau wie der Büffel. Wo immer er hingeht, du mußt auf ihn aufpassen. Wenn er sich den Reispflanzen nähert, schrei ihn an. Falls er nicht gehorchen will, zieh ihm eins mit dem Stock über.
Wenn der Geist Sinneskontakt erlebt, greift er zu. Wenn er zugreift, muß der Wissende ihn belehren – ihm erklären, was gut und was schlecht ist, auf die Funktionsweise von Ursache und Wirkung hinweisen und aufzeigen, daß alles, woran er festhält, unerwünschte Resultate bringen wird -, bis der Geist vernünftig wird, bis er losläßt. Auf diese Weise wird die Schulung Wirkung haben, und der Geist wird still werden.
Der Buddha lehrte uns, alles aufzugeben, nicht wie eine Kuh oder ein Büffel, sondern wissend, mit Bewußtsein. Damit wir wissen können, müssen wir, so der Buddha, viel praktizieren, unser Wissen mehr und mehr entwickeln, fest in den Prinzipien von Buddha, Dharma und Sangha verwurzelt sein und diese direkt im eigenen Leben anwenden.
Von Anfang an habe ich so praktiziert. Wenn ich meinen Schülern Anweisungen gebe, lehre ich so. Wir wollen die Wahrheit in unserem eigenen Geist erkennen, sie nicht in einem Buch lesen oder als ein Ideal betrachten. Ist der Geist noch nicht frei, so untersuche den Zusammenhang von Ursache und Wirkung in jeder Situation, bis der Geist klar sieht und sich von seiner eigenen Konditionierung befreien kann. Wenn der Geist erneut anhaftet, untersuche jede neue Situation – höre nicht auf zu schauen, bleib dabei, mach die Sache ganz klar. Dann wird das Anhaften keinen Platz mehr finden, wo es sich niederlassen kann. Dies ist die Art und Weise, wie ich selbst praktiziert habe.
Praktizierst du so, wirst du in der Aktivität, inmitten der Sinnesobjekte, wahre Ruhe finden. Am Anfang, wenn du beginnst, an deinem Geist zu arbeiten, klammerst du dich an Sinnesobjekten fest, sobald sie auftauchen, oder du vermeidest sie. Daher bist du beunruhigt, nicht friedlich.
Wenn du sitzt und dir keinen Sinneskontakt, keine Gedanken wünschst, so ist
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