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Ein Stueck meines Herzens

Ein Stueck meines Herzens

Titel: Ein Stueck meines Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Ford
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einfach verstreichen lassen. Er ging hinüber zu Elinor, die auf dem Beifahrersitz saß, gab ihr einen Klaps auf den Kopf und schaute auf die still vor sich hin qualmende kleine Fläche auf den äußeren Wandbrettern.
    »Landruu, wissen Sie«, sagte Mr. Lamb nachdenklich, blickte auf die ruinierte Bretterwand und seufzte. »Landruu ist der Typ, der sich mit ’nem Teelöffel in den Sturm stellt, um einen Schluck Wasser aufzufangen.«
    »Wespen mag ich eigentlich auch nicht«, sagte er und blickte irgendwo anders hin.
    »Scheiße, nein«, hielt der alte Mann dagegen. »Das tut doch keiner, der noch bei Trost ist. Aber die meisten von uns können es doch vermeiden, gestochen zu werden, ohne sich einen Bruch zu holen.«
    Mr. Lamb betrachtete Landrieus Mißgeschick als ein unschätzbares Vergnügen und hegte eine mit ihm alt gewordene knorrige Bewunderung für Landrieu, dem es in all den Jahren der Verleumdungen und Drohungen gelungen war, sich nicht unterkriegen zu lassen. Es war ein Zeichen für seine Intelligenz, daß er immer noch da war, um sich mißbrauchen zu lassen, wobei es gar nicht so sehr Mißbrauch war als vielmehr eine ins Gegenteil verkehrte Form der Zuneigung, die Landrieu klug genug war zu erkennen. Und er selber war sich keineswegs sicher, ob er auch nur halb soviel Intelligenz besaß.
    »Hören Sie mal«, sagte Mr. Lamb sehr geschäftstüchtig. »Wollten Sie und ich nicht angeln gehen?« Sein Gesicht war äußerst munter und strahlte lauter Absichten aus, die alle etwas mit dem Geschäft des Angelns zu tun hatten.
    Es erwischte ihn, ohne daß er irgendwie darauf vorbereitet gewesen wäre. Der alte Mann wußte ganz genau, daß er nicht mitkommen wollte, und hatte ihn ausgetrickst und ihn genau in dem Augenblick überrumpelt, wo er gedacht hatte, er müßte nicht mitkommen.
    »Wollten wir wohl«, sagte er und drehte sich wieder zum Willys um.
    »Dann wuchten Sie mal Ihren dicken Arsch rein. Wenn Sie keine Truthähne jagen können, dann können Sie dafür vielleicht ’nen Fisch fangen.«
    Der alte Mann begann, mit dem Fuß auf den Anlasserknopf zu treten, bis der Motor erzitterte und der Jeep abrupt einen Satz nach vorn machte, ohne daß er wirklich angesprungen zu sein schien, sondern als wäre er einfach spontan in Bewegung geraten.
    Er legte den Arm um Elinor, die hinauskletterte, und zwängte sich selbst, während der Jeep schon fuhr, in den mickrigen kleinen Eisensitz und stopfte seine Beine in den Fußraum. »Was ist mit den Angelruten?« fragte er und schaute unglücklich zur Unterseite des Hauses, wo die Angelruten hingen.
    »Mit den was?« brüllte der alte Mann, während der Motor gewaltig dröhnte.
    »Angelruten!«
    »Ich scheiß auf Angelruten«, schrie der alte Mann, fuhr schwankend auf das Klohäuschen zu, packte eine Seite des Steuerrads jeweils mit beiden Händen und schien die Kontrolle über den Wagen zu verlieren. Er griff nach der Einfassung der Windschutzscheibe, um nicht herausgerüttelt zu werden.
    »Ich telefonier lieber mit den Fischen«, sagte der alte Mann listig und zeigte mit seinem Daumen zum Heck des Jeeps und auf einen kleinen schwarzen Metallkasten, der eine glatte Kurbel mit Holzgriff und zwei lange, halb entblößte Kupferkabel besaß, die jeweils am Ende an goldenen Flügelschrauben befestigt waren.
    »Was ist das?« fragte er. Die Straße hatte die Eschenreihe erreicht und führte schnell die Böschung hinunter und über eine Reihe von langen, schmalen Regenrinnen, die von einem Hügel in eine Talsohle liefen. Der Jeep sprang wild hin und her, und die Augen des alten Mannes waren wachsam.
    »Das da ist mein Telefon«, schrie der alte Mann und brach in ein heiseres Gelächter aus, und der Jeep kippte beinahe um, und er konnte tatsächlich schon spüren, wie die Räder vom Boden abhoben. Der alte Mann schaute ihn mit aufgerissenen Augen an und lachte wieder.
    Der Jeep tauchte unter den Rand der Böschung, und er schaute verzweifelt zum Haus zurück und sah Robard, der draußen im Eingang zur Gin Den kniete, sich umgezogen hatte und jetzt seine grüne Kordsamthose und sein Seidenhemd mit den schrägen Taschen trug, Elinors Kopf an sich drückte und ihr Halsband festhielt, um sie daran zu hindern, hinter dem Jeep herzurennen. Er hatte das Gefühl, daß Robard, wenn er von dort zurückkehrte, wo er jetzt hinfuhr – irgendein unbeschreiblicher Ort, wo man Fische mit dem Telefon fing –, schon lange fort wäre, und es vermittelte ihm ein komisches Gefühl, ja es machte ihn

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