Ein stiller Waldteich: Die Erkenntnismeditation von Ajahn Chah (German Edition)
verschiedene Arten von Speisen essen magst – wenn du sie aufnimmst und ausscheidest, werden sie alle gleich. Handelt es sich um eine oder um viele? Ist das Glas groß? In Beziehung zu einer kleinen Tasse, ja; neben einen Krug gestellt, nein.
Unser Verlangen, unsere Unwissenheit und unser Unterscheidungsvermögen färben alles auf diese Weise. Dies ist die Welt, die wir schaffen. Noch einmal: ein Krug ist weder schwer noch leicht; wir denken bloß, er sei so oder so. Im Zen-Koan von der Fahne im Wind beobachten zwei Leute eine Fahne: Der eine sagt, es sei der Wind, der sich bewegt; der andere sagt, es sei die Fahne. Sie können sich ewig streiten, Stöcke nehmen und es ausfechten, alles nutzlos, denn es ist der Geist, der sich bewegt.
Es gibt immer Unterschiede. Lerne diese Unterschiede kennen, doch lerne auch, die Gleichheit zu sehen. In unsere Gruppe kommen Leute aus verschiedenem Milieu, aus verschiedenen Kulturen. Wir sollten aber gegenseitiges Verständnis und Respekt für die Art und Weise der anderen haben, ohne zu denken: »Dieser ist Thai, jener Laote, er ist Kambodschaner, er ist Westler«. Lerne, die darunterliegende Gleichheit aller Dinge zu sehen, wie sie alle wahrhaftig gleich, wahrhaftig leer sind. Dann kannst du lernen, mit den scheinbaren Unterschieden weise umzugehen. Aber hafte nicht einmal an dieser Gleichheit.
Warum ist Zucker süß und Wasser geschmacklos? Es ist einfach ihre Natur. Ebenso verhält es sich mit Gedanken und Stille, Schmerz und Wohlempfinden – es zeugt von falschem Verständnis, das Denken stoppen zu wollen. Manchmal gibt es Gedanken, manchmal Stille. Wir müssen sehen, daß beide von Natur aus unbeständig, unbefriedigend und nicht die Ursache für dauerndes Glück sind. Doch wenn wir uns weiterhin sorgen und denken: »Ich leide; ich will aufhören zu denken«, so kompliziert dieses falsche Verständnis nur die Dinge.
Manchmal mag es uns so vorkommen, als ob Denken Leiden sei, und daß es uns wie ein Dieb die Gegenwart raubt. Was können wir tun, um es zu stoppen? Am Tag ist es hell; in der Nacht ist es dunkel. Ist dies an sich leidvoll? Es ist nur dann leidvoll, wenn wir die Art und Weise, wie die Dinge jetzt sind, mit anderen Situationen, die wir gekannt haben, vergleichen und uns wünschen, es wäre anders. Letztendlich sind die Dinge einfach so, wie sie sind – nur unsere Vergleiche verursachen, daß wir leiden.
Du siehst diesen Geist bei der Arbeit – betrachtest du ihn als dich selbst oder als dein? »Ich weiß nicht, ob er ich oder mein ist«, antwortest du, »aber er ist sicherlich außer Kontrolle.« Er ist genau wie ein Affe, der sinnlos umherspringt. Er rennt nach oben, langweilt sich, rennt zurück nach unten, wird dessen müde, geht ins Kino, langweilt sich wieder, ißt gutes oder schlechtes Essen, das langweilt ihn auch. Sein Verhalten wird nicht von Leidenschaftslosigkeit angetrieben, sondern von Abneigung und Furcht.
Du mußt Kontrolle lernen. Hör auf, dich um den Affen zu kümmern – kümmere dich statt dessen um die Wahrheit des Lebens. Sieh die wahre Natur des Geistes: unbeständig, unbefriedigend, leer. Lerne der Meister des Affen zu sein; kette ihn, wenn nötig, an. Folge ihm nicht einfach, laß ihn sich müde rennen und sterben. Dann hast du einen toten Affen. Laß den toten Affen verrotten, und du hast Affenknochen.
Erleuchtung bedeutet allerdings nicht, tot wie eine Buddhastatue zu sein. Einer, der erleuchtet ist, denkt auch, aber er weiß, daß dieser Prozeß unbeständig, unbefriedigend und leer von einem Selbst ist. Wir, die wir praktizieren, müssen diese Dinge klar erkennen. Wir müssen das Leiden untersuchen und dessen Ursachen beenden.
Wenn wir dies nicht erkennen, kann niemals Weisheit hervortreten. Es sollte keine Raterei geben; wir müssen die Dinge genau so sehen, wie sie sind – Gefühle sind bloß Gefühle, Gedanken sind bloß Gedanken. Dies ist der Weg, um all unsere Probleme zu beenden.
Wir können den Geist als einen Lotus ansehen. Einige Lotuspflanzen stecken noch im Schlamm, einige sind über den Schlamm hinausgeklettert, sind aber noch unter Wasser; einige haben die Oberfläche erreicht, während andere geöffnet im Sonnenlicht stehen, makellos. Welcher Lotus möchtest du sein? Falls du dich unter der Oberfläche befindest, hüte dich vor Fisch- und Schildkrötenbissen.
Die Sinnesobjekte und der Geist
Wir erforschen uns im allgemeinen nicht selbst; wir folgen einfach unserem Verlangen, gefangen im endlosen Kreislauf von
Weitere Kostenlose Bücher