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Ein Strandkorb für Oma

Ein Strandkorb für Oma

Titel: Ein Strandkorb für Oma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janne Mommsen
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One-Night-Stand ausbreiten? Vor ein paar Tagen, genau hier auf dem Fest, hat er sie noch nicht einmal gekannt, und jetzt fährt er so dicke auf? Will er sie damit beeindrucken? Ist er derartig verzweifelt? Langsam kann ich verstehen, warum Maria mit sechzehn Föhr so dringend verlassen wollte, um so etwas nicht mehr miterleben zu müssen. Andererseits gönne ich es meinem Onkel, der immerhin schon auf die sechzig zugeht und Single ist.
    «Können wir unter vier Augen reden?», frage ich trotzdem.
    Carla verzieht erst leicht beleidigt ihren schmalen Mund, dann gibt sie aber doch nach: «Ist o.k., Arnie, ihr kennt euch ja länger.»
    Wie wahr.
     
    Arne und ich halten uns weit abseits der Gymnastikfrauen an der Wasserkante. Die Sonne scheint von einem blauen Himmel herab, über dem Wasser stehen noch letzte Reste des weißen Morgennebels.
    Ich weiß gar nicht, was ich Arne sagen soll. Was Beziehungen anbelangt, bin ich ein Totalversager. Ich treffe die Frau meines Lebens. Komme mit ihr zusammen. Ein Glücksfall, seltener als ein Lottogewinn. Ich vertraue ihr trotzdem nicht. Belüge sie. Wie krank ist das?
    Bin ich überhaupt in der Lage, einem Menschen zu vertrauen? Wenn nicht Maria, wem dann?
    Ich sollte eine Therapie machen, ernsthaft. Mit Sicherheit habe ich mehr Probleme, als ich mir eingestehen möchte. Der Streit mit Maria ist nur die Spitze vom Eisberg, den ich gerade gerammt habe.
     
    Arne und ich starren nebeneinander auf die offene See.
    «Meine Tochter hat etwas Besseres verdient als dich!», raunzt Arne mich an.
    «Was ist das denn für ein Schwachsinn?» Im Ernst, das klingt wie auswendig gelernt.
    «Gar kein Schwachsinn!»
    «Maria hat herausbekommen, dass es Beweise gegen deine Mutter gibt, die ich unterschlagen habe.»
    «Mach dich nicht lächerlich! Du willst doch nur davon ablenken, dass du beziehungsunfähig bist – und zwar komplett!»
    Und das ausgerechnet von Arne!
    «Welche Beziehung von dir hat denn länger als zwei Monate gedauert?»
    «Wir reden nicht über mich, mein Lieber, sondern über dich!»
    «Und über Maria!»
    «Meine Tochter lässt du besser aus dem Spiel!»
    Es ist sinnlos. Ich drehe mich um und gehe.
    «Soll ich dir was über Maria erzählen?», ruft Arne mir hinterher. «Sie hatte nach der Polizeischule einen Freund, der sie sehr verletzt hat. Maria hat unendlich darunter gelitten, sie bekam sogar Essstörungen deswegen. Aber dann ist sie zu ihm gegangen ist und hat ihm gesagt, dass sie ihm verziehen hat.»
    Ich bleibe stehen und drehe mich um. «Was willst du mir damit sagen?»
    «Der Typ war total baff und wollte wieder mit ihr zusammenkommen. Aber Maria hat ihn eiskalt abblitzen lassen.»
    «Tja, Rache kann ein schönes Gefühl sein.»
    «Der Typ ist total durchgedreht und hat sie verfolgt. Der hat sogar nächtelang auf ihrer Fußmatte gepennt.»
    «Wie hat Maria reagiert?»
    «Sie hat ihn angezeigt.»
    «Und?»
    «Sie hat die Anzeige wieder zurückgezogen, weil er Polizist war. Sie wollte ihm schaden, ihn aber nicht vernichten.»
    «Was hat das mit mir zu tun?»
    «Nur weil du mit diesem Ex nicht klarkommst, musst du nicht durchdrehen. Das ist lange her, und für Maria ist es auch nicht leicht.»
    «Sag mal, wovon redest du eigentlich?»
    «Tu doch nicht so! Du machst doch hier dieses Drama wegen Tobias!»
    Das ist nicht wahr!
    Jetzt kapiere ich, was hier
wirklich
läuft!

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18. Vogelkoje
    Wenn ich mir mein Inneres als Land vorstelle, gibt es darin verschiedene Zonen. Einsame Strände, um mal mit dem Angenehmsten anzufangen, Seen, lebendige Wohnviertel mit Straßencafés, aber auch Gewerbeparks und Baustellen, die sämtlich mit Autobahnen, Fahrradwegen oder Trampelpfaden verbunden sind. Nicht alles schön, aber ich habe bisher immer genug Baumaterial gefunden, um das Unangenehme zu verbessern.
    Von diesem Land führt ein schmaler Tunnel durch einen hohen Berg. Wenn du in diesen Tunnel gerätst, und das kann jeder und jedem passieren, schließt sich hinter dir eine massive Stahltür. Du kommst nicht mehr zurück, da kannst du rütteln, so viel du willst, du hast nur deine nackten Hände, und Stahl ist Stahl.
    Auf der anderen Seite ist es gleißend hell. Von allen Seiten hörst du deinen Namen rufen und verächtliches Gelächter. Dir wird heiß, und du hast nichts zu trinken, der Durst wird unerträglich. Dein Herz reagiert mit bedrohlichen Aussetzern. Du legst dich hin und möchtest dich ausruhen, wenigstens fünf Minuten, aber das funktioniert

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